Hilpoltstein
Zeitgeschenke am Ende des Lebens

Hospizbegleiter betreuen Sterbende und ihre Angehörigen - Spenden zu Gunsten des Vereins Hilpoltstein-Roth

20.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr
Nähe und Zuwendung sind besonders wichtig, wenn es zu Ende geht. −Foto: Kahnert (dpa)

Hilpoltstein (HK) Eine hilfreiche Hand am Ende des Lebens: "Wir begleiten Menschen in ganz schwierigen Lebenssituationen", sagt Agathe Meixner, Vorsitzende des Hospizvereins Hilpoltstein-Roth. Reden und Gefühle auszudrücken, sei ganz wichtig, sagt sie. Für die Sterbenden genauso wie für ihre Familien.

Wenn die Hospizbegleiterin Brigitte Burkert (Foto) eine der Türen auf der Palliativstation der Kreisklinik Roth öffnet, weiß sie nie, was sie gerade erwartet. "Es kostet manchmal Überwindung, reinzugehen", gesteht sie. "Wie geht es dem Schwerkranken, was sagt er, wenn ich ihn in seinem schlechten Zustand sehe?" Sobald sie aber den ersten Kontakt geknüpft hat, weiß sie, dass sie wieder einen richtigen Schritt gegangen ist. "Noch nie habe ich schlechte Erfahrungen gemacht", erzählt Burkert.

Offen sein, zuhören, reden lassen — das ist ihre Geheimformel für eine Annäherung in einem sehr intimen Rahmen. Denn schwer krank sein ist immer eine Krisensituation: mit Atemnot, Schmerzen, Übelkeit und Unwohlsein. Diese Symptome versucht die Palliativmedizin in den Griff zu bekommen. Häufig können die Kranken sogar in ihre gewohnte Umgebung zurück.

In den Gesprächen versucht Brigitte Burkert positive Gedanken zu verstärken und die Patienten nicht in einem hoffnungslosen Zustand zurückzulassen. "Ich knüpfe an gute Zeiten an, von denen sie erzählen", erklärt sie. "Ich höre aufmerksam bei den Lebensgeschichten zu, weil ich mich für Menschen interessiere." Wenn der Gesprächspartner zu schwach zum Reden ist, versucht Brigitte Burkert in einen inneren Kontakt mit ihm zu gelangen: mit einer Handmassage oder leichten Berührungen. Oder sie summt sachte ein Adventslied.

Die Patienten könnten ihren Besuch natürlich ablehnen, die Hospizbegleiter drängen sich nicht auf. Aber die meisten Schwerkranken sind froh, wenn sie über das sprechen können, was ihnen gerade wichtig ist. Denn ihrer Ehefrau, der Tochter oder dem Sohn wollen sie diese Wahrheit oft nicht zumuten. Diese wiederum können manchmal nur schwer akzeptieren, wenn ihre geliebten Eltern nichts mehr essen und trinken wollen. "Ich höre mir auch die Nöte der Angehörigen an, wenn sie Angst haben, dass ihre schwer kranken Eltern verdursten oder verhungern."

Situationen der Sprachlosigkeit kennt die Hospizvereinsvorsitzende Agathe Meixner aus eigener Erfahrung. "Das war einer der Beweggründe, mich zu engagieren", sagt Meixner. Keiner habe damals gewagt, über den nahenden Tod zu sprechen. "Ich habe mir geschworen: Das passiert mir nie wieder."

Das Angebot für die Patienten, mit den Hospizbegleitern zu reden, gehört zum Konzept der Palliativstation wie die Physiotherapeutin, der Pfarrer und die Psychologin. Stationsleiter Stefan Wiesmüller beneidet die Ehrenamtlichen um die Leichtigkeit, Unbeschwertheit und die Zeit, die sie mitbrächten. "Sie sind eine wahre Unterstützung für mich." Diese intensive Zuwendung falle in der täglichen Arbeit, die geprägt sei von vollen Dienstplänen und Krankheitsausfällen des Personals, hinten herunter, gesteht der Stationsleiter. Deshalb freut er sich über diese "Zeitgeschenke, die Menschen anderen Menschen machen".

Im Krankenhaus reiche der Verein nicht nur auf der Palliativstation seine helfende Hand. "Auch auf anderen Stationen wird gestorben", sagt Agathe Meixner. "Man kann uns jederzeit verständigen, wir haben sogar eine Rufbereitschaft."

Einen ganz großen Teil des Engagements des Hospizvereins macht die Betreuung von Sterbenden und ihren Angehörigen in den eigenen vier Wänden aus. Es gebe aber immer wieder Vorbehalte gegen Besuche durch die Hospizbegleiter. Die würden sich aber in Luft auflösen, sobald der erste Kontakt geknüpft sei. "Eine Frau, deren Ehemann sterbenskrank war, hat mir gesagt, dass sie bereut hat, uns nicht schon eher geholt zu haben", erzählt Meixner. Auch als der Mann gestorben war, sei ein Hospizbegleiter noch einige Male gekommen - zum Reden.

Trauerbegleitung spielt eine wichtige Rolle in der Arbeit des Hospizvereins. "Manchmal brauchen uns die Angehörigen mehr als die Kranken", weiß Meixner. Deshalb gebe es neben der Trauerbegleitung in Einzelgesprächen auch eine geschlossene Trauergruppe, die sich an insgesamt zehn Abenden trifft. Darüber hinaus bietet der Hospizverein ein offenes Trauercafé, bei dem man sich nicht anmelden muss. "Das wird sehr gut angenommen", erklärt Meixner. Der Austausch ist für trauernde Menschen wichtig, denn sie empfinden sich mit ihren Gefühlen oft isoliert.

Die Hospizbegleiter werden auch in Pflegeheime gerufen, manchmal zu alten Menschen, die keine Angehörigen mehr haben. Denn das Pflegepersonal, weiß Meixner, habe gar keine Zeit, sich zu den Sterbenden an die Bettkante zu setzen.

Bei seinem Engagement ist dem Hospizverein "jeden Cent willkommen", erklärt Agathe Meixner. "Wir finanzieren uns nur über Spenden." Und die brauche man, um die Büroräume für vertrauliche Gespräche und die Organisation anzumieten und das Benzingeld für die Ehrenamtlichen, unentgeltlich arbeiten, zu bezahlen.