Ingolstadt
Braucht Ingolstadt ein Sozialticket? OB lässt Angebot prüfen

Trotz günstiger Tarife will OB Scharpf dieses Angebot für Bedürftige prüfen lassen

10.01.2022 | Stand 22.09.2023, 23:11 Uhr
Das Geld für einen Fahrschein können arme Menschen manchmal nicht aufbringen. Darum gibt es in einigen Großstädten Sozialtickets - aber nicht in Ingolstadt. −Foto: Eberl

Ingolstadt - In vielen Großstädten gibt es Sozialtickets für Bedürftige wie Hartz-IV-Empfänger oder Geringverdiener - nicht so in Ingolstadt.

Auf Anfrage unserer Zeitung begründet dies INVG-Geschäftsführer Robert Frank damit, dass genug andere günstige Tarifangebote vorhanden seien. Trotzdem will sich Oberbürgermeister Christian Scharpf der Sache jetzt annehmen und prüfen lassen, ob so ein Sozialticket auch für Ingolstadt in Frage kommt.

Zum Hintergrund: Im Hartz-IV-Regelsatz sind aktuell monatlich genau 40,01 Euro für Verkehr wie den ÖPNV enthalten. Doch dieses Geld reicht oft nicht für eine reguläre Monatskarte, geschweige denn für Streifenkarten oder Bahnfahrten. Daher bleibt armen Menschen ohne eigenes Auto manchmal nichts anderes übrig als Schwarzfahren. Dies gilt als Straftat: Werden sie erwischt, so sind Geldstrafen fällig - oder ersatzweise sogar Haft. Das kostet die öffentliche Hand dann eine Stange Geld.

In München gibt esfür Bedürftige die Isar-Card S

Um das zu verhindern bieten einige Verkehrsverbünde Sozialtickets an - etwa die Münchner MVG die sogenannte Isar-Card-S. Voraussetzung dafür ist der Besitz des München-Passes. Den erhalten Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt beziehungsweise Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach SGB II sowie von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Aber auch Personen, die einen Bundesfreiwilligendienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr leisten. Auch wer Wohngeld oder Kinderzuschläge bekommt oder wessen Einkommen unter der Münchner Armutsrisikogrenze liegt, kriegen den München-Pass und damit das Sozialticket. Damit kostet die Monatskarte ab 31,10 Euro.

Und in Ingolstadt? "Auch ohne Sozialticket bieten die Stadt Ingolstadt und die INVG auf Basis der VGI-Tarife viele günstige Angebote für Kinder, Familien und Senioren", teilt INVG-Geschäftsführer Robert Frank auf DK-Anfrage mit. Als da wären: vergünstigte Monats- und Jahreskarten für Senioren, Jobtickets, stark vergünstigte Ferienkarten (20 Euro für die kompletten Sommerferien) oder auch das Adventszauberticket.

Die Stadt Ingolstadt unterstützt zudem bereits seit vielen Jahren Familien mit einem freiwilligen Zuschuss bei den Schülerkarten mit Eigenbeteiligung: pro Monat übernimmt die Stadt 26 Euro, der Eigenanteil für die Eltern beträgt nur 20 Euro pro Monat. Ingolstadt war laut Frank die erste und lange auch die einzige Großstadt Bayerns mit diesem Angebot. Außerdem gibt es noch die 365-Euro-Tickets für Schüler und Azubis, die ein zusätzliches Defizit von 2,9 Millionen Euro jährlich verursachen. Jede Tarifmaßnahme müsse eben auch Kostenauswirkungen auf die öffentliche Hand berücksichtigen, argumentiert Frank, da meist erhebliche zusätzliche Defizite drohen würden: "Im Falle eines Sozialtickets ist in Abhängigkeit der genauen tariflichen Einordnung ein zusätzliches Defizit in Höhe von zirka 1,5 Millionen Euro pro Jahr nur für die Stadt Ingolstadt zu erwarten. " Dies beruhe auf Berechnungen von vor circa zehn Jahren. Das Defizit der INVG für die Stadt Ingolstadt beträgt im Jahr 2021 voraussichtlich 16 Millionen Euro, ohne den ÖPNV-Rettungsschirm von Bund und Freistaat wäre es deutlich höher.

OB: "Mobilität ist wichtiger Bestandteil der Teilhabe"

Auch der Oberbürgermeister betont, das aktuelle Tarifangebot des VGI sei bereits vielseitig und biete für viele Kunden, insbesondere für Familien, Jugendliche und Senioren, schon heute günstige Fahrscheine, auch im bayernweiten Vergleich. "Zudem müssen wir als Stadt Ingolstadt immer auch die Kosten im Blick behalten, der ÖPNV wird bereits mit viel Geld unterstützt", erklärt Scharpf. Andererseits sei Mobilität ein wichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Teilhabe, auch für sozial Benachteiligte. "Ich werde daher das Thema als Prüfauftrag in den VGI als Verkehrsverbund einbringen und um Vorschläge bitten, wie wir gemeinsam hier weiterkommen".

DK

Suzanne Schattenhofer