Allersberg
"Schockierender Vorwurf"

LBV und Bürgerinitiative wehren sich gegen Äußerungen von Allersbergs Bürgermeister Horndasch

22.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:06 Uhr
"Methode, die bisher so nur vom rechten Rand bekannt war." Die polemische Antwort von Bürgermeister Horndasch auf elf Fragen von Georg Decker, abgedruckt im Allersberger Mitteilungsblatt, ist der Stein des Anstoßes. −Foto: Münch

Allersberg (HK) Initiatoren und Unterstützer des Bürgerbegehrens "Lebenswertes Allersberg", wie der Landesbund für Vogelschutz (LBV), kritisieren in einer gemeinsamen Presseerklärung den Allersberger Bürgermeister Daniel Horndasch (parteilos) scharf für seine Äußerungen in der Oktoberausgabe des Gemeindemitteilungsblatts.

"Der Vergleich der Methoden des Bürgerbegehrens mit dem so wörtlich 'rechten Rand', ist ein ungeheuerlicher Vorwurf und zeugt von mangelndem Demokratieverständnis", kritisiert Helmut Beran, Geschäftsführer des LBV. "Wir lassen uns nicht in die rechte Ecke drängen und fordern eine öffentliche Entschuldigung des Bürgermeisters", schreibt Beran in der Pressemitteilung. "Das Vorgehen ist lediglich ein billiger Versuch, die Bürgerinitiative zu diskreditieren."

Horndasch weist die Vorwürfe zurück. Seine Kritik an Vorgehen und Wortwahl der Bürgerinitiative (BI) seien berechtigt, richte sich aber ausschließlich an den BI-Vorsitzenden Georg Decker. Der Streit entzündet sich an der Antwort des Bürgermeisters Horndasch auf elf Fragen von Decker, die er in einer Bürgerfragestunde am 16. September gegeben hatte und die nun im Allersberger Mitteilungsblatt abgedruckt wurden.

Wörtlich schreibt Horndasch: "Im Übrigen halte ich das Schüren von Ängsten in der Bevölkerung, ohne die Faktenlage zu kennen oder diese abwarten zu wollen, für eine Methode, die bisher nur vom rechten Rand bekannt war." Horndasch verteidigt seine, wie er selbst sagt, "vorformulierte Antwort". Er habe weder die BI noch den LBV gemeint, sondern allgemein vor zunehmender Polarisierung gewarnt, die er für gefährlich halte. Sollte sich allerdings Herr Decker angesprochen fühlen, sei dies nicht falsch. "Die befürchtete Entwicklung ist längst eingetroffen. Was hier abgeht, übertrifft die schlimmsten Erwartungen", sagt Horndasch auf Nachfrage unserer Zeitung. "Ich werde mich in keinster Weise entschuldigen."

Den Vorwurf, er zeige mangelndes Demokratieverständnis, weist Horndasch ebenfalls zurück. Als Bürgermeister sei es seine Aufgabe, auf den Zusammenhalt in der Gemeinde zu achten. Und deshalb dürfe und müsse er auch Äußerungen und Methoden kritisieren, die zu einer Spaltung der Marktgemeinde führen würden. Denn Kritik sei nicht nur in Richtung von Bürgermeister und Gemeinderat erlaubt. "Da sollte Herr Beran sein Demokratieverständnis selbst hinterfragen", findet Horndasch. Er wisse wohl, dass der LBV niemals in der rechten Ecke zu verorten sei und auch dass die Gründung einer Bürgerinitiative demokratisches Recht ist, bestreite er nicht. Er kritisiere lediglich einige Methoden und Falschinformationen.

Beran kritisiert die Unterstellung Horndaschs, 'das Schüren von Ängsten ohne die Faktenlage zu kennen oder diese abwarten zu wollen' scharf. "Es ist vielmehr die Gemeinde, die hier nicht alle Fakten auf den Tisch legt." Die Vermutung, dass der Logistikdienstleister Amazon sich in Allersberg ansiedeln möchte, wurde von der Bürgerinitiative nicht frei erfunden. Vielmehr gab es den Vermerk "Amazon" in einem Verkehrsgutachten, das im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange von der Gemeinde ausgelegt wurde. Für ein paar heimische Betriebe sei ein Gewerbegebiet mit 33 Hektar nicht nötig. "Da ist Größeres geplant", sagt Beran.

Den Vorwurf von Gegnern der Bürgerinitiative, die BI würde bei ihrer Unterschriftensammlung Leute auf dem Marktplatz belästigen, weist Beran "scharf zurück". Niemand werde belästigt, die Unterschriftensammlung sei nichts anderes als der Infostand einer Partei.

"Ich wüsste nicht, dass Herr Beran am Stand steht oder an Haustüren klingelt", kontert Horndasch. Konkret kritisiert er Punkt drei des Bürgerbegehrens ,in dem es heißt: "Es entstehen keine oder nur wenige Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung, da die über 1000 Arbeitnehmer (meist im Billiglohnsektor) aus ferner gelegenen Gebieten oder anderen Staaten nach Allersberg kommen." Aus Mangel an Wohnraum müssten Containersiedlungen geschaffen werden, so die Begründung im Bürgerbegehren.

"Völlig aus der Luft gegriffen", sagt Daniel Horndasch. Da würden die Bürger an "Wellblechfavelas in Altenfelden" denken. Und an Überfremdung durch 1000 Billigarbeiter. "So etwas bleibt in den Köpfen hängen", sagt Horndasch, auch über den Tag des zu erwartenden Bürgerentscheids hinaus.

"Fremdenfeindlichkeit zu schüren ist nicht die Absicht", versichert Georg Decker. "Ich kann diesen Vorwurf nicht nachvollziehen." Die Begründung sei fadenscheinig, da zum Zeitpunkt der Bürgerfragestunde Mitte September der Wortlaut des Bürgerbegehrens noch gar nicht bekannt gewesen sei. Das Bürgerbegehren habe man erst am 1. Oktober gestartet. "Es ist nicht korrekt, wenn Herr Horndasch das vermischt", sagt Decker. Er finde das schade. "Ich bin an einer sachlichen Diskussion interessiert."

Die würde sich auch Tanja Josche wünschen. Sie ist wie Decker Sprecherin des Grünen-Ortsverbandes Allersberg, der zwar als Partei das Bürgerbegehren nicht unterstützt, wohl aber einzelne prominente Mitglieder wie Wilma Kinzler oder Georg Decker. Sie selbst sei anderer Ansicht als die BI. Ein kleines Gewerbegebiet von acht Hektar, wie im Bürgerbegehren gefordert, sei "viel zu wenig, um den Allersberger Haushalt zu sanieren", sagt Josche. Einen 33 Hektar großen Industriepark hält sie allerdings ebenso für überzogen. Das Gewerbegebiet sei "wertvolles Kapital für viele Generationen". Deswegen sollte man es klug einsetzen. Das gehe in der derzeitigen Diskussion leider unter. "Mit Bedauern sehe ich die Spaltung in der Gemeinde", sagt Josche. Dafür sei allerdings nicht alleine die BI verantwortlich. "Ich frage mich, ob die Gemeinde immer die Kompromissbereitschaft zeigt, die sie im Mitteilungsblatt fordert." Es gebe in Allersberg viele Menschen, die genauso denken würden wie sie und einen Kompromiss für vernünftig halten. Doch derzeit entstehe der Eindruck, es gebe nur zwei Lager: dafür oder dagegen. "Ich weiß, es gibt noch viele in der Mitte", sagt Tanja Josche. Nur gehört werden sie gerade nicht.
 

Robert Kofer