Hilpoltstein
Von oreidigen Männern und ungeputzen Fenstern

Martina Schwarzmann begeistert mit ihrem Programm "Genau richtig" die Besucher in Hilpoltsteiner Stadthalle

08.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:28 Uhr
Martina Schwarzmann wird nachdenklicher und leiser. Und bekommt in Hilpoltstein trotzdem frenetischen Applaus. −Foto: Bader

Hilpoltstein (HK) Martina Schwarzmann wird leiser.

Sie wird nachdenklicher. Was sich schon beim Vorgängerprogramm "Gescheit gfreit" angekündigt hat, wird jetzt bei "Genau richtig" in der Hilpoltsteiner Stadthalle noch spürbarer. Trotzdem bekommt sie am Freitagabend von den rund 1200 Besuchern frenetischen Applaus. Und das zu Recht!

Eigentlich, ja eigentlich hätte Martina Schwarzmann schon im Juni zur Stadtmeisterschaft des TSV Mörsdorf kommen sollen. Doch diesen Auftritt musste sie absagen, hat gerade ihr viertes Kind erwartet. Macht nichts, dafür ist sie ja jetzt in Hilpoltstein. Und wenn man in die rundweg lächelnden Gesichter der Mörsdorfer in ihren blauen Trikots blickt, hätte sie ihnen daheim kaum mehr Freude machen können.

Apropos Freude, die machen ihr auch ihre vier Kinder. Vor allem, wenn sie wie an diesem Abend daheim beim Papa sind. "Das macht der super", sagt sie. Das einzige was nervt, sind die Besucher, die ständig nachfragen, ob es für sie als Mutter nicht furchtbar ist, wenn sie nicht bei den Kindern sein kann. Ganz besonders, wenn die auch noch krank sind. Was Schwarzmann nur ein hinterfotzig lächelndes "Geht scho" abringt. Der Reaktion des Publikums nach können diese Gefühlsregung einige der Besucher nachvollziehen.

Ach, Kinder: Eigentlich wollen die in Schwarzmanns Programm eh nicht erwähnt werden. Weshalb sie auch offiziell keine Kinder mehr hat, sondern nur noch "minderjährige Mitbewohner". Nein, verschont wird an diesem Abend keiner. Auch nicht ihr Mann, wie sich später noch zeigen wird.

Das man wegen der Kinder früh aufstehen muss, hat sie übrigens früher nicht bedacht. Ihre Freundin hat es da einfacher: "Da kommt zur Oma eh der Pflegedienst, der macht die Kinder gleich mit. " Das hat sie sich jetzt auch überlegt. Und keine Angst, dass sie für ihre Kinder nicht mehr "die beste Mama auf der Welt" sein würde. "Der Titel ist mir sicher. Die haben ja keine Alternative. "

Überhaupt hat sie jetzt eine Möglichkeit gefunden, wie sie nach dem Mittagessen ein paar Minuten Ruhe hat. "Ich spiel' mit meinen Kindern verstecken", sagt sie. "Ich hab extra im Schlafzimmerschrank a Seit'n freig'räumt. " Bisher mit Erfolg. Und wenn sie mal im Arbeitszimmer allein sein will, spielt sie auch verstecken. "Die verstecken sich und ich such s' einfach ned. "

Was daheim auch immer hilft, sei Toleranz. "Man muss viel weniger putzen, wenn man den Dreck einfach toleriert. " Und Toleranz hilft überall: Sie hätten ja jetzt ihren Hof auf Bio umgestellt. Sehr zu ihrer Freude. Selbst wenn es einmal die ganze Ernte verhagelt, kann sie das endlich positiv sehen: "Die Hälfte von dem, was da wächst, ham wir eh nicht anpflanzt. " Leider muss sie jetzt allerdings auch beim Unkrautzupfen helfen. Ihre langen Beine seien da nur von Vorteil. So kommt sie auf dem Acker spielend von einer Fahrgasse in die nächste, ohne dass sie etwas zusammentritt. "A kleine Dicke wär da nix. "

Mithin ist es auch nett, wenn der Herr Gemahl mal wieder auf einer der vielen Fortbildungen ist. "Die fahr'n zu einem Acker, schaun ihn an, und dann fahrn sie zum nächsten", fasst sie die das meist dreitägige Programm kurz zusammen. Ja, das gibt es offenbar auch in Hip: Eine Frau in der dritten Reihe gibt ihrem Mann einen Rüffler und kann sich vor Lachen kaum halten - sie kennt die Lehrgänge anscheinend.

Schwarzmann gewöhnt sich, wie sie sagt, sehr schnell daran, dass ihr Mann fehlt. "Da kann ich geradeaus vom Esszimmer in die Küch'. Wenn er wieder da ist, muss ich dauernd um ihn drumherum. " Aber er komme auf seinen Lehrgängen nur auf dumme Gedanken. Da hat er dann in einem Hotel saubere Fenster g'sehn und sagt daheim aus dem Nichts: "Die g'hörn sich a amal wieder putzt. " Was Schwarzmann wenig stört. "Bei vier Kindern interessieren mich die Fenster an Scheiß", sagt sie. Außerdem sei man als Frau eh nicht prädestiniert zum Putzen. "I und mei Mo sind gleich groß und ham die gleiche Figur. Der einzige Unterschied ist der Busen - und den braucht man beim Putzen ned. " Und sie kommt wegen der Widrigkeiten des Wetters eh nicht dazu. Im Winter sei es zu kalt, im Sommer zu heiß, dann wieder fliegt Blütenstaub. Außerdem sei eins ihrer Kinder mal gegen die frisch geputzt Terrassentür gerannt. "Der hat ja ned g'wusst, dass die durchsichtig sind. "

Während sie trotz allem mit ihrem Mann glücklich ist, sollte sich ihre Freundin den Tausch ihres Ehemanns überlegen. Die hat nämlich erst nach der Hausrenovierung gemerkt, dass der "oreidig" ist. Der popelt nämlich nachts im Bett in der Nase, reibt das Ergebnis zu einer Kugel und schnippt es quer durch den Raum. "Und erst seitdem die im Schlafzimmer statt einem Teppich Parkett ham, hat sie's landen g'hört. "

Das alles kommt an beim Hilpoltsteiner Publikum, und Schwarzmann bleibt immer wieder im halben Satz stecken um abzuwarten, dass sie nach dem Applaus endlich weitermachen kann. Nur eines schmerzt: Ihre Songs sind lange nicht mehr so knallig wie früher. Bringt sie das mit der Einlage "So sans die Weiber" noch gut hin und erntete etliche Lacher, wirkt ihr Lied vom Traum nur zusammengeschustert. Beide kommen damit nicht annähernd an ihre alten Songs wie "Des tat mi ma jucken! " heran. Allenfalls ihr Punk-Song spiegelt noch den Glanz früherer Zeiten. Doch genug geunkt: Der Abend mit Martina Schwarzmann ist jede einzelne Minute wert. Und wer am Freitagabend nicht da war, hat etwas verpasst.

Kai Bader