Ingolstadt
Allein auf weitem Feld

Auch Landwirte aus Ingolstadt suchen derzeit nach Saisonkräften - teilweise mit überraschendem Erfolg

24.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:40 Uhr
Noch arbeitet Hofbesitzerin Rebekka Roth-Meyer alleine auf ihrem Erdbeerfeld in Hundszell. Das soll sich bald ändern. Auf einen Aufruf der Familie haben sich rund 30 interessierte Helfer gemeldet. −Foto: Brandl

Ingolstadt - Viele Landwirte suchen derzeit händeringend nach Saisonkräften für die Feldarbeit.

 

Die Lage ist aufgrund der Corona-Pandemie teilweise so dramatisch, dass jetzt der Bayerische Bauernverband darauf aufmerksam macht. Über die Online-Plattformen www. daslandhilft. de und www. Saisonarbeit-in-Deutschland. de wird derzeit versucht, inländische Arbeitsuchende und landwirtschaftliche Betriebe zueinander zu bringen, weil ausländische Saisonkräfte nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Auch Hofbetreiber in Ingolstadt sind von dem Mangel betroffen - mal mehr, mal weniger stark.

Auf dem Gemüsehof Wöhrl in Unsernherrn hat vorgestern die Spargelernte begonnen. Noch ist Hofbesitzer Franz Wöhrl guter Dinge, dass er sie reibungslos abwickeln kann. "Ein Helfer war schon da, einen habe ich noch gebraucht", sagt er. Inzwischen kann der Landwirt sogar auf drei Saisonkräfte zurückgreifen, wie er sagt. Dazu hätten sich bei ihm noch eine Handvoll Leute aus der Umgebung gemeldet, die bei ihm arbeiten wollten oder selbst nach Arbeitern gesucht hätten, so Wöhrl. Die wahren Herausforderungen sieht er allerdings noch auf sich zukommen, wenn es ab April "richtig losgeht" und die Erdbeeren dazukämen. "Dann brauche ich 13 Leute zusätzlich, aber ich bin zuversichtlich, dass ich sie bekomme", sagt er. Seit Samstag sei es auch nach einem Kundenansturm im Hofladen wieder ruhiger geworden. Eingebrochen sei bereits zuvor aber der Umsatz mit Großabnehmern, die wiederum an die Gastronomie auslieferten, so der Landwirt. Kartoffeln seien aber noch genug auf Lager, versichert er.

Rebekka Roth-Meyer und ihr Mann Martin Meyer betreiben den Bioland-Auenhof in Hundszell. Am vergangenen Wochenende startete die Familie auf dem Wochenmarkt und in den sozialen Medien einen Aufruf, in dem sie nach Saisonkräften für das Herrichten ihrer drei Erdbeerfelder suchen, weil ihnen die rumänischen Arbeiter fehlen. Die Resonanz sei überraschend gut gewesen. "Es haben sich rund 30 Leute gemeldet, darunter Studenten, Nebenjobber und solche, die die Feldarbeit einmal ausprobieren wollen. Auch eine Lehrerin ist dabei", erzählt Roth-Meyer und ergänzt: "99 Prozent haben aber noch nie in der Landwirtschaft gearbeitet. " Für die Hofbetreiberin geht es nun ans Koordinieren, denn nicht jeder Freiwillige sei zu jeder Tageszeit verfügbar. "Das ist ein wahnsinniger Aufwand", sagt sie. Roth-Meyer ist aber zuversichtlich, ein Team auf die Beine zu stellen.

Die gesamte Familie packt derzeit bei Martin Heindl in Gerolfing mit an, damit das Arbeitspensum auf dem Hof, der eigenes Gemüse und Obst vermarktet, bewältigt werden kann. "Wir pflanzen jetzt Tomaten, Salat und Himbeeren an. Normalerweise wären um diese Zeit drei rumänische Helfer da, aber die durften nicht kommen. Jetzt bleibt es an uns hängen", sagt Heindl. Initiativen wie die Online-Plattform "Das Land hilft", die in Kooperation mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium entsteht und Arbeitskräfte vermitteln helfen soll, sieht der Landwirt zunächst positiv. "Man muss dort nur die richtigen Leute finden. Zehn Stunden am Tag säen oder pflücken, das ist nicht so einfach", gibt er zu bedenken und hat dabei vor allem die in drei Wochen beginnende Erdbeersaison im Blick.

Um erleichterte Einreisebedingungen für Erntehelfer aus Polen hat sich der Bayerische Bauernverband (BBV) in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Maschinenring bemüht. Das sagt Josef Kroll, BBV-Obmann Eichstätt-Ingolstadt unserer Zeitung auf Anfrage. Demnach könnten polnische Arbeiter jetzt ohne Passierschein nach Deutschland einreisen. "Die Betriebe sind auf die Helfer angewiesen, sonst können sie nicht weitermachen", so Kroll. Die bestehenden Gesetze müssten jedoch eingehalten werden, erklärt er. Der Vorschlag aus der Berliner Bundespolitik, freies Personal aus der Gastronomie auf den Feldern einzusetzen, sei seiner Ansicht nach "leichter gesagt als getan". Diese Kräfte seien für die körperlich anstrengende Aufgabe nicht immer geeignet. "Die Situation ist für alle Seiten schwierig", stellt er fest und hofft auf baldige Entspannung der Lage. Die sei in Ingolstadt aber nicht so schlimm wie in den Regionen Neuburg und Pfaffenhofen, wo es wesentlich mehr Landwirte und Hopfenbauern gebe.

Der BBV weist darauf hin, dass die Kontaktaufnahme und Nutzung der Vermittlungsplattformen durch Arbeitnehmer kostenfrei ist. Alternativ können sich Interessierte, etwa jene, die aufgrund von Kurzarbeit oder Freistellung jetzt Zeit zur Verfügung haben, mit den regionalen Geschäftsstellen des Bayerischen Bauernverbandes oder den Geschäftsstellen der Maschinen- und Betriebshilfsringe in Verbindung setzen. Die jeweiligen Kontaktdaten seien auf den Internetseiten der genannten Organisationen hinterlegt.

DK