Nürnberg
"Blind Date"

Kunst nicht nur fürs Auge

05.04.2016 | Stand 02.12.2020, 20:00 Uhr

Nürnberg (HK) Eine Kunstausstellung auch für sehbehinderte und blinde Menschen, das ist die Intention einer fränkischen Künstlerin. Christa Jäger-Schrödls Bilder zum Anfassen werden erstmals in ihrer Heimat gezeigt.

Das Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte (BBS) lädt Kunstinteressierte nach Nürnberg zum "Blind Date" ein, einer Ausstellung unter dem Motto: Anfassen explizit erlaubt.

"Bei einer Ausstellung in Erding bat mich ein blinder junger Mann, meine Bilder ertasten zu dürfen", erzählt Christa Jäger-Schrödl. "Er wanderte mit den Fingern beider Hände über das ganze Bild und erkannte den Bildursprung, aber auch den finalen Bildhöhepunkt. Die Freude und Überraschung beim Entdecken in seinem Gesicht war einzigartig. Jetzt achte ich darauf, wie sich meine Bilder anfühlen und lade immer auch blinde Menschen zu meinen Ausstellungen ein."

Die verblüffende Dreidimensionalität ihrer Bilder lässt sich schon auf der Homepage erahnen. Sie sind abstrakt, haben aber immer etwas Gegenständliches, was vielen Betrachtern den Zugang vereinfacht. Es bleibt viel Raum für Fantasie und Assoziationen; die spannenden Oberflächen reizen zum Berühren. Wie schön, wenn das einmal erlaubt ist. "Aber", sagt die Künstlerin, "es gibt immer nur zwei Meinungen zu meinen Bildern: Entweder man mag sie oder man mag sie eben nicht. Und das beschränkt sich nicht nur auf Sehende".

Schon seit vielen Jahren zeigt die in Rothenburg geborene Künstlerin ihre außergewöhnlichen, großformatigen Werke auf Ausstellungen und im Internet. Nach der Fachoberschule übte sie sich während des Architekturstudiums im Abstrahieren und begann später mit Siebdruckfarben zu experimentieren. Sie versuchte, unterschiedlichste Farben und Lacke zu kombinieren und entwickelte eine ganz eigene Technik. Ihre Collagen sind geprägt von Struktur und einem ungewöhnlichen Material-Mix. Sie verwendet Schrauben, Schläuche, Kabel, CDs, alles, was ihr so im Alltag begegnet. Oft sind diese Materialien vordergründig nicht auf Anhieb erkennbar, sondern gestalten vor allem die Strukturen zu Bildhöhepunkten. Es ist die Arbeit mit Schichten von Farbe und die kräftigen Töne, die den meist großen Bildern eine erstaunliche Tiefe verleihen.

Bereits 1854 gegründet, ist das BBS eine Bildungseinrichtung, die in den Bereichen Bildung, Förderung, Erziehung, pädagogische Begleitung, aber auch in Sachen Beratung und Unterstützung einen leidenschaftlichen Beitrag zur Inklusion von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung leistet. Von der Frühförderung bis zur Erwachsenenbildung, vom Lernen bis zum Freizeitspaß - das Angebot ist groß. So wundert es nicht, dass Kunst auf dem Programm steht. Die Werke von Christa Jäger-Schrödl sind ab dem 19. April bis 19. Mai im "Goldenen Saal" des BBS zugänglich.