Hilpoltstein
Stammtisch im neuen Stadl

Museums- und Heimatverein erklärt, wie aus dem Roten Ochsen der Gasthof zur Post wurde

23.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:24 Uhr
Großbaustelle Post: Architekt Wolfgang Albert (Mitte), Post-Besitzer Michael Gutmann, Stadtpfarrer Franz-Josef Gerner, Gottfried Gruber und Christoph Raithel, Vorsitzender des Museums- und Heimatvereins (von links), besichtigen den Eingangsbereich des Gasthofs. −Foto: Regina Raithel

Hilpoltstein (HK) Mitte Oktober stand der monatliche Stammtisch des Museums- und Heimatvereins Hilpoltstein unter dem Titel "Die Geschichte des Gasthofs zur Post". Die große Zahl an Besuchern - rund 50 Vereinsmitglieder und Interessierte - war sicherlich auch dem Ort des Stammtischs geschuldet: Dem Stadl im Postanwesen, der einst als Fahrrad- und Lagerschuppen ein eher tristes Dasein fristete und nun zu einem Veranstaltungsraum umgestaltet wurde. Zum anderen versprach die Veranstaltung einen ersten Blick hinter die Kulissen und gab den Blick frei in die frisch sanierten Räume.

Christoph Raithel, Vorsitzender des Museums- und Heimatvereins, freute sich über die erste offizielle Veranstaltung im neuen Stadl. Bauherr Michael Gutmann merkte später an, dass man zwar bereits einige Spiele der Fußballweltmeisterschaft hier, sozusagen im Rohbau gezeigt habe, "aber daran erinnern wir uns nicht so gerne zurück". Jetzt stehen die Sanierungsarbeiten kurz vor dem Abschluss.

Raithel betonte, dass es für den Verein wichtig sei, die "große" Geschichte, die man in Geschichtsbüchern nachlesen könne, auf die lokale Ebene herunter zu brechen. Mit seinen Veranstaltungen versuche der Verein stets Bezug zum Ort herzustellen. Er könne sich gut vorstellen, dass auch weitere Vereinsstammtische im Poststadl stattfinden, da sie hier auch ihrem Namen "Stammtisch" gerecht würden. Pächter Mike Miemczyk sorgte mit seinem Team für den passenden Rahmen.

Gottfried Gruber, der als Heimatkundler und ehemaliger Gästeführer die Geschichte der Hilpoltsteiner Gasthäuser und Brauereien wohl kennt, wie kein zweiter, gab einen Abriss über die wechselvolle Geschichte der Besitzer, die bis ins 15. Jahrhundert zurück belegt sind. Im Mittelalter, damals hieß der Gasthof noch "Taverne zum roten Ochsen", finanzierte die Getränkesteuer rund 70 bis 75 Prozent des städtischen Haushalts.

Wirte zählten daher zu einflussreichen und wichtigen Persönlichkeiten der Stadt, deren Spuren teils noch heute zu finden sind. So hatte Georg Heckel zu Beginn des 17. Jahrhunderts das Privileg, Hofbrauer des Pfalzgrafen Johann Friedrich zu sein. Sein Sohn Christoph Heckel war später Bürgermeister und ließ den Ochsenwirtskeller unterhalb der Marquardsholzer Höhe errichten. Die Linie der Familie Heckel endete zu Beginn des 18. Jahrhunderts.

Es folgte die Familie Gern-groß. Unter Christian Gerngroß wurde der Ochsenwirtskeller erweitert. Aus Dankbarkeit für den unfallfreien Bau stiftete er die Ochsenwirtskapelle im heutigen Stadtpark. 1868 heiratete Karl Betz in den Gasthof zum roten Ochsen ein. Durch seine Tätigkeit als Posthalter zu Hilpoltstein erhält der Gasthof seinen neuen Namen "Zur Post". 1918 verkaufte dessen Sohn Gottfried Betz das Anwesen an Michael Wechsler sen. Sein Sohn, vielen Hilpoltsteinern noch als "Post-Michl" bekannt, führte den Gasthof, bis er am 18. Dezember 1984 zu Hause in seinem Bett von Einbrechern erschlagen wurde.

In den darauffolgenden Jahren verpachtete die Stadt, inzwischen neuer Besitzer, Gasthof und Hotel, bevor es 2014 an die Tittinger Brauerei Gutmann verkauft wurde.

Michael Gutmann berichtete den Zuhörern vom Sanierungskonzept, dem der Gedanke einer Zusammenlegung mit dem "Schwarzen Roß", das ebenfalls im Besitz der Brauerei ist, zugrunde liegt. Im ehemaligen Hof der Post wurde eine zentrale Küche in einem Neubau untergebracht, von dort aus werden künftig alle Gasträume bekocht. Die Gasträume im Erdgeschoss der Post - auch die bisherige Hofeinfahrt wurde zum Gastraum umgestaltet - werden rund 110 Gästen Platz bieten, dazu kommen 80 Plätze im Stadl, 35 im Kellergewölbe und 80 bis 100 im Biergarten. Das benachbarte "Schwarze Roß" bietet im Erdgeschoss und im Saal jeweils rund 60 Plätze, im Kellergewölbe 20 und im Innenhof nochmals 60 Plätze.

Eine zentrale Theke zwischen den Gasträumen der Post und der neuen Küche soll erster Anlaufpunkt für Gäste sein, eine weitere Schänke im Außenbereich dient im Sommer den Plätzen im Freien und im Stadl.

Ein zentraler Aufzug verbindet am Schnittpunkt zwischen den beiden Anwesen alle Etagen, die unterschiedlichen Höhen im Gebäude werden mit Treppenliften ausgestattet und minimieren die Barrieren auf ein Minimum. Den Gästen der Gastwirtschaft steht in Zukunft der Eingang der Post zur Verfügung, über den Eingang des "Schwarzen Roß" gelangen Hotelgäste in den Rezeptionsbereich mit kleiner Lobby.

Insgesamt werden Post und Roß 22 Zimmer mit 37 Betten anbieten. Die neugestalteten, aber noch unmöblierten Zimmer konnten die Besucher des Vereinsstammtischs anschließend in Augenschein nehmen. Besonders begeisterte die helle Gestaltung der Zimmer mit hochwertigen Materialien - Eichenboden im Schlafbereich, Juramarmor in den Bädern. Bei den Zimmern im zweiten Obergeschoss wurden die hölzernen Balken, Sparren und Streben aufwendig in Szene gesetzt.

Der Nürnberger Architekt Wolfgang Albert berichtete von den Herausforderungen, ein historisches Objekt unter denkmalschützerischen Gesichtspunkten zu sanieren und gleichzeitig eine zeitgemäße Nutzung zu ermöglichen. Im Dezember sollen Gasthof und Hotel wieder öffnen.