Thalmässing
Jetzt kann Weihnachten kommen

Alternative Christbaumaktion lockt Familien mit Sägen und Äxten in den Wald

16.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:25 Uhr
Freuen sich über das selbst gesägte Prachtexemplar: Stefan Jasper mit seinen Söhnen Konstantin, Frederik und Jonathan. −Foto: Leykamm

Stauf (HK) Der Andrang ist jedes Jahr groß, wenn der Bund Naturschutz gemeinsam mit den Bayerischen Staatsforsten zum Christbaumschlagen zwischen Esyölden und Stauf einlädt. Auch 2018 macht hier keine Ausnahme. Doch diesmal wissen die Verantwortlichen, die Baumholer gut zu verteilen. Während die einen die gewohnte Strecke fahren, dürfen die anderen eine neue Route nehmen und an deren Ziel Äxte und Sägen an die Stämme ansetzen.

Mal schickt Frank Lehner, Hilpoltsteiner Chef der Naturschützer, die Teilnehmer den einen und dann den anderen Ast der Weggabelung entlang. Im Alternativbereich geht es dabei recht eng zu. Hinfahren, Baum holen und wegfahren ist hier nicht angesagt. Im Konvoi parken hier die Autos. Der Fahrer des ersten bestimmt hier, wann es weitergeht.

Aber so richtig eilig hat es hier ohnehin keiner. Bei der Aktion sehen sich alte Bekannte wieder, tauschen sich aus und verraten einander auch mal, wo die besten Stellen für die Gehölzentnahme sind. Oder man lässt sich auf das Gespür des eigenen Vierbeiners. Auch Diana und Christoph Lorenz aus dem nahe des Rothsees gelegenen Heubühl haben ihren Hund mitgebracht. Lili freut sich über den Waldspaziergang, während Herrchen und Frauchen sich ihren diesjährigen Weihnachtsbaum aussuchen.

Sie sind das erste Mal dabei. Mit klarem Motiv: "Wir haben einen Ökobaum gesucht", sagen die beiden. Und auch gefunden. Ebenso ihre persönliche Premiere feiert Familie Jasper aus Offenbau. Vater Stefan bekommt große Unterstützung von seinen Söhnen Jonathan, Konstantin und Frederik, die zusammen 15 Jahre zählen. Der gemeinsam geschlagene Baum "kommt auf die Terrasse, das Wohnzimmer brauchen wir als Platz für die Geschenke", schraubt Mutter Claudia die diesbezüglichen Erwartungen recht hoch.

Die ganze Familie macht am Aktionstag beeindruckende Naturerfahrungen. Am Morgen werden alle zu Zeugen, wie ein Fuchs ein Reh reißt. Und nach dem Baumsägen genießen es die Jungs, eine kleine Eisfläche zu zertrümmern und sie in eine Pfütze zu verwandeln.

Ebenso das erste Mal dabei ist die Hilpoltsteinerin Karin Brandl, die beruflich in der Holzbranche zu Hause ist. Und als deren Vertreterin legt sie Wert auf Nachhaltigkeit, die bei dieser Aktion groß geschrieben wird. Deswegen nimmt sie auch gleich zwei Bäume mit - einen fürs Wohnzimmer, den anderen für die Werkstatt.

Ein echter Stammgast ist hier der Herrnsberger Bernhard Mödl. Mit seinem zehnjährigen Sohn Johannes findet er sofort nach dem Aussteigen aus dem Auto den richtigen Baum, doch dann zweifeln die beiden. Sie drehen eine große Runde - und finden schließlich zum Anfangsobjekt der Begierde zurück. Zum Glück steht er noch da. Was die beiden schnell ändern. Nun bleibt zu hoffen, dass das Exemplar auch "den Ansprüchen der Mama genügt", sagt der Vater verschmitzt. "Aber wir basteln ihn schon zurecht."

Ebenfalls zugange ist die Mutter der gerade einmal drei Monate alten Sophie-Marie aus Heideck, Rebekka Köstler. Ihren Goldschatz in der Bauchtrage nah bei sich, sägt sie mit dessen Oma Roswitha zwei Bäume, die kurz darauf auf dem Anhänger landen. Aus Alfershausen ist Heinz Betz mit seinem Traktor herbeigefahren, gemeinsam mit der zehnjährigen Enkelin Juliana, die sich für ihr eigenes Zimmer ein Bäumchen sägt.

Keinen weiten Weg haben Nadine und Fritz Lettenmayer aus Stauf hinter sich. Sie machen mit ihren Kindern Janoah (7), Matteo (5) und Nathaniel (2) einen Großeinkauf: Eine Weißtanne für die Familie, dazu noch je einen Katzen- und einen Hühnerbaum und ein kleines Kieferchen für den Jüngsten. Zusammenbleiben ist bei der Suche eigentlich oberstes Gebot, trennen sich doch die Wege, finden die Teilnehmer durch Rufen oder Hupen wieder zusammen. Immerhin "erstreckt sich das Gesamtgelände über 160 Hektar", erklärt Förster Alfons Herzog.

Manchmal ruft auch ein Baum: "Nimm mich mit!" So behaupten es im Falle ihres Exemplars Sandra und Markus Fischer aus Eysölden, die mit ihren Söhnen Jonathan (6) und Constantin (3) den Forst durchstreifen. Arbeitsteilung ist beim Ehepaar Mersch aus Greding angesagt - seine bessere Hälfte sägt, Ehemann Gerhard trägt. Auch Roland Blab aus Hilpoltstein schleppt seine Fichte freudig zum Auto. Sie "riecht so gut nach Wald", sagt er zufrieden. Das sind am Ende alle - jetzt kann Weihnachten kommen.

Jürgen Leykamm