Drei Rathäuser, sechs Kandidaten

27.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:23 Uhr
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Die Kommunalwahl im Landkreis Roth geht in die Verlängerung: In der Stichwahl fällt jetzt die Entscheidung, wer in den kommenden sechs Jahren das Bürgermeisteramt in Abenberg, Kammerstein und Röttenbach inne hat. Während in den beiden erstgenannten Gemeinden die abtretenden Amtsinhaber Werner Bäuerlein (SPD) und Walter Schnell (FW) entspannt bei der Auszählung am Sonntagabend zusehen können, wer zum Nachfolger gewählt wird, geht es in Röttenbach für den seit 24 Jahren regierenden Thomas Schneider (FW) um den Job.

 

Weniger als zehn Prozent der rund 100000 Wahlberechtigten im Landkreis Roth sind bis zu diesem Sonntag um 18 Uhr aufgerufen, nochmals ihre Stimme bei der Kommunalwahl abzugeben. Rund 4400 Männer und Frauen in Abenberg sowie jeweils rund 2400 Wahlberechtigte in den beiden kleinsten Landkreisgemeinden Kammerstein und Röttenbach bestimmen in der Stichwahl den Bürgermeister für die nächsten sechs Jahre.

 

Für die wohl größte Überraschung der Kommunalwahl im ganzen Landkreis Roth sorgte beim ersten Wahltag vor zwei Wochen das Ergebnis aus der Gemeinde Röttenbach. Denn hier war es nicht etwa Amtsinhaber Thomas Schneider von den Freien Wählern, der die meisten Stimmen erhielt, sondern sein junger Herausforderer Christian Riedl von der CSU. Mit 46,0 Prozent lag der 31-jährige Riedl knapp vor dem 55-jährigen Schneider (45,1). Entsprechend dramatisch dürfte die Auszählung an diesem Sonntagabend werden.

 

Nur 15 Stimmen Unterschied im ersten DurchgangIn absoluten Zahlen ausgedrückt lag Christian Riedl vor zwei Wochen ganze 15 Wählerstimmen vor Thomas Schneider. Das Zünglein an der Waage werden nun wohl diejenigen Wählerinnen und Wähler spielen, die vor zwei Wochen dem mit 8,9 Prozent klar abgeschlagenen SPD-Kandidaten Thomas Sonnauer ihre Stimme gaben. Gelingt es Amtsinhaber Thomas Schneider nicht, den Großteil aus dieser Wählergruppe jetzt für sich zu gewinnen, droht er nach vier Amtszeiten seinen Job zu verlieren.

 

Dagegen schon gewiss ist der anstehende Wechsel in den Rathäusern von Abenberg und Kammerstein, wo die beiden Amtsinhaber Werner Bäuerlein (SPD) und Walter Schnell (Freie Wähler) sich nach 18 beziehungsweise 24 Jahren nicht mehr zur Wahl gestellt haben. Die meisten Stimmen im ersten Durchgang in Kammerstein erhielt Wolfram Göll von der CSU mit 30,3 Prozent. In die Stichwahl geht er mit dem bisherigen stellvertretenden Bürgermeister Richard Götz (Kammersteiner Bürgerliste), für den 26,2 Prozent stimmten. Nicht gereicht zum Einzug in die Stichwahl hat es für Thomas Schubert (FW, 22,9) und Jutta Niedermann-Kriegel (SPD, 20,6).

 

Ebenfalls vier Bewerber um das Bürgermeisteramt waren es anfangs in Abenberg. In die Stichwahl gehen Susanne König von der SPD (37,5 Prozent) und Jens Meyer von der CSU (27,2). Nicht mehr im Rennen sind Eugen Börschlein (FW, 22,9) und Manfred Lunkenheimer (Bürgerliste, 12,4).

 

Alle drei Gemeinden setzen auf eigene Austräger Was die Organisation der Stichwahl angeht, die ja in ganz Bayern wegen der aktuellen Corona-Lage ausschließlich als Briefwahl ausgetragen wird, haben sowohl Abenberg als auch Kammerstein und Röttenbach darauf verzichtet, die Dienste der Deutschen Post in Anspruch zu nehmen. Alle drei Kommunen ließen die Briefwahlunterlagen lieber von den Austrägerinnen und Austrägern der jeweiligen Gemeindeblätter in alle Haushalte bringen. Gewertet werden alle Stimmen, die bis zu diesem Sonntag um 18 Uhr ankommen.

