Thalmässing
Projekt macht Häuser und Herzen warm

Oberdorfer Heizwerk offiziell eingeweiht - Viel Lob für Gemeinschaftssinn

04.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:51 Uhr


Thalmässing (HK) Nicht nur ein Plus für Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit stehen unter der Gleichung, sondern auch ein ganz dickes Plus für mehr Zusammenhalt und herausragenden Gemeinschaftssinn: Am Samstag hat die Oberdorfer Heizwerk UG &Co. KG ihr gemeinsames Projekt, ein Nahwärmenetz für 15 Anwesen, eingeweiht und der Öffentlichkeit vorgestellt. Kein Wunder, dass Geschäftsführer Friedrich Moßner das Ergebnis in einem der Freiwilligen Feuerwehr entliehenen Spruch zusammenfasste: "Einer für alle, alle für einen."

Der rote Teppich, den die Beteiligten am Samstag ausgerollt hatten, zeigte deutlich den Stolz auf das gelungene Projekt. "Und ihr dürft auch stolz sein", unterstrich Landrat Herbert Eckstein, als Geschäftsführer Friedrich Moßner das Nahwärmenetz vorstellte. "Mit diesem Projekt haben wir in Thalmässing Geschichte geschrieben", zeigte sich Moßner überzeugt. Stolz sind die Kommanditisten auch darauf, dass es ihnen gelungen ist, eine Anlage zu schaffen, die aus Kostengründen zuvor eigentlich schon ad acta gelegt worden war.

Dafür brauche es mutige Köpfe, die mit gesundem Menschenverstand agierten und nicht unbedingt jedem Gutachten glaubten, lobte der Landrat. Aber auch einen wie Friedrich Moßner, der alles zusammenführe. Die Oberdorfer hätten mit ihrem Projekt bewiesen, dass es weniger große Worte brauche als vielmehr Bürger, die anpacken und mit Verlässlichkeit und Verantwortung etwas vorantreiben. "Dieses Nahwärmenetz ist für die Umwelt gut, für die Leute, die Wälder und auch langfristig für den Geldbeutel", war sich der Landrat sicher.

Große Ausdauer, Mut und einen festen Willen bescheinigte auch Bürgermeister Georg Küttinger den Oberdorfern und stellvertretend für alle Friedrich Moßner heraus. Der habe viel Überzeugungsarbeit geleistet, damit aus der Idee einiger weniger ein großes gemeinsames Projekt geworden sei. Von der Gründungsversammlung bis zur Einweihung habe es gerade mal ein Jahr gedauert, "beeindruckend, wie schnell die Arbeiten vorangegangen sind".

Der Bau des Nahwärmenetzes sei ein gutes Beispiel dafür, wie Zusammenhalt und Gemeinschaft im ländlichen Raum aussehen könnten. Diese private Initiative sei ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Energieversorgung. Der Bürgermeister wünschte sich deshalb, dass dieses Projekt ein Vorbild für andere Gemeinschaften sei. Er wünschte sich aber auch, dass die Beteiligten wie in einer guten Ehe in guten wie in schlechten Zeiten zusammenhalten.

Als Friedrich Moßner einen Abriss der Entwicklung des Projektes von den ersten Ideen bis zur Umsetzung gab, spitzten Ursula und Wilhelm Schlatterer besonders gut die Ohren. Das Ehepaar war aus der Nähe von Stuttgart extra nach Thalmässing gefahren, um sich das gelungene Projekt anzusehen. In seinem Dorf soll Ähnliches entstehen, im Moment für fünf Anwesen. "Manche heizen noch mit Nachtspeicheröfen." Sie hoffen, dass auch in ihrem Dorf ein kleines Nahwärmenetz mit so viel Gemeinschaftssinn verwirklicht werden kann.

Friedrich Moßner blendete auf den September 2014 zurück, als sein Neffe Thomas Kummerer erstmals vom Bau einer Hackschnitzelanlage gesprochen hatte. Schnell wollten sich vier Anwesen anschließen, weitere zeigten Interesse. Moßner begann mit Klinkenputzen, warb in jedem Haus für das Vorhaben, auch im Bereich des Mühlbachs wollten Hausbesitzer mitmachen. Im Februar 2015 wurde das Projekt im Rathaus vorgestellt, nach einer passenden Gesellschaftsform gesucht. Plötzlich war davon die Rede, weitere Anwesen und kommunale Liegenschaften wie Krippe, Schule oder die künftige Sporthalle anzuschließen.

