Wendelstein
Ein unschlagbares Gespann

Stefan Leonhardsberger und Stephan Zinner bewegen sich bei ihrer Lesung in der Jegelscheune geschmeidig zwischen Schenkelklopfer und Feinsinn

22.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:47 Uhr
Mit der Lesung "Kaffee & Bier" begeistern Stefan Leonhardsberger (l.) und Stephan Zinner in Wendelstein. −Foto: Unterburger

Wendelstein (ub) Nein, es waren nicht Plisch und Plum und auch nicht Erkan und Stefan in der Jegelscheune, sondern Stefan und Stephan.

Der eine, Stefan Leonhardsberger, ist Österreicher, der andere, Stephan Zinner, ein kerniger Oberbayer aus dem Chiemgau. Ihre Gemeinsamkeit: Sie sind beide Schauspieler und Kabarettisten. Man kenne sich noch nicht so lange, berichtete Stephan Zinner, aber irgendwann habe man sich gefunden und trete jetzt gemeinsam auf.

Die Jegelscheune war gerappelt voll, um den beiden zu lauschen. "Kaffee & Bier" nannten sie ihre Lesung. Leonhardberger übernahm den Part des Kaffees, auch wenn er nach eigenem Bekunden keinen Kaffee mag, und Zinner fühlte sich für das Bier zuständig, auch wenn er selbst kein Bier trinkt. Jeder der beiden Kabarettisten stellte Kostproben aus seinem Land vor. Durch die Bank waren dies schräge, absurde und höchst abgefahrene Texte und Gedichte, Schenkelklopfer, aber auch feinsinnige Geschichten, die vor Spott und Ironie trieften.

Ab und zu griff Stephan Zinner zur Gitarre und trug Songs wie bei "Einfach nur sitzen, bis der Morgen kommt" vor. Zwischendurch lernten die Zuhörerinnen und Zuhörer, dass ein "Fandl" in Österreich ein mittelschwerer Rausch, ein "Fetzen" ein schwerer Rausch, ein "Dippl" oder "Schweigerl" ein leichter Rausch ist und wenn man "zuaglöscht" ist, hat man einen "Duljöh".

So beschrieb der Österreicher Alfred Polga (1873-1955) in seiner Geschichte "Der verlogene Heurige" einen dicken Mann, der - stockbesoffen - in der Gaststätte unermüdlich säuft und auch nicht damit aufhören will, als der Wirt will, dass er heimgeht. Erst als die Polizei ihn abführt, ist sein großer Auftritt zu Ende.

Nach dem witzigen Kurzgedicht "So und so" von Wilhelm Busch kam eine Geschichte über zwei Moslems zum Vortrag, die in München einen betrunkenen Bayern treffen. Sie fragen ihn, warum er so viel trinkt und weisen darauf hin, dass der Prophet Mohammed das Trinken verboten hat. Diese Frage hat schreckliche Folgen für die beiden, sie werden als "lutherische Stiere" erschlagen. Der Text erschien am 11. Februar 1907 im "Simplizissimus". Ein erschreckendes Beispiel, wohin Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz führen können. Zum Thema Tod steuerte Stephan Zinner die Betrachtungen "Im Jenseits" von Karl Valentin bei, der mal gesagt hatte: "Wenn der Mensch gestorben ist, dann ist er tot. " Aber wohin fliegen die Seelen? In den Himmel oder in die Hölle? Und können Seelen altern? Nur auf eine Frage hatte Karl Valentin eine schlüssige Antwort: "Adam kam ohne Kontrolle ins Jenseits, weil es da den Petrus noch gar nicht gegeben hat. "

"Wir wollten eigentlich ein erfolgreiches Schlagerduo gründen", witzelte der impulsive Stephan Zinner, "doch daraus wurde nix. " Macht auch nichts, denn als kabarettistische Vorleser sind die beiden ein unschlagbares Gespann.

Man zitierte den großen österreichischen Kabarettisten Helmut Qualtinger (1928-1986) und erzählte einen Schwank aus seinem Leben, als er in einem falschen Lokal auftrat, was ihn aber nicht sonderlich aufregte.

Gedichte von dem zeitgenössischen Kabarettisten, Autor und Kolumnisten Fritz Eckenga, witzige Aphorismen von Bismarck, Mario Basler, dem Bundestrainer, Gerhard Polt, Peter Altenberg, Joachim Ringelnatz und Frank Wedekind sorgten für viel Gelächter. Ein harter Kontrast dazu war der ernste Song vom "Marsch für uns zwoa alte Leit heit Nacht" von Stephan Zinner. Höhepunkt des Abends war die absurde Geschichte "Das Polizeipferd", in der das unglaubliche Schicksal eines Pferdes auf die Schippe genommen wird.

Als Rausschmeißer gab es das Abschlussgedicht "Dichterlesung im Mai" von Franz Ringseis (1919-1999) alias Anton Neuhäusler, seines Zeichens Professor der Philosophie der Universiät München, der viele Mundartgedichte geschrieben hat.