Ingolstadt
Bitte einen Platz in der Sonne

Erstes Wohlfühl-Wochenende im Freien: Wer das süße Nichtstun schätzt, sitzt im Straßencafé

17.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:37 Uhr
Dem Barsch auf der Spur war Klaus Winkler (Foto oben) am Baggersee. Er lockte den Raubfisch erstmals mit Garnelen an. Mirjan Lauffer-Gerstmeier (Foto unten links) tat ihrem Auto etwas Gutes und hatte Spaß dabei. Nadine Hoffmann (Foto unten rechts) genoss einfach das süße Nichtstun, einen Latte Macchiato, ein Stück Kuchen und die warme Sonne im Straßencafé. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Ist der Winter schon wieder vorbei? Ja, zumindest gefühlt. Strahlend warme Sonne, dazu postkartenkitschiger, azurblauer Himmel. Stühle mit wärmenden Decken locken vor die Cafés, drinnen will jetzt niemand sitzen. Erste Angler werden gesichtet, Waschanlagen haben Hochbetrieb. Die Spider Murphy Gang würde bestimmt "Sommer in der Stadt" anstimmen.

Straßencafés? Na klar. Aber Auto waschen an so einem Samstag - anstatt sich ins Café zu setzen? Auch klar. Mirjan Lauffer-Gerstmeier aus Ingolstadt poliert ihren Mazda. "Ich bin eigentlich autowaschfaul", gibt sie zu. "Aber bei dem schönen Wetter habe ich es mal wieder angepackt - auch gegen das schlechte Gewissen." Ralph Stadler aus Ingolstadt steht daneben und wischt an seinem Maserati letzte Wassertropfen weg. Selber Hand anlegen? "Auf jeden Fall. Solche Autos musst du mit der Hand waschen. Hier gibt es gute Bürsten. Da leidet der Lack sicher nicht." Mit einem Dampfstrahler befreien drei Buben ihre Mountainbikes von winterlichem Dreck, einer von ihnen muss sogar noch einmal heim laufen, weil nach einem Euro, nur diesen hatte er dabei, noch Erde in den Stollenreifen hing.

Spazieren gehen, wandern und Marathon laufen (siehe untenstehenden Artikel) oder auch die erste Radtour des Jahres standen natürlich ebenso auf dem Programm vieler Ingolstädter. Ein erster Angler startete am Baggersee den ersten Probelauf. Klaus Winkler aus Denkendorf, Mitglied des Kreisfischereivereins, war mit Garnelen auf der Jagd nach einem Barsch. "Wo findest du zurzeit Würmer als Köder?", war seine einleuchtende Begründung für den außergewöhnlichen Köder. Am Steg und in der waren Sonne fiel Winkler das Warten nicht schwer. "Der Barsch ist ein Raubfisch und frisst sonst kleinere Fische. Vielleicht klappt es mit Garnelen." Und dann lag die Angel sehr lange regungslos am Steg. Ob es noch geklappt hat, blieb offen.

Zurück in die Innenstadt: "Ich habe heute Gesichter gesehen, die siehst du den ganzen Winter nicht", freute sich Claus Häring, Chef im Café Mohrenkopf, über das Bombenwetter. "Die Leute kamen, wie Zugvögel aus dem Süden kommen." Nadine Hoffmann aus Ingolstadt genießt die Sonnenstrahlen sichtlich: "Ich sitze immer draußen, wenn es geht. Und nein, ich sitze heuer nicht das erste Mal im Freien." Ein Stück Kuchen und ein Latte Macchiato mussten schon sein, ehe die Arbeit rief. "Die Menschen sitzen zum Teil auch noch hier, wenn die Sonne nicht mehr scheint", weiß Häring. "An so viele Besucher vor dem Café muss man sich auch erst einmal wieder gewöhnen."

Gut besucht waren vor allem zur Mittagszeit auch die Eisdielen. Die fünfköpfige Familie Ufer aus Ingolstadt und ein Freund der drei Söhne gönnten sich auch ein Eis. "Es ist unser erstes Eis in diesem Jahr. Zuhause haben wir kein Eis. Weil wir noch 15 Minuten auf den Bus warten müssen, kamen unsere Kinder auf die Idee, schnell ein Eis zu essen." Als der Bus kam, waren die Waffeln schon verspeist.

Ein paar Meter weiter warten erste Fans auf die Schäffler. Vor einem Bekleidungsgeschäft laden Stehtische zum Verweilen ein. Weißwürste und Wiener verkürzen die Wartezeit. Eine ältere Frau stellt fest: "Ich hab meine Sonnenbrille vergessen." Die gehört nach der Wetterprognose bis zum kommenden Wochenende zum notwendigen Accessoire.

Freie Minuten fürs Personal? Gibt es an diesem Samstag - in den Eisdielen und in den Cafés - zwischen 10 und 16 Uhr nicht. Als dann am Nachmittag die flach stehende Sonne hinter die benachbarten Hausfassaden fällt, ist es abrupt wieder Winter. Schnell noch einkaufen, dann ab nach Hause. Warten wir auf den echten Sommer.