Greding
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Faustdicke Überraschung im Stadtrat: Umstrittene Bogenspannbrücke über die Schwarzach kommt doch nicht

09.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:07 Uhr
Eine moderne Bogenbrücke vor dem Eingang zur historischen Altstadt, wie auf dieser Montage zu sehen, ist dem Gredinger Stadtrat ein Dorn im Auge - er spricht sich gegen diese Planung aus. −Foto: StBA Nürnberg

Greding (HK) Es war eine ganz und gar außergewöhnlich Sitzung, die der Gredinger Stadtrat am Donnerstagabend absolviert hat - aus zwei Gründen.

Der eine war der Umstand, dass das Gremium wegen des plötzlichen Todes von Mathias Herrler (SPD) am vergangenen Samstag Abschied nehmen musste von einem ebenso aktiven wie verdienten Mitglied, in der vergangenen Wahlperiode gar der stellvertretende Bürgermeister. Ein Porträtbild mit Trauerflor und eine brennende Kerze auf seinem Platz machten den Verlust augenfällig, zudem sprach Bürgermeister Manfred Preischl (FW) zu Beginn der Sitzung noch einige Worte des Dankes und der Anerkennung.

Der zweite Grund aber war eine faustdicke Überraschung, die das Staatliche Bauamt (StBA) Nürnberg den Gredingern bereitete: Aller Wahrscheinlichkeit nach - Stand heute - wird die bisherige Stahlverbundbrücke über die Schwarzach nicht in den Jahren 2020/21 durch eine Bogenbrücke ersetzt. Denn eine solche Konstruktion werde gegen den ausdrücklichen Wunsch des Stadtrats nicht realisiert, versicherte Karl Betz, als Leiter des konstruktiven Ingenieurbaus für die Errichtung von Brücken zuständig.

Er könne dann zwar "alles einstampfen, was ich in den letzten drei Jahren gemacht habe", aber es lasse sich eine andere technische Lösung finden. Betz brachte sogleich eine sogenannte Zweifeldbrücke ins Spiel. Der Rat sprach sich mit Ausnahme des Bürgermeisters einhellig gegen die Bogenkonstruktion aus. "Dann werden wir diese Pläne nicht weiterverfolgen", sagte Betz.

Dabei seien diese weit gediehen, im Wesentlichen fertig, sie müssten nur noch zur Genehmigung eingereicht werden. "Ich rechne mit einer Genehmigungszeit von etwa drei Monaten. " Anders sähe es bei einer Neuplanung aus: "Die würde uns im Ablauf mindestens ein Jahr nach hinten schmeißen. " Sicherheitsbedenken gebe es wegen der Verschiebung nicht, erklärte er auf die Frage von Stefan Greiner (CSU).

Eigentlich hätte der Stadtrat nur den aktuellen Planungsstand zur Kenntnis nehmen sollen, so zumindest verhieß es die Tagesordnung. Und das auch nur deshalb, weil bei einem Ortstermin mit den CSU-Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises "Wohnen, Bau und Verkehr", und seinem Kollegen Volker Bauer Ende Mai vereinbart worden sei, dass der Bürgermeister die Notwendigkeit der Bogenbrücke noch einmal im Stadtrat erklären solle.

Mit dieser Lesart zeigte sich Josef Dintner, CSU-Sprecher im Stadtrat, ganz und gar nicht einverstanden - auf Betreiben der CSU war der Ortstermin mit den Landespolitikern überhaupt erst zu Stande gekommen. Er habe aus den Beratungen an Ort und Stelle mitgenommen, dass die Bogenkonstruktion nicht unbedingt erforderlich sei, so Dintner - "aber günstiger". Außerdem stimme es nicht, dass - wie vom StBA behauptet - der Denkmalschutz keine Einwendungen habe. Was dann folgte, sorgte im Stadtrat zumindest für Verwunderung.

Während nämlich Christoph Eichler, der beim StBA als Abteilungsleiter für den Straßenbau im Landkreis Roth zuständig ist, unter anderem in der Stadtratssitzung im Januar betont hatte, dass Pfeiler im Flussbett mittlerweile nicht mehr erlaubt seien, sprach sein Kollege Betz jetzt davon, dass das Wasserwirtschaftsamt (WWA) diese lediglich "nicht gern sieht". Zudem habe das WWA dem Straßenbauamt den Verzicht auf den Pfeiler nicht vorgeschrieben, sondern das StBA habe der Fachbehörde seine Planung vorgelegt - und das Wasserwirtschaftsamt dann sein Okay gegeben.

