Greding
Ein Obermullah als Papst ist zu viel

Willi Weglehner stellt neues Buch "Die Geschäftsstelle" vor - Miller the Killer am Keyboard

16.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:43 Uhr
  −Foto: Fotos: Karch

Greding (HK) Es war ein Abend für Freunde. Für Freunde der satirischen Schreibe, für Freunde der guten Musik und für Freunde von Willi Weglehner. Der Thalmässinger Schriftsteller hat am Samstag im Gredinger Rathausfoyer sein neues Buch "Die Geschäftsstelle" vorgestellt.

Ordentlich beflaggt mit der Europa- und der Deutschlandfahne präsentiert sich das Rednerpult. Nur der Mann im schwarzen T-Shirt passt nicht ganz ins Bild. Denn dieses Shirt schmückt das Foto eines Zeitung lesenden Affens. Todernst antwortet Willi Weglehner auf die Frage, was es denn mit diesem Bild auf sich habe: "Das ist Nathan der Weise. Den habe ich vor 30 Jahren eingeschult und jetzt ist er Chefdiplomat im Serengeti-Nationalpark." Er sagt das so voller Überzeugung, dass die Zuhörer wirklich ins Grübeln kommen.

Und mit genau dieser Überzeugungskraft gehen die vier Protagonisten in Weglehners Buch "Die Geschäftsstelle" vor. Wer überzeugend argumentiert, der erstickt Nachfragen im Keim. Der Schriftsteller erzählt in seinem Buch von vier Beamten, die vom Staat in den Ruhestand geschickt werden - wo sie aber auf keinen Fall hinwollen. Deshalb wird aus der Verabschiedung eine "Verabschiebung": Sie landen in einem Büro in Frankfurt am Main, ohne Aufgabe, ohne Zuständigkeit. Eine "Reise ohne Wiederkehr". Nicht lange verharren Schliemann, Kranzler, Magnussen und Ungnadner in ihrer Schockstarre. "Es gibt uns nicht und es gibt keine Geschäftsstelle", haben sie festgestellt. Da aber gleichzeitig die Rechnungen, die sie weiterschicken, beispielsweise für die tägliche Lieferung von fränkischem Schweinebraten aus der Rhön, anstandslos beglichen werden, reift eine neue Erkenntnis heran: Sie haben Narrenfreiheit.

Und die nutzen sie weidlich aus, krallen sich den Etat der Branntweinmonopolstelle, erweitern ihn durch geschickte Transaktionen auf jährlich 120 Millionen Mark und legen los. Je aberwitziger und teurer ihre Projekte sind, desto schneller werden sie genehmigt und umso mehr fließt das Geld. Ob ein Uwe-Barschel-Damm nach Sylt, ob öffentliche Bedürfnisanstalten auf Plattformen in jeder deutschen Großstadt oder ein Ballonflughafen in Thüringen - verwirklicht werden die Projekte nicht, aber das dafür bereitgestellte Geld bleibt auf dem Konto der absolut geheimen Geschäftsstelle. Die wird sogar international und steigt ins Waffengeschäft ein. Sogar die Einführung des Euro geht auf das Konto der Geschäftsstelle IV/01-09. Geschickt spielen die vier Herren mit den Eitelkeiten ihrer Geschäftspartner und mit dem Hierarchiedenken und der Obrigkeitshörigkeit in den Beamtenstuben.

Das Genick bricht ihnen schließlich der Gedanke, den Obermullah von Asien zum Papst machen zu wollen, um damit den Weltfrieden zu retten. Ob dieses Frevels fordert der katholische Ungnadner Inquisition und den Scheiterhaufen für seine Kollegen und verkündet: "Der nächste Papst wird ein Bayer sein." Als Weglehner dann - wie zuvor schon in die Gestalten der vier Beamten - in die des Papstes schlüpft und ihn zu Wort kommen lässt, können sich die Zuschauer kaum halten vor Lachen. Ob der niederbayerische Ungnadner oder Magnussen aus Berlin - Weglehner macht die von ihm geschaffenen Figuren lebendig.

Kongenial unterstützt wird der Thalmässinger Schriftsteller von Miller the Killer am Keyboard, im richtigen Leben Walter Molitor aus Nürnberg, der einst mit Weglehner beim Windsbacher Knabenchor gesungen hat. Dessen langjährige Erfahrung als Stummfilm- und Barpianist ist bei seinem Auftritt nicht zu überhören. Literarisch und musikalisch werfen die beiden sich die Bälle zu und denken darüber nach, dass sie sich "mit so 'ner Musik in Windsbach sehr unbliebt" gemacht hätten. Viel zu sehr gejazzt habe Miller the Killer, sagt Weglehner und grinst. Er kann aber am Schluss doch nicht widerstehen und greift selbst zum Mikrofon, nicht, um zu lesen, sondern um zu singen. Da kommt der "alte" Willi Weglehner zurück, der einst einen eigenen Musikverlag hatte.

Trotzdem wird man Willi Weglehner nicht als Musiker, sondern als Literaten erleben. 36 Bücher habe er schon geschrieben, erzählt er seinem Publikum, 12 davon seien bereits veröffentlicht. Und ein Ende sei noch nicht in Sicht, denn die Verträge mit seinem Verlag über die nächsten zwei Bücher seien bereits im Kasten. "Wir werden uns hier wiedersehen", verspricht er seinen Zuhörern.

Das freut nicht nur Michael Pfeiffer, der als Geschäftsleiter der "Geschäftsstelle Rathaus" auf die Bühne tritt. Die Lesung habe ihm viele neue Ideen beschert, die er jetzt umsetzen werde, verrät er. Zögert aber dann doch: "Schau mer mal, wie lange es uns dann noch gibt." Er will die Entscheidungsbefugnis dann doch lieber beim Stadtrat lassen. Trotzdem: "Dir zuzuhören war ein kleiner Traum." Und Bettina Kempf vom Kulturamt, die Weglehners Auftritt organisiert hat, freut sich schon auf die Buchvorstellung 2019.

Andrea Karch