 

Im Gegensatz zu größeren Städten wie etwa Erlangen oder Regensburg, die vorab schon angekündigt haben, Ergebnisse der Stichwahl erst am Montag zu liefern, versichern alle drei Gemeindewahlleiter in Röttenbach, Abenberg und Kammerstein, dass an diesem Sonntag aller Voraussicht nach zwischen 19 und 20 Uhr die vorläufigen Endergebnisse feststehen werden. In allen drei Kommunen gebe es genügend Wahlhelfer. Zugleich sollen aber auch nicht zu viele Helfer mit der Auszählung beschäftigt sein, um in der aktuellen Coronavirus-Pandemie die Infektionsgefahr so gering wie möglich zu halten. "Wir haben maximal neun Helfer zum Auszählen und nehmen dafür die größte Räumlichkeit, die wir im Rathaus zur Verfügung haben", sagte etwa die Abenberger Wahlleiterin Heidi Berger. Außerdem werde wie vorgeschrieben mit Handschuhen ausgezählt und es gebe genügend Desinfektionsmittel.

 

Der Amtsinhaber informiert die Kandidaten am Telefon Fernab der gesetzlichen Vorgaben aus dem bayerischen Innenministerium gehen die drei Landkreisgemeinden, in denen es jetzt zur Stichwahl kommt, auf ganz eigene Art damit um, wie die fünf Kandidaten und die Kandidatin vom jeweiligen Endergebnis erfahren sollen. Während in Abenberg die beiden Kontrahenten Susanne König und Jens Meyer nach Wahlschluss im Bürgersaal erwartet werden, wo sie - selbstverständlich mit genügend Abstand zueinander - auf die Resultate warten, behält der amtierende Kammersteiner Bürgermeister Walter Schnell das Rathaus an diesem Sonntag für sich. Von seinem Büro aus wird er dann die beiden Kontrahenten Wolfram Göll und Richard Götz anrufen und sie als erstes über das Ergebnis der Stichwahl informieren.

 

In Röttenbach wird es derweil Amtsinhaber Thomas Schneider gewiss als Erster erfahren, ob er seinen Job behalten darf oder nicht. Wie die Gemeinde am Freitag bekanntgegeben hat, wird es am Sonntagabend im Sitzungssaal des Rathaus eine öffentliche Präsentation der Wahlergebnisse geben. Diese wird auch Herausforderer Christian Riedl besuchen. Sollte der Andrang der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich der aktuellen Situation zu groß sein, bietet sich laut Bürgermeister Schneider auch die Möglichkeit, vom Bürgergarten aus die im Sitzungssaal präsentierten Zahlen zu verfolgen.

Wahlbeteiligung schon über 70 Prozent in RöttenbachDass das generelle Interesse an der Stichwahl in Röttenbach sehr groß ist, liest Bürgermeister Schneider auch an der Tatsache ab, dass die Wahlbeteiligung bereits am Freitag über 70 Prozent lag. Bei der Abstimmung vor zwei Wochen waren es am Ende lediglich 66 Prozent.

Wegen der noch am Wahlabend angekündigten verschärften Ausgangsbeschränkung für Bayern mussten sich die beiden Röttenbacher Kandidaten - wie alle anderen auch - mit einem Wahlkampf vor allem via Internet begnügen. Hier ging es in den vergangenen Tagen in den sozialen Netzwerken auch zum Teil hoch her.

Amtsinhaber Schneider beklagte, dass "unverfroren Sachen erzählt werden, die einfach nicht stimmen" und dass von ihm ein völlig falsches Bild gezeichnet werde, wonach niemand außer ihm mitreden dürfe. "Da hätte ich dann aber in den letzten Jahren eine Dienstaufsichtsbeschwerde nach der anderen kassieren müssen."

Herausforderer Riedl räumte ein, dass sich in seinem Team möglicherweise nicht alle an das von ihm selbst praktizierte Fairplay hielten, dass es jetzt aber trotzdem an der Zeit sei für einen neuen Mann im Rathaus. Der Sonntag wird's zeigen.

HK

 

Jochen Münch