Raus aus dem Abseits
Am Freitag ist Welttag der Suizidprävention - Initiative aus Wettstetten bietet Veranstaltungen zum Thema

10.09.2021 | Stand 23.09.2023, 20:44 Uhr
Suizide zu verhindern, ist das Herzensanliegen von Regine Morich (r.) und Nicole Fichtner. Mit ihrer Ingolstädter Agentur "Kulturbeutel" organisieren sie Veranstaltungen rund um dieses Thema . Auch der FC Ingolstadt unterstützt das Projekt "Raus aus dem Abseits". Dessen früherer Kapitän Marvin Matip ist der Schirmherr. Eine Informationskampagne orientiert sich an Motiven aus einem Badezimmer, das jetzt - symbolisch im Koffer dargestellt - auf Reisen geht. −Foto: Hauser

Wettstetten/Ingolstadt - "Es kann jeden treffen" steht auf den T-Shirts von Regine Morich und Nicole Fichtner.

Klein darunter: Suizidprävention. Die ist das Herzensanliegen der beiden Wettstettenerinnen. Mit ihrer Ingolstädter Agentur "Kulturbeutel" organisieren sie deshalb immer wieder verschiedene Veranstaltungen rund um den Themenkomplex. Am Freitag - dem Welttag der Suizidprävention - startet ihr neues Projekt mit den Aktionen "Raus aus dem Abseits" und "Leben pflegen, meinetwegen - deinetwegen".

"Jedes Jahr sterben in Deutschland ungefähr 10000 Menschen durch Suizid. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dieses Thema zu enttabuisieren und zu entmystifizieren. Deshalb gehen wir mit unserem Anliegen mitten rein in die Gesellschaft: Auf den Fußballplatz, zum Friseur, in Betriebe und Kirchen", erläutert Regine Morich. Ihre Partnerin Nicole Fichtner fährt fort: "Menschen sollen in ihrer Handlungskompetenz für den Umgang mit Krisen gestärkt werden. Wir wollen Mut machen, auf andere zuzugehen, wenn man vermutet, dass jemand eine Krise hat. Verschämte Schonung wäre völlig fehl am Platz. Über Suizid zu reden, kann Suizide verhindern. " Die Aktionen ihrer Agentur Kulturbeutel schaffen auf sehr unterschiedliche Art Möglichkeiten, über Suizidgefahren zu sprechen und der Stigmatisierung von Betroffenen entgegenzuwirken.

Wandernde Trikots dienender Sensibilisierung

Männer begehen dreimal häufiger Suizid als Frauen - und stehen noch dazu oft unter dem Verdacht, sich nicht mitzuteilen. Grund genug für Fichtner und Morich, hier einzuhaken: Mit ihrer Aktion "Raus aus dem Abseits", deren Schirmherrschaft der ehemalige Kapitän des FC Ingolstadt, Marvin Matip, übernommen hat, lassen sie während der kommenden Monate einen bedruckten Trikotsatz durch verschiedene Fußballvereine der Region wandern. Die Trikots machen - getragen von den jeweiligen Vereinsspielern - Suizidprävention zum Thema: in der Kabine, auf dem Platz, bei den Fans und auf den Homepages der Vereine. Außerdem werden die Kulturbeutel-Verantwortlichen zusammen mit Matip die Spielersitzungen der teilnehmenden Vereine besuchen, um aufzuklären und ins Gespräch zu kommen.

Ferner begibt sich ein Badezimmeraufsteller auf den Weg durch unterschiedliche Einrichtungen. In der Universität wird er genauso stehen wie in Unternehmen, beim Friseur und in der Kirche, um Suizidprävention auch hier in die Öffentlichkeit zu holen. Aber was hat ein Badezimmer mit Suizidprävention zu tun? Morich und Fichtner lachen bei dieser Frage. "Das Bad ist ein Ort der Körperpflege. In unserem Ausstellungsbad geht es um die Pflege des Miteinanders. In einem Badezimmer darf ein Spiegel nicht fehlen, so steht bei uns ein großes, digitales Exemplar im Mittelpunkt. Was der alles kann, verraten wir noch nicht. " Außerdem kann man sich in dem kreativ ausgestatteten Bad niederschwellig über Suizidprävention informieren. Für diese Aktion mit dem Titel "Leben pflegen, meinetwegen - deinetwegen" gewannen die Frauen Ingolstadts Dritte Bürgermeisterin Petra Kleine als Schirmherrin.

Morich und Fichtner sind keine Fachleute. Aber sie möchten zeigen, dass man auch helfen kann, ohne Experte zu sein. Dabei werden sie von vielen Profis unterstützt: Prof. Thomas Pollmächer, Direktor des Zentrums für psychische Gesundheit in Ingolstadt, begleitet das Projekt medizinisch, Prof. Arno Drinkmann von der Katholischen Universität Ingolstadt-Eichstätt wissenschaftlich (siehe das Interview im Kasten). Krisendienst, Sozialpsychiatrischer Dienst, Telefonseelsorge, und der Fachbereich Lebensschutz der Diözese Eichstätt leisten ebenfalls fachliche Beratung. Mit im Team sind neben vielen Firmen und Organisationen auch die Ingolstädter Filmemacher Kevin und Tobias Schmutzler. Sie haben mit ihrer Filmcrew einen Clip konzipiert und gedreht. Dessen Botschaft ist eindeutig: "Sprich es an, anstatt zu schweigen! "

Am "Welttag der Suizidprävention", ins Leben gerufen von der Weltgesundheitsorganisation, starten die Kulturbeutel-Aktionen im Rahmen des Schanzer Pluspunkts. Fichtner und Morich bedauern sehr, dass die Veranstaltung wegen Corona nicht öffentlich sein kann. "Aber wer sich informieren möchte, wann die Wandertrikots oder das Bad in seiner Nähe sind, kann das über die Homepage www. suizidpraevention-kulturbeutel. de tun. Dort findet man die Kontaktdaten von Hilfsorganisationen und ab dem 10. September den Filmclip der Schmutzlers. "

DK

Anne Gülich