Irgertsheim
Begleiter einer Familie über Generationen hinweg

Michael Raucheisen kauft den Traktor, den schon seine Großväter besaßen, zurück - Nur noch sieben Funk-Schlepper bekannt

19.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:15 Uhr
Der Kfz-Brief weist die beiden Großväter von Michael Raucheisen als Vorbesitzer aus. Original ist auch noch das Typenschild mit der Fabriknummer 33, der letzte je gebaute Funk-Traktor. Das Funk-Emblem stammt dagegen aus einem Altbestand. −Foto: Eberl

Irgertsheim (DK) Manche Traktoren waren und sind mehr als nur bloße Arbeitsgeräte in der Landwirtschaft.

Gerade ältere und seltene Schlepper sind heutzutage gesuchte Raritäten. Und bisweilen hat so ein Bulldog eine ganze Familie über Generationen hinweg begleitet. So wie im Fall des Funk-Schleppers von Michael Raucheisen aus Irgertsheim. Das Fahrzeug made in Irgertsheim trägt die Nummer 33 und ist somit der letzte überhaupt, den Xaver Funk überhaupt gebaut hat. Und es gehörte einst den beiden Großvätern von Michael Raucheisen. Jetzt hat er den Traktor heimgeholt in den kleinen Ortsteil im Ingolstädter Westen.


Es war im Jahre 1956, als der Land- und Gastwirt Georg Seiler den Funk-Schlepper Nummer 33 kaufte. Drei Jahrzehnte tat er brav seinen Dienst am Hof, bis ihn der Onkel von Michael Raucheisen an einen Sammler nach Eichenried verkaufte. "Bei mir flossen die Tränen", erinnert sich der damals Sechsjährige. Doch die Familie besaß noch einen anderen Bulldog. "1986 war noch nicht die Zeit für Oldtimer", sagt Raucheisen im Rückblick: "Das ging erst acht oder zehn Jahre später los. " Dann hat es auch sein Onkel bereut, den alten Funk hergegeben zu haben. "Aber da war's schon zu spät. "

Jahrzehnte stand der Schlepper in der Sammlung in Eichenried. Bis Mitte des Jahres der Anruf aus dem Landkreis Erding kam: Er könne den alten Funk jetzt kaufen, wenn er wolle. Aber er müsse sich beeilen, denn es gebe noch einen anderen Interessenten. Raucheisen war zunächst völlig überrascht, denn schon sein Vater (wie auch der Junior im Vorstand der Oldtimerfreunde Irgertsheim) hatte immer überlegt, wie er den Bulldog irgendwie zurückholen könnte. "Das war immer Thema bei den Oldtimerfreunden", weiß Raucheisen. Aber keiner hätte daran geglaubt, dass die Nummer 33 jemals den Weg zurück nach Irgertsheim finden würde. Denn Johann Fuchs aus Eichenried ist ein in der gesamten Szene bekannter, passionierter Sammler mit über 350 Traktoren, der sich Jahrzehnte lang von keinem Stück trennen wollte, aber jetzt altersbedingt verkleinert.

"Ich hab' nicht lange überlegt, weil ich ihn dann überhaupt nicht mehr bekommen hätte", erzählt Raucheisen. Kurzerhand machte er sich mit seinem Oldtimerfreund Josef Zeisler aus Gerolfing auf den Weg und holte das gute Stück ab. "Schön, dass der Schlepper jetzt wieder daheim ist. Er ist ja auch der letzte, der je gebaut wurde", freut sich der Automechaniker.

Nur die Farbe passt nicht, wie man auf den ersten Blick erkennt. Johann Fuchs aus Eichenried hat dem alten Funk eine typische MAN-Farbe verpasst. Für Raucheisen ist das jedoch zunächst überhaupt kein Problem. Er lässt ihn erst mal so wie er ist, schließlich hat er sich noch um einen Fendt und zwei Eicher zu kümmern. Der 39-Jährige, dem zu seinem ganzen Glück eigentlich nur noch die passende weibliche Begleitung fehlt, ist außerdem auch der Gastgeber des Irgertsheimer Oldtimertreffens, das immer bei ihm (vormals Oberwirt) im Stadl und im Hof stattfindet, und bei allen anderen Treffen in der Region vertreten. "Es ist einfach schön, die ganzen Raritäten zu bewundern. "

Auch der Brief ist noch original und dokumentiert, dass beide Großväter von Michael Raucheisen einst Besitzer des Schleppers waren. Interessanter Weise hat der Fahrzeugbrief das Anwesen der Familie in Irgertsheim nie verlassen. Raucheisen fand ihn durch Zufall vor ein paar Jahren in einer alten Schublade, als er etwas ganz anderes gesucht hat. Original sind übrigens auch noch die Lampen am Fahrzeug sowie drei der Reifen - sie sind mittlerweile 63 Jahre alt! Zur Freude Raucheisens ist die 28-PS-Maschine sofort angesprungen. Geplant sind jetzt Fahrten in die nähere Umgebung und zu Oldtimertreffen: "Weiter weg kennt keiner die Firma Funk", sagt er.

Mit dem Funk Nummer 33 ist heuer bereits der zweite Schlepper der Irgertsheimer Firma in die alte Heimat zurückgekehrt. Wie berichtet, hatte Anfang des Jahres Christian Liebold ein Exemplar in Kroatien entdeckt und auf einem Anhänger abgeholt: Der gleiche Schlepper wie der von Raucheisen, nur Baujahr 1954. Der dritte im Irgertsheimer Funk-Bund ist das Exemplar der Oldtimerfreunde, das aber mit 25 PS etwas schwächer motorisiert ist.

Wo steht das achte Exemplar?

Irgertsheim (peh) Es war wohl Ende der 40er-Jahre, als der Irgertsheimer Xaver Funk die Idee hatte, eigene Traktoren zu bauen. Denn die Nachfrage war riesig nach der Währungsreform in der Nachkriegszeit, als die Landwirtschaft noch recht kleinteilig strukturiert war. 1949 begann er mit der Produktion, wobei er die meisten Komponenten bei größeren Herstellern einkaufte.

Das Kleinunternehmen mit bis zu vier Mitarbeitern hat im Zeitraum 1950 bis 1956 insgesamt 33 Schlepper mit einer Leistung von 20 bis 28 PS gefertigt, wobei die Traktoren mit stärkerer Motorisierung bereits mit Sieben-Gang-Getriebe ausgestattet waren. Die meisten Abnehmer waren Landwirte aus der näheren Umgebung, 14 waren in Irgertsheim in Einsatz. 1956 hat die Firma Fahrzeugbau Xaver Funk ihre Schlepperfertigung eingestellt. Die Landwirtschaft verlangte nach moderner Technik, womit der 1966 verstorbene Funk nicht mehr Schritt halten konnte.

Von den 33 Exemplaren sind - soweit bekannt - noch sieben Stück erhalten. Sie stehen in Irgertsheim (3), Mühlhausen, Hallbergmoos, Dünzing sowie im Traktormuseum Paderborn. Außerdem soll es noch einen achten Funk-Traktor geben, heißt es unter den Experten. Der soll irgendwo bei oder hinter Nürnberg stehen - Genaueres weiß man nicht. Die Geschichte der Funk-Traktoren ist noch nicht zu Ende erzählt.

Bernhard Pehl