Spalt
Pragmatiker in Lauerstellung

FW-Kandidat Thomas Schneider setzt unabhängig von seinem eventuellen Einzug auf Regierungsbeteiligung

14.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:39 Uhr
Zufrieden, aber nicht euphorisch zeigen sich die Freien Wähler in Spalt. Aber alles Schauen auf die immer neuesten Hochrechnungen hilft nichts: Am Ende des Abends wissen Hermann Kratzer (l.) und Walter Schnell (r.) nicht, ob es Thomas Schneider (Mitte) geschafft hat. −Foto: Luff

Spalt/Hilpoltstein (HK) Thomas Schneider, Landtagskandidat der Freien Wähler (FW) ist gegen Ende eines langen Wahlabends ungefähr so schlau wie zu Beginn: Ob er als Abgeordneter ins Maximilianeum gehen wird, steht noch nicht fest - trotz des historisch guten Ergebnisses der FW in Bayern.

Thomas Schneider steht auf Platz vier der Liste in Mittelfranken, aller Voraussicht nach müsste er noch einen Platz bei den Gesamtstimmen gutmachen und den Dritten - Wolfgang Hauber aus Weißenburg - überholen. Er lasse sich nicht aus der Ruhe bringen, sagt der 53-Jährige. Warum auch? "Was ich mache, mache ich ja gern", sagt Schneider, der Bürgermeister von Röttenbach.

Den Wahltag hat er auf dem Landvolktag in Weidenbach bei Triesdorf verbracht, das erdet. Hier ist Schneider der Diözesanvorsitzende der Katholischen Landvolkbewegung. Abends trifft er sich mit den Parteifreunden in einem Gasthaus in Spalt, es wird gutbürgerlich gegessen, von größerer Aufregung keine Spur. Selbst als die Ergebnisse der einzelnen Gemeinden im Kreis Roth nur spärlich eintröpfeln und per Beamer auf die Leinwand projiziert werden, kommentiert Schneider das nur mit einem Schulterzucken. Mit einer Ausnahme: Schneiders Gemeinde Röttenbach hat als erste Kommune ausgezählt, der Bürgermeister zeigt sich stolz. Umso mehr, weil er sein Heimspiel gewonnen hat: Mit mehr als 37,6 Prozent verweist er den amtierenden Landtagsabgeordneten Volker Bauer (CSU) deutlich auf den zweiten Platz. "Wenn jetzt alle so abstimmen...", sagt Schneider und lacht.

Nein, er wolle seine Chancen schon realistisch einschätzen, "15 Prozent erhoffe ich schon". Am Ende des Abends stehen 15,01 Prozent der Erststimmen für ihn zu Buche. Eine Punktlandung. Aber auch kein Grund zu übermäßiger Freude.

Die gibt es eher, wenn die FW ins Land schauen. 11,5 Prozent verheißen die Hochrechnungen, die sich imer mehr verfestigen. "Für uns ist es ein schöner Tag", sagt Walter Schnell, der FW-Bezirkstagskandidat. Und konterkariert damit Markus Söder, der Ministerpräsident hat eben via Fernsehen eingestanden, für die Regierungspartei sei es "kein schöner Tag". Hermann Kratzer aus Greding, Schneiders Vorgänger als Landtagskandidat und Schnells Nachfolger als FW-Kreisvorsitzender, ordnet das FW-Ergebnis als Schulnote ein: "Eine Zwei bis Drei, es kann noch verbessert werden."

Für Schneider selbst gibt es an diesem Abend im Wesentlichen zwei Ziele: Der Landkreis Roth soll nach zehn Jahren endlich wieder zwei Abgeordnete nach München schicken - "die Chancen sind so gut wie selten zuvor". Und die Freien Wähler sollen so stark werden, dass die CSU sie ins Regierungsboot holt. Immerhin sei "das größte Hindernis" längst beseitigt: "Mit Horst Seehofer als Ministerpräsident hätte ich nicht leben können." Regieren wollte er aber nicht um jeden Preis, wie Schneider sagt. "Es muss inhaltlich passen, wir müssen hart verhandeln und schauen, dass wir nicht über den Tisch gezogen werden."

Dass die FDP nach der Koalition mit der CSU hochkant aus dem Landtag geflogen ist, ficht den Kandidaten am Wahlabend nicht an: "Die sind doch wegen grober Unfähigkeit rausgeflogen, das war nur peinlich." Als Bürgermeister habe er schließlich miterlebt, wie das liberal geführte Wirtschaftsministerium den Breitbandausbau verbockt habe. Die FW hält Schneider für deutlich besser aufgestellt, da deren Kandidaten samt und sonders schon kommunalpolitische Verantwortung getragen hätten. Genau das hält er auch für das große Plus, wenn es um die neuerliche Regierungsbildung geht - und die Freien Wähler mit den Grünen konkurrieren.

Die FW seien einfach pragmatischer als die Grünen, sagt Schneider. Weniger verbohrt. Dabei gebe es bei ihnen eine Rehe von Punkten, "da bin ich dabei". Zum Beispiel halte er nichts von der 10-H-Regelung bei Windrädern. Zudem seien sie offener als die CSU: "Wir haben die Demut zu erkennen, dass auch andere Menschen denken können." Er selbst sei "ökologisch geprägt und wertkonservativ", andere im bunten Reigen der Persönlichkeiten innerhalb der FW hätten andere Stärken. "Die bunte Mischung bei uns sorgt dafür, dass wir zu guten Ergebnissen kommen."

Auch wenn das politische Bayern nach dieser Wahl erschüttert ist, Schneider behält die Ruhe. Den "Polit-Quacksalbern" von der AfD werde man schon beikommen, wenn die etablierten Parteien endlich mal programmatisch argumentierten. Und die CSU steht Schneider zufolge auch vor einer gewissen Beruhigung - nach dem letzten großen Krach selbstverständlich: "Auf Seehofer als Boss würde ich noch einen Euro setzen - und das auch nur wegen der Quote." Wie gut seine eigenen Chancen stehen, wird sich heute oder morgen erweisen.

Volker Luff