Eysölden
Erste bayerische Philosophin mit Doktortitel

Lebenserinnerungen von Dr. Dr. Bertha Kipfmüller als Buch erschienen – Lehrerin in Eysölden

28.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:05 Uhr

Eine Biografie der Frauenrechtlerin Bertha Kipfmüller ist jetzt erschienen - Foto: Prommersberger

Eysölden (HK) „Nimmer sich beugen“ war der Lebensleitsatz für Dr. Dr. Bertha Kipfmüller (1861 bis 1948). Dies ist nun auch der Titel ihrer Biographie, die 65 Jahre nach ihrem Tod erschienen ist. Es sind die Lebenserinnerungen einer kleinen Person mit kräftiger Stimme und eisernem Willen, die als Lehrerin zur Frauenrechtlerin und Wegbereiterin des Frauenstudiums wurde. Frauenemanzipation und soziale Gerechtigkeit waren der rote Faden durch ihr Leben. Außerdem war die „Rote Pappenheimerin“ wie sie auch genannt wurde, Pazifistin, Privatgelehrte, Sprachgenie und bekennende Protestantin. Im Jahr 1899 war sie die erste Frau Bayerns, die zur Dr. phil. promovierte. Nach ihrer Pensionierung im Alter von 68 Jahren promovierte sie 1929 erneut, nun zur Dr. jur. beider Rechte (beinhaltete Kirchenrecht), mit ihrer Arbeit „Die Frau im Rechte der Freien Reichsstadt Nürnberg“.

Ihre Lebenserinnerungen hat diese bis ins hohe Alter körperlich und vor allem geistig bewegliche Frau während des Zweiten Weltkriegs mit über 80 Jahren in Tagebüchern niedergeschrieben. Eigentlich wollte sie diesen Lebensrückblick noch zu ihrer Lebenszeit veröffentlichen, wozu es allerdings nicht mehr kam. In der Handschriftenabteilung der Katholischen Universität Eichstätt werden diese Bücher aufbewahrt. Die Übertragung der Tagebücher, die teilweise in Gabelsberger-Kurzschrift verfasst sind, hat in jahrelanger Arbeit ein weitläufiger Verwandter, Hans-Peter Kipfmüller in Karlsruhe, geleistet. Das Buch ist nun innerhalb der Reihe Lehrerinnenbiographien mit Unterstützung der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, Professur für Neuere und Neueste Geschichte, unter der Leitung von Professorin Sabine Liebig, erschienen. Zudem sind Bertha Kipfmüllers Werke in der Deutschen Nationalbibliographie im Internet unter http:'dnb.ddb.de verzeichnet, und bei Wikipedia gibt es eine Seite zu ihrer Person.

In 25 Kapiteln erzählt Bertha Kipfmüller ihr Leben. Vor allem der jüngeren Lehrerinnen-Generation, denen heute der Weg zur Bildung selbstverständlich ist, sollte dieses Buch Lektüre sein. Bertha beginnt mit ihrer Kindheit in Pappenheim im Altmühltal, und dort schließt sich auch ihr Lebenskreis. Aufgewachsen ist sie mit vielen Geschwistern im bürgerlichen Goldschmiede-Haushalt der Eltern – und hatte keinerlei Scheu vor der gräflichen Familie von Pappenheim als Nachbarn und Spielgefährten. Es folgten die Schulzeit und die Ausbildung am Münchener Lehrerinnen-Seminar.

Ein ganzes Kapitel ist auch ihrer ersten Schulstelle als Aushilfslehrerin im damaligen Markt Eysölden gewidmet. Dieser Ort, den sie auch liebevoll „Waldheim“ nennt, hatte es Bertha angetan. Für sie ist er „der schönste Ort der ganzen Welt, es gibt keinen, an dem man so glücklich sein kann wie an diesem“. Zehn Prozent der Erinnerungen sind somit diesem Ort im Land um Stauf, ihren Schülern, ihrer einzigen großen Liebe sowie den Bewohnern aus den Orten des Schulsprengels gewidmet.

Die Zeit als Lehrerin im Kloster Heilsbronn bei Ansbach und die Gründung des „Mittelfränkischen Lehrerinnenvereins“ sind die nächsten beiden Kapitel. Die Stelle in Schoppershof – heute ein Ortsteil von Nürnberg – und ihr großes Engagement in der Frauenbewegung folgen. Der Entschluss zum Studium und der steinige Weg dorthin ist ein großes Kapitel. Dieses Studium hatte sie sich im wahrsten Sinne des Wortes vom Munde abgespart. Der Studienbeginn in Heidelberg mit seinen Semestern, samt Abschluss, nimmt somit in ihrem Leben viel Platz ein. Dann erfährt der Leser von ihrer Rückkehr in den Schuldienst, von den anstrengenden Schuljahren. Bertha schildert die Konflikte mit der Obrigkeit wegen ihres Engagements in der Frauenbewegung. Ihre aktive Schulzeit ging zu Ende und brachte ihr ehrenvolle Tage sowie die unruhigen Zeiten der Pension. Diese verbrachte sie dann bis zu ihrem Tod wieder in Pappenheim. Ihr immerwährender Wissensdurst ließ ihr keine Ruhe. Bis zuletzt lernte sie und trat für Gleichberechtigung und Bildung des weiblichen Geschlechts ein.

Im Buchhandel erhältlich: „Nimmer sich beugen“, Mattes Verlag, Heidelberg, www.mattes.de, ISBN-Nr. 978-3-86809-066-6, 2013, Taschenbuch kartoniert, 462 Seiten, 20 Euro.