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Den Brexit gut verkraftet

Logistikunternehmen Heinloth liefert monatlich bis zu 800 Lkw-Ladungen nach Großbritannien

05.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:13 Uhr
Vom Hof des Logistikunternehmen Heinloth in Roth fahren jeden Monat hunderte Sattelzüge in Richtung Großbritannien. −Foto: Heinloth

Roth/Heideck - Täglich rollen dutzende Lastwagen über das Gelände der Firma Heinloth in Roth. Bei der Spedition herrscht reger Betrieb, von Entschleunigung im Lockdown ist im Logistikbereich wenig zu spüren.

 

Der Weg der Brummis führt aus dem beschaulichen Franken regelmäßig nach Norden - rund 180 bis 200 Fahrten pro Woche starten mit dem weit entfernten Ziel Großbritannien. Lieferungen auf die britischen Inseln sind für die Firma Heinloth seit langem Alltagsgeschäft. Seit dem Brexit zum 1. Januar diesen Jahres, wurden diese Standardtouren für den Logistiker jedoch etwas aufwendiger.

"Der administrative Aufwand rund um den Transport - also von der Disposition über die Abfertigung bis hin zur Ein- und Ausfuhranmeldung - sowie die dafür notwendige Kommunikation ist seit dem 1. Januar 2021 deutlich gestiegen", sagt Markus Maier, Verkaufsleiter der Firma Heinloth. Dieser Mehraufwand konnte auch nur durch zusätzliches Personal bewältigt werden. Trotz des Mehraufwands hinter den Kulissen hat sich die Warenmenge von und nach Großbritannien kaum geändert, berichtet Maier. "Aktuell fertigen wir pro Woche circa 390 Sendungen, von der kleinsten Teilladung bis hin zur Komplettladung, nach Großbritannien ab. In den Monaten November und Dezember 2020 hatten wir sogar eine überdurchschnittliche Nachfrage, weil vor dem Brexit noch viele Lagerbestände nach oben gefahren wurden." Nach dem Hoch zum Ende des vergangenen Jahres war ein Tief zum Start in 2021 erwartet worden. "Aktuell ist unsere Auslastung aber gut", so Maier.

Von den langen Warteschlangen auf der Eurotunnel-Route zwischen Frankreich und England blieben die Trucker von Heinloth ebenfalls verschont. So hatte man auch im Superstau am Eurotunnel vor Weihnachten keine Lastwagen stehen. Um diese Fälle generell zu vermeiden, hat man laut Maier vorgesorgt: "Wir haben bereits Anfang 2020 vorausschauend agiert und bis zur Mitte des Jahres sämtliche Verkehre nach Großbritannien auf ,unbegleitete Verkehre' umgestellt." Bei dieser Methode werden die Sattelauflieger im Hafen von Rotterdam abgegeben und von dort an Zielhäfen an der britischen Ostküste verschifft. Während die Auflieger per Schiff auf die Insel kommen, fährt der Lastwagenfahrer mit seiner Zugmaschine und einem neuen Auflieger, der aus Großbritannien nach Rotterdam kam, wieder zurück. "Ist die Ware in den britischen Zielhäfen angekommen, übernehmen die Kollegen von unserem britischen Ableger Heinloth UK Ltd die Einfuhr- und Verzollungsmodalitäten und den Transport zum Endkunden. Gleiches übernehmen wir in der Gegenrichtung für Ware aus Großbritannien", erklärt Maier.

Diese Methode funktioniere sehr gut, merkt der Heinloth Mitarbeiter an. Da die Firma ausschließlich Industriegüter befördere und keine lebenden Tiere oder verderbliche Ware, die besonderen Einfuhrvorschriften unterliegt, ist man bislang auch von Komplikationen durch neue Vorschriften und Genehmigungen verschont geblieben. Die Ware ist seit dem Brexit allerdings länger unterwegs. "Generell müssen wir seit dem 1. Januar für Ladungen mindestens einen Tag mehr Laufzeit nach