Greding
Gedenken an Tod war allgegenwärtig

Kunsthistorikerin erzählt beim Besuch im Gredinger Karner - St. Michael Patron für Friedhofskapelle

17.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:26 Uhr
Im Karner vor den Knochen von etwa 2500 Verstorbenen erzählt Melanie Luck von Claparède die Legende der drei jungen Edelleute, die unterwegs von drei Skeletten auf ihren Tod aufmerksam gemacht werden. −Foto: Schultheiß

Greding (evs) Etwa 20 heimatkundlich Interessierte hat Kreisheimatpflegerin Eva Schultheiß in der Basilika St. Martin in Greding zu einer Führung im Rahmen des heimatkundlichen Jahresthemas "Vom ewig Leben - Friedhöfe und Grabmäler" begrüßt.

Die Kunsthistorikerin Melanie Luck von Claparède hatte sich bereit erklärt, den Zusammenhang von Friedhof, Karner und der Kapelle St. Michael zu erläutern.

Einst ließen sich Geistliche und Adelige in der Kirche bestatten. Alle anderen wollten möglichst nah an der Kirche begraben werden, denn im Umkreis von 30 Metern sei die Erde noch geweiht, dachte man. Rund um das Gotteshaus wurden daher die Friedhöfe angelegt. Für die wachsenden Städte wurden die Friedhöfe zu klein, daher fanden die beim Öffnen der Gräber vorgefundenen Knochen in eigenen Beinhäusern ihre endgültige Ruhestätte.

In Greding funktionierte man wahrscheinlich das an die Stadtmauer angebaute Turmuntergeschoss der ersten Martinskirche zum Karner um, so die Kunsthistorikerin, die auch klassische Archäologie und Kirchengeschichte studiert hat. Durch diese Bestattung im Beinhaus wurde man der Ehrfurcht gegenüber der Verstorbenen gerecht. Die am Gitter vor den Gebeinen befestigte Inschrift "Was Ihr jetzt seid, das waren wir. Was wir jetzt sind - werdet Ihr" bezieht sich auf die im Mittelalter weit verbreitete Legende von drei eleganten Jünglingen, die zur Falkenjagd reiten, erfuhren die Besucher. Drei ihnen entgegenkommende Skelette machen die jungen Edelleute mit diesem Spruch auf die Vergänglichkeit ihres Lebens aufmerksam.

Im Mittelalter war den Leuten das "Memento mori", das Gedenken, dass man sterblich ist, wichtig, verstand man doch das Leben als Vorbereitung auf den Tod, sagte Luck von Claparède. Etwa 30 solcher Karner gibt es in Bayern, Knochen wie in Greding sind allerdings nur noch in wenigen erhalten. Von rund 2500 Personen seien die Gebeine hier aufgestapelt. Schlicht gestaltet mit einem Kreuzgratgewölbe mit Schlussstein ist der tiefer liegende Raum. Das Holzgitter wurde in jüngerer Zeit durch ein engmaschiges Metallgitter ergänzt, nachdem immer wieder Knochen entwendet worden waren, wussten ältere Gredinger. Auch erinnerte sich eine Frau, dass einst Schädel mit Namen und Daten versehen waren.

In katholischen Gegenden hielten sich Karner lange, erst mit der Aufklärung wurden sie im 18. Jahrhundert oft aufgelassen. Inzwischen waren auch die Friedhöfe hinaus vor die Stadt verlegt worden, wo es genügend Platz gab.

Zum Abschluss besuchte man noch die über dem Karner gelegene Totenkapelle St. Michael, die früher als Leichenhaus genutzt wurde, erzählten einige Gredinger. Die Referentin machte darauf aufmerksam, dass leider nicht mehr alle zwölf Weihekreuze an den Wänden erhalten sind. Der Patron, der heilige Michael, wurde zum einen mit einer Seelenwaage dargestellt, der bei der Auferstehung Gut und Böse abwägt und so den Weg ins Paradies freigibt oder in die Verdammnis weist. Aber er wurde auch als Seelenbegleiter vom Diesseits ins Jenseits angesehen. "Er ist daher der passende Patron für eine Friedhofskapelle", schloss sie die äußerst interessante Führung.