Ingolstadt
Eine saubere Sache

Apotheke des Ingolstädter Klinikums hat bereits über 10000 Flaschen Desinfektionsmittel selbst hergestellt

15.07.2020 | Stand 02.12.2020, 10:58 Uhr
Alleine im ersten Halbjahr hat das Klinikum wegen der Corona-Pandemie bereits 25000 Flaschen Handdesinfektionsmittel verbraucht, fast das Doppelte eines normalen Jahres. −Foto: Klinikum

Ingolstadt - Händedesinfektionsmittel sind in Zeiten von Corona absolute Mangelware.

Immer wieder hörte man von Lieferengpässen, die Preise schnellten in kürzester Zeit nach oben. Im Ingolstädter Klinikum jedoch waren und sind die Desinfektionsspender stets gut gefüllt, und das, obwohl sich der Verbrauch an Handdesinfektionsmittel vervielfacht hat. "2019 lag der Verbrauch bei rund 15000 Flaschen, in diesem sind wir bereits bei 25000 Flaschen - nur im ersten halben Jahr", sagt Peter Linhardt, der Leiter der klinikumseigenen Apotheke.

Doch wie ist eine derartige Mengensteigerung stemmbar, wenn im ganzen Land eine Knappheit an Händedesinfektionsmittel herrscht? Antwort: Indem sich Einkauf, Apotheke, Reinigung, Zentralsterilisation und Fertigvorrat zusammentun und ihre eigene Desinfektionsmittelherstellung auf die Beine stellen - ein Kraftakt, der sich aber nach eigenen Angaben gelohnt hat. "Man muss wissen, dass die Lieferengpässe vor allem die Flaschen betreffen, denn die gängigen Halbliterflaschen waren und sind immer noch - im Gegensatz zu den großen 1000-Liter-Gebinden - eingeschränkt zu bekommen", erklärt Linhardt. Also ist man im Klinikum auf Flaschensuche gegangen. Zunächst einmal im Haus selbst: "Das Reinigungspersonal hat uns hier enorm geholfen und alle leeren Desinfektionsmittelflaschen fleißig gesammelt", so der Apotheker. Normalerweise gibt es für diese Flaschen keine Verwendung mehr, doch seit es Lieferengpässe gibt, sind sie zu kostbar, um sie einfach zu entsorgen. Deshalb wurden die gebrauchten Flaschen mit einem speziellen Verfahren in der Zentralsterilisation wiederaufbereitet. "Es ist ein zusätzlicher Aufwand", sagt Linhardt, "doch am Ende hatten wir wieder einsatzbereite, sterile Flaschen. "

Gleichzeitig wurde der Einkauf tätig: Die Abteilung fand mit Hilfe der Apotheke eine Firma, die hygienisch einwandfreie Leerflaschen in der richtigen Größe und Form herstellt und hat sofort rund 20000 davon bestellt. "Eine ganze Lkw-Ladung war das und damit auch eine logistische Herausforderung", erinnert sich Linhardt - 60 riesige blaue Säcke à 380 Flaschen. Doch der Bedarf ist da - schließlich werden nicht nur auf den Stationen Hände desinfiziert, sondern auch an sämtlichen Ein- und Ausgängen. Jeder Mitarbeiter, der kommt oder geht, desinfiziert seine Hände, sogar vor Eintritt in die Kantine besteht Desinfektionspflicht. Hinzu kommen täglich zahlreiche Besucher, die die Mittel nutzen, und natürlich auch die Patienten, die sich im Klinikum aufhalten. Desinfektionsspender gibt es im Klinikum an jeder Ecke, nicht erst seit Corona - und leer sollte keiner je sein.

Ende März haben Linhardt und sein Team mit dem Abfüllen des fertigen Desinfektionsmittels in die Halbliterflaschen - nur wenige Krankenhäuser erfüllen die erforderlichen Voraussetzungen dafür. Das fängt bei der Lagerung der großen Kanister an: Diese müssen in einem explosionssicheren Raum untergebracht sein. Dass ein Krankenhaus einen solchen besitzt, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Da Desinfektionsmittel zu den Arzneimitteln zählen, unterliegt auch der Prozess des Abfüllens strengen Richtlinien. Genauso steril wie die verwendete Flasche, muss auch die Abfüllung ablaufen. Auch den dafür nötigen Herstellungsraum kann ebenfalls nicht jedes Krankenhaus bieten.

Zeitgleich zur Abfüllung des bereits fertigen Desinfektionsmittels hat das Team in der Apotheke begonnen, ein eigenes Mittel herzustellen. "Das Gesundheitsministerium hat uns 2000 Liter Ethanol kostenlos bereitgestellt, das wir nach dem Rezept der Weltgesundheitsorganisation zu Desinfektionsmittel weiterverarbeiten", sagt Linhardt. "Das ergibt knapp über 4000 weitere Flaschen Desinfektionsmittel. " Rund 3000 davon seien bereits fertig und abgefüllt.

Insgesamt haben Linhardt und sein Team seit Ende März über 10000 Flaschen Desinfektionsmittel abgefüllt. Viele davon werden im Klinikum eingesetzt, aber auch andere Krankenhäuser in der Region, denen es an den Möglichkeiten zur Eigenproduktion fehlt, werden versorgt. "Sein Desinfektionsmittel selbst abzufüllen und herzustellen, ist ein nicht zu verachtender Mehraufwand", sagt Linhardt. Aufwand, der nur deshalb zu bewältigen war, weil alle Abteilungen so gut zusammengearbeitet hätten. Wie lange das Klinikum seine Desinfektionsmittelproduktion weiterführt, kann Linhardt nicht sagen. "Das hängt davon ab, wie sich die Situation und der Markt weiterentwickeln und wie lange die Lieferengpässe noch bestehen. Aber ich vermute, dass wir auch die 20000. Flasche noch vollmachen. "

DK