Roth
Spaß gegen Hass

Fränkischer Krimiautor Tommie Goerz liest in der Pogromnacht

12.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:16 Uhr
Liest Krimis gegen rechts: Tommie Goerz. −Foto: Klier

Roth (mkl) "Tommie Goerz liest gegen rechts", war die Einladung zur Dichterlesung in der Buchhandlung Genniges in Roth überschrieben.

Es war der Tag vor dem 9. November, ein Tag, bevor sich die Reichspogromnacht zum 80. Mal jährte. Der fränkische Krimiautor Tommie Goerz, alias Dr. Marius Kliesch, berichtete aber trotz des ernsten Themas viel Vergnügliches und Heimatlich-Buntes. Leger, also locker und natürlich, sollte es zugehen. "Spaß gegen Hass" lautet seine Devise.

Für seine Lesungen will er nur freiwillige Spenden, die er dann an sechs Organisationen gegen rechts verteilt. Da kommt Roths stellvertretender Bürgermeister Hans Raithel (SPD) gerade recht, als er einen Umschlag mit einer Spende der Stadt Roth überreicht. Sonja Freyberger, die Chefin der Buchhandlung, freut sich, dass ihr Geschäft zu zwölf weiteren gehört, die für diese Aktion ausgewählt worden sind.

Oft zitiert Goerz aus seinen zahlreichen Krimis wie etwa "Schafkopf","Leergut", "Stammtisch", "Auf dem Keller" und "Nachtfahrt". Vor allem die fränkischen Wirtshäuser und Biergärten haben es ihm angetan. Seine Erlebnisse in diesen "Kultstätten" und die Berichte seiner Freunde hat er dem urfränkischen Kommissar Friedemann "Friedo" Behütuns in den Mund gelegt. Und diesen Polizisten habe es tatsächlich gegeben, erzählt Goerz.

Goerz beginnt mit einem Rundumschlag gegen die großen Konzerne, die zwar gutes Geld machen, aber kaum Steuern zahlen. "Dieses Geld fehlt uns allen", beklagt Goerz. Er bricht eine Lanze für die Buchhandlungen: "Es ist halt "saubequem" im Internet bei Amazon zu bestellen anstatt in die Buchhandlung zu gehen. "Amazon-Kunden gehen bitte bei Amazon aufs Klo", steht auf einem Plakat in einer Buchhandlung. Pro Minute verdiene der Konzern fast 37000 Euro. Nicht viel besser sei der Möbelkonzern Ikea, der lediglich 0,002 Prozent des Gewinns an Steuern abführe.

Locker plaudernd macht dann Tommie Goerz mit seinem Streifzug durch die fränkischen Wirtshäuser weiter. "Meine Freundin isst kein Fleisch, sie ist Vegetarierin", sagt der Begleiter einer jungen Dame zur Wirtin. "Gut, wir haben Bratwürscht", antwortet die Wirtin. "Hat Ihnen der Schweinsbraten geschmeckt? ", fragt eine andere Wirtin. Gast: "Ich hab schon einen besseren gegessen. " Wirtin: "Aber nicht bei uns. "

Über internationale Schulen zieht Goerz in seinem Buch "Leergut" her. Die Kinder werden im Maybach gebracht und abgeholt, lernen kaum noch die Wirklichkeit kennen und bilden morgen als Führungskräfte die Elite. Früher habe es noch Tatz'n bei Fehlverhalten gegeben und daheim gleich noch einmal eine Watsch'n.

Manchmal ist es ein wenig Schwarz-Weiß-Malerei. So gebe es keine Stammtische mehr. "Doch, beim Theo", kommt es aus den Reihen der Zuschauer. Dass es in den Supermärkten schon seit Wochen weihnachtet, ist ein allseits bekanntes Übel. Jetzt steht Friedemann Behütuns unter der Gasthaustür: "Hallo! " - "Es is kaans daham! ", kommt es aus dem Haus. Dann schlurft eine Alte herbei: "Was dennen's denn asu? " Dann fragt sie ihn aus: "Gell, Sie war'n noch nie da? Ham's a Fraa, ham's Kinner? " Dass die Franken mufflert seien, stimme nicht. Das sei Ehrlichkeit pur, beteuert Goerz. Natürlich darf ein Seitenhieb auf die Preußen trotzdem nicht fehlen. Schäufelchen und einen Karpfen mit Innengeräusch wollen sie bestellen.

Besonders schön sind die fränkischen Biergärten, wenn die Sonne die Seidla auf dem Tisch vergoldet. "Wer da fortfährt gehört sich erschlag'n", meint der Wirt. Auf den Bierkellern sitzen angeblich Männer mit Vorliebe allein, fränkisch: allah. Da gehe es demnach wahrlich göttlich zu.