Die Kommune gab ein Gutachten in Auftrag, bei dem eine große Lösung, aber auch kleinere Varianten geprüft wurden. "Und bei der Vorstellung des Gutachtens im Februar 2017 sind alle aus allen Wolken gefallen", erinnerte Moßner an diesen Tiefpunkt. Allein für die Anwesen in der Ohlangener Straße hatte der Gutachter, der für ein öffentliches Projekt andere Kosten ansetzen muss als es für private möglich ist, Kosten von 700000 Euro errechnet. "Für fast alle war das Projekt damit gestorben, nur nicht für Helmut Müller." Der schlug vor, das Nahwärmenetz in der Ohlangener Straße und der Brunnengasse alleine zu stemmen. "Damit ging die Arbeit richtig los", sagte Friedrich Moßner. Es wurde neu geplant, hin- und hergerechnet. Dass alle damals 14 Anschlussnehmer bereit waren, die volle Einlage zu investieren, sorgte für ein gutes Polster. "Mir war manchmal nicht ganz wohl", räumte Moßner ein. "Doch man muss manchmal auch ein Risiko eingehen und an die Sache glauben."

Helmut Müller stellte seine Maschinenhalle für eine geringe Pacht zur Verfügung und baute das Hackschnitzellager auf eigene Kosten um. "Ohne ihn würde die Anlage heute nicht stehen." Im Frühjahr 2018 ging es los. Ab Mai waren Arbeitseinsätze gefragt, abends und an den Samstagen. "Ich habe bewusst keine Stunden aufgeschrieben", sagte Moßner. Aber 2000 Stunden seien es bestimmt gewesen, die geleistet wurden. Jeder habe das geleistet, was er konnte. Wer weniger Zeit hatte, hat Brotzeiten gebracht oder finanziell unterstützt. "So einen Zusammenhalt habe ich noch nie erlebt. Das Projekt hat uns richtig zusammengeschweißt." Moßner verschwieg aber auch nicht, dass es Rückschläge gegeben habe, das Landratsamt habe einmal den Bau eingestellt, Leitungen wurden abgerissen, einige Hausanschlüsse waren sehr schwierig und einige Helfer wurden durch Krankheiten ausgebremst.

Jetzt sei das Werk fertig, die Heizung laufe. Und der Erfolg gebe ihnen recht: Zehn Kilowattstunden, die etwa einem Liter Heizöl entsprächen, könnten sie für 40 Cent anbieten, weit weniger als die Hälfte des derzeitigen Ölpreises. Das Holz stamme aus eigenen Wäldern. Pro Jahr spare man mit der Hackschnitzelanlage 53000 Liter Heizöl und 160000 Kilogramm Kohlendioxid. Dank der hohen Eigenbeteiligung konnte das Projekt für knapp die Hälfte der berechneten 700000 Euro realisiert werden.

Helmut Müller erinnert sich noch gut an die Tage nach der Bekanntgabe des Gutachtens, den absoluten Tiefpunkt, das Wiederaufrappeln, an die Suche nach einem Standort und das erneute Werben um Anschließer. Um der Oberdorfer Kerwagesellschaft Platz für eine Toilettenanlage zu geben, wurde das Heizhaus noch einmal umgeplant. "Ich habe ein warmes Haus und die Mitglieder sind zufrieden. Was wollen wir mehr", schloss er sichtlich zufrieden.

Lang war die Liste der Helfer, die Friedrich Moßner aufzählte. Jeder hat sich mit anderen Fähigkeiten und Möglichkeiten eingebracht. Moßner nutzte die Gunst der Stunde und nannte Bürgermeister Georg Küttinger einen Geburtstagswunsch: Für die Befestigung des Heizwerkvorplatzes, zum größten Teil öffentlicher Grund, hätten die Oberdorf gerne das Material umsonst. Die Arbeit, wie könnte es anders sein, machen sie selbst.

Der Tag der offenen Tür lockte am Nachmittag viele Neugierige an, die sich Heizwerk und Hackschnitzellager erklären ließen und auch eine fertige Heizanlage in einem Haus besichtigten. Sie probierten auch gerne die "Kunst am Bau" aus, die ganz nebenher entstanden ist. Aus restlichen Leitungsrohren wurde eine Bank gebaut, für die Landrat Herbert Eckstein auch gleich eine besondere Verwendung erfand: Hier sollten künftig Junggesellen warten, ob nicht eine Frau vorbeikommt.

Andrea Karch