Eichstätt
Fast wie Zwillinge

Diözesanmuseum kürt Christus-Thomas-Gruppe von Landerzhofen zum Kunstwerk des Monats Mai

16.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:23 Uhr
Jesus und der zweifelnde Thomas als Sitzfiguren: Diese Gruppe hat die Diözese Eichstätt zum Kunstwerk des Monats bestimmt. Sie steht im mittelalterlichen Kirchenbau in Landerzhofen, einem Gotteshaus, das auch im Außenbereich mit Schätzen aufwarten kann. −Foto: Fotos: pde, Luff (2).

Eichstätt/Landerzhofen (pde) Die Filialkirche St. Thomas in Landerzhofen mit einem Patrozinium, das im Bistum Eichstätt wenig verbreitet ist, birgt eine hochinteressante plastische Darstellung von Christus und dem "ungläubigen" Apostel Thomas. Der Fachbereich Kultur- und Denkmalpflege der Diözese Eichstätt stellt sie nun auf der Homepage des Diözesanmuseums als Kunstwerk des Monats Mai vor.

Die beiden Figuren von ungefähr gleicher Statur sitzen nebeneinander auf einer Bank. Die rechte Gestalt ist durch den Heiligenschein mit Kreuz schnell als Christus identifizierbar. Er richtet denn auch seinen Blick frontal auf den Betrachter. Er ist bekleidet mit einem langen Gewand und einem Umhang, der auf der linken Schulter liegt und die Beine bedeckt. Jesus Christus zieht vorsichtig mit der linken Hand die vom Lanzenstich herrührende Wunde an der rechten Brusthälfte auseinander. Der Stoff ist an der Stelle durchtrennt.

Christus legt seinen rechten Arm um die Schultern des Jüngers. Dessen Oberkörper ist leicht nach links, also zu Christus hingewandt. Thomas streckt zwei Finger der rechten Hand aus und führt sie an die Wunde Jesu. Die Gesichter sind fast identisch, was in der Bildersprache des Mittelalters als Verwandtschaft gilt. Sie sind von Strenge, Ernst und Hoheit gekennzeichnet. Die altersmäßige Charakterisierung ist bei beiden fast identisch. Ihre Gewänder sind in weichen Falten den Körperformen angepasst. Somit ist also erkennbar, dass diese Skulptur aus Holz mit vielfarbiger Fassung die bekannte Stelle vom "ungläubigen" Thomas aus dem Johannesevangelium erzählt.

Die hochgotische Skulptur wird in die Zeit um 1330 bis 1360 datiert. Zweiergruppen mit dem Apostel Thomas sind zwar in der Kunstgeschichte bekannt, doch bislang kennt man keine solche Gruppe als Sitzfiguren. Unweigerlich kommen dem Betrachter motivische Parallelen in den Sinn, nämlich die Christus-Johannes-Gruppen. Dieser ikonographische Typus, in dem sich die brüderliche Liebe Christi zu dem Jünger Johannes ausdrückt, ist im 13. Jahrhundert in Frauenklöstern sehr beliebt.

Wie Elke Reese in der vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege herausgegebenen Zeitschrift "Denkmalpflege Informationen" jüngst ermittelt hat, gibt es zwei verwandte Christus-Johannes-Darstellungen aus Sulzdorf und Hüttlingen bei Aalen, die sich heute im Diözesanmuseum Rottenburg befinden und die aus stilistischen Gründen in einen Werkstattzusammenhang gehören. Die Wurzeln dieses Typus liegen im Bodensee-Gebiet. Für Emanuel Braun, den Leiter des Eichstätter Domschatz- und Diözesanmuseums wäre es sehr interessant zu wissen, woher und durch wen dieses hochrangige Kunstwerk nach Landerzhofen gelangt ist: "Die Skulptur dürfte ursprünglich im Altar aufgestellt gewesen sein. Vermutlich ist sie, als der Kirchenraum neu ausgestattet worden ist, an anderer Stelle aufbewahrt worden."

Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde sie wieder wertgeschätzt, was sich darin zeigt, dass es in dieser Zeit eine prächtige Farbfassung mit reichlich Blattgold erhielt. Diese Fassung könnte von dem Enkeringer Pfarrer Sebastian Mutzl konzipiert worden sein.

Landerzhofen lag bis 1802 auf dem Gebiet des Hochstifts Eichstätt. Wie es bei einem mittelalterlichen Bau zu erwarten ist, gibt es zur Geschichte der Landerzhofener Kirche nur wenige zuverlässige Daten. Da für das Jahr 1308 eine Kirchweihe überliefert ist, kann man davon ausgehen, dass der Bau im 13. Jahrhundert entstanden ist. Er gehört dem Typus der Chorturmkirche an, die sogar noch über eine wehrhafte Friedhofsbefestigung mit einem Torturm verfügt. Nachdem das Obergeschoss des Turmes durch einen Blitzschlag zerstört worden war, führte 1681 der Hofbaumeister Jakob Engel die Reparatur aus. 1707/08 wurde die Sakristei als Anbau errichtet und das Langhaus unter der Leitung des Baumeisters Johann Baptist Camesino erweitert. 1790 wurde der Raum mit einer Putzdecke versehen.