Das vermeintliche Verbot eines Pfeilers im Flussbett und damit das Setzen auf die Bogenspannbrücke "haben wir Zähne knirschend zur Kenntnis genommen", beschwerte sich Michael Beringer (CSU) über die früheren Aussagen. "Das ist für uns eine neue Ausgangslage", sprang ihm Harald Gerngroß (SPD) bei. Und für Oswald Brigl (CSU) stand in der Sitzung schon frühzeitig fest: "Wenn es eine andere Lösung gibt, kommt für mich nichts anderes in Frage. " Das stellte er später bei der Abstimmung, nachdem eine solche erst einmal beschlossen war, ebenso unter Beweis wie der Rest der Stadtratsmitglieder.

Was dem Gremium umso leichter fiel, da auch die Sache mit den Denkmalschutz nicht endgültig geklärt werden konnte. Laut Betz hat dieser keine Einwendungen gegen die Bogenspannbrücke, die Untere Denkmalschutzbehörde am Landratsamt habe ihr Plazet gegeben.

Thomas Wenderoth vom Bayerischen Amt für Denkmalpflege habe bereits 2016, als es erste Überlegungen zu einem Brückenneubau gab, von einer Beeinträchtigung des Stadtbildes gesprochen, entgegnete jedoch Dintner. Eine derartige Brücke würde sich "ungünstig in den Stadtbereich einschieben", so Wenderoths damalige Stellungnahme. Zudem sei die Kreisheimatpflegerin nicht gehört worden. Eindeutig sei die Sachlage nicht, folgerte Dintner. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: Seines Wissens nach sei nicht die Untere Denkmalschutzbehörde am Landratsamt zuständig, sondern die Obere Denkmalschutzbehörde - und damit die Regierung von Mittelfranken.

Karl Betz erwischte er damit auf dem falschen Fuß. Ein solcher Fall sei auch für ihn Neuland, räumte er ein: "Wir haben noch nie wegen einer Brücke mit dem Denkmalschutz diskutiert. " Als das StBA von der Autobahndirektion darauf hingewiesen worden sei, dass Greding in Sachen Denkmalschutz ein heikles Pflaster sei, sei man eben auf den Kreisbaumeister Ralph Möllenkamp zugegangen. Der keine Einwände gehabt habe. Weil es sich um einen Ersatzneubau handle, sei nur ein formloses Genehmigungsverfahren zu durchlaufen.

Zu guter Letzt spielen auch die Kosten keine größere Rolle bei der Entscheidung pro oder contra Bogen. Die aktuelle Schätzung beläuft sich laut Betz auf rund 3,5 Millionen Euro für die Bogenbrücke, dazu kommt eine weitere Million für die Behelfsumfahrung von der Industrie- zur Hausener Straße auf Höhe des Lidl-Discounters. Mit einer Zweifeldbrücke könnte man dies einigermaßen kostenneutral hinbekommen, zeigte er sich zuversichtlich.

 

KOMMENTAR

von Volker Luff

Dass beim ganzen Prozedere um die neue Schwarzachbrücke die Kommunikation unglücklich gelaufen ist, wäre beschönigend ausgedrückt.

Hier ist etwas gewaltig schiefgegangen. Und nur der Beharrlichkeit einiger Stadtratsmitglieder - vor allem der CSU - ist es zu verdanken, dass nicht ein Bauwerk vor der Kulisse der historischen Gredinger Altstadt errichtet wird, das das Bild für die nächsten Jahrzehnte bestimmt hätte.

Natürlich ist es legitim, dass das Staatliche Bauamt als Bauherr seine Planung favorisiert, es wäre rechtlich sogar in Ordnung, diese gegen Widerstände der Stadt Greding durchzusetzen. Kostengründe sind ein plausibles Argument - und über Geschmack lässt sich bekanntlich sowieso nicht streiten, weil er höchst subjektiv ist.

Was aber nicht in Ordnung ist: Eine Behörde darf nicht vermeintlich rechtliche Gründe anführen, die es bei genauerem Hinsehen gar nicht gibt. Hier sitzen die Fachleute, auf deren Expertise sich ehrenamtliche Stadtratsmitglieder verlassen können müssen. Blind. Im Fall der Schwarz-achbrücke steht nun der verheerende Eindruck im Raum, dass das Staatliche Bauamt die Wahrheit auch einmal ein wenig zurechtbiegt, wenn ihr das in den Kram passt. Seit die Planung öffentlich geworden ist, hat es in Greding Widerstand gegeben. Der - fast - im Keim erstickt wurde mit dem Hinweis, eine andere Bauweise sei untersagt. Dass die Behörde jetzt wegen einer neuen Planung nachsitzen muss, ist recht und billig. Dabei sollte sie aber auch ihre Arbeitsweise überdenken. 

Volker Luff