Günzersreuth
Deutscher Meister seit elf Jahren in Folge

Andreas Bier aus Günzersreuth dominiert den Kegelsport für Menschen mit Behinderung Nominiert für Sportlerwahl

02.01.2018 | Stand 02.12.2020, 17:00 Uhr

Viele Menschen kennen Andreas Bier als Leiter des Pfortendiensts am Schwabacher Krankenhaus. Dass der Mann im Rollstuhl ein äußerst erfolgreicher Sportler ist, wissen wohl nur die wenigsten. - Foto: Schmitt

Günzersreuth (HK) Als Sportler mit Behinderung hat Andreas Bier in den vergangenen Jahren mehr deutsche Meisterschaften im Kegeln gesammelt als der FC Bayern München im Fußball. Jetzt ist der geborene Schwabacher aus Günzersreuth (Gemeinde Kammerstein) zum ersten Mal für die Wahl zum Sportler des Jahres im Landkreis Roth nominiert worden.

"Ich habe dem Sport viel zu verdanken", sagt Andreas Bier. Der 50-Jährige aus Günzersreuth meint damit aber nicht nur seine Erlebnisse, die ihm seine vielen Erfolge im Kegeln brachten. Er ist auch überzeugt, dass ihm der Sport das Leben gerettet hat.

"Ich habe Handball gespielt, bin geschwommen und war Mitglied verschiedener Schulmannschaften", blickt Andreas Bier auf die Zeit vor dem 29. Dezember 1983 zurück. Sein Körper war also überdurchschnitt-lich trainiert, bis ihn an diesem schicksalträchtigen Tag ein unvorsichtiger Autofahrer beim Linksabbiegen vom Motorroller holte. Die schweren Folgen dieses Unfalls: Doppelter Schädelbasisbruch, ein Loch im Kopf und drei Monate Koma. Seither ist er zu 100 Prozent schwerbehindert. "Ohne Sport wären die Lichter damals wahrscheinlich ausgegangen", ist er überzeugt. Seine sportliche Vielseitigkeit hat ihn für die schwere Zeit aber nicht nur körperlich gestählt. "Leute, die viel Sport machen, sind Kämpfer", sagt Andreas Bier.

Wegen einer Halbseitenlähmung rechts und einer versteiften Hüfte ist er seit dem Unfall zeitweise auf einen Rollstuhl angewiesen. "Ich kann nicht lange stehen und gehen." Für seinen Sport, das Kegeln, sei das aber gar nicht schlecht. "Denn ich bewege den Rolli ausschließlich mit Links und habe deshalb enorme Kraft im Arm", schildert Bier seine körperlichen Fähigkeiten.

Bei 100 Schub im Wettkampf landet so jede Kugel mit exaktem Schwung und konzentriert bis zum Schluss im Ziel. "Bei mir schlägt's immer richtig ein: die hundertste Kugel genauso wie die erste", beschreibt er seine große Konstanz im Wettkampf. Zwischen 400 und 500 Punkte sammelt er dabei. Seine Gegner lässt er meistens 50 Holz hinter sich.

Aktiver Kegler ist Andreas Bier seit 19 Jahren. Zunächst bei der Behinderten- und Versehrtensportgruppe in Schwabach. Seit etwa zehn Jahren bei der TSG Roth, die über eine eigene Abteilung für Menschen mit Behinderung verfügt. Dort trainiert Andreas Bier einmal pro Woche. "Immer 200 Schub", sagt er. Für mehr Training bietet ihm sein ausgefülltes Leben keine Zeit. Bier ist seit 20 Jahren verheiratet, kümmert sich ums eigene Haus und hat auch noch andere Hobbys, wie er sagt. Beruflich arbeitet er als Leiter des Pfortendiensts am Schwabacher Krankenhaus. Seit fast 30 Jahren ist er dort beschäftigt. Besonders stolz ist er auf seinen Sohn. "Er hat die sportliche Ader seines Vaters geerbt", sagt Bier. Der 16-Jährige ist seit zehn Jahren im Judo aktiv und spielt Fußball.

Der Vater dominiert den Kegelsport aus dem Rollstuhl heraus seit vielen Jahren auf allen Ebenen. "In der Regel werde ich jährlich Mittelfränkischer, Bayerischer und Deutscher Meister", sagt er. Nur vor drei Jahren ist dieses Triple einmal unterbrochen worden. "Da bin ich in Bayern nur Zweiter geworden." Bei der folgenden deutschen Meisterschaft konnte er dann aber wieder die Verhältnisse gerade rücken. Elf Mal in Folge hat er inzwischen den nationalen Titel nun gewonnen. Und er bleibt ehrgeizig wie eh und je. Kegeln will er, "solange es die Kräfte zulassen". Schließlich sei es auch ein guter Ausgleich zum Stress im Beruf.

Bei einer Sportler-des-Jahres-Wahl hat es Andreas Bier vor einigen Jahren schon mal fast ganz nach oben geschafft. In Schwabach landete er schon einmal auf dem zweiten Platz. Dabei ist der Modus allerdings völlig anders. Eine Nominierung gibt es in der Goldschlägerstadt nicht. Jetzt für die Sportlerwahl des Landkreises Roth überhaupt vorgeschlagen worden zu sein, findet Bier super. "Denn immerhin haben ja 99 Prozent der Sportlerinnen und Sportler im Landkreis Roth keine Behinderung." Als Mensch mit Behinderung dabei zu sein, das bedeute ihm schon sehr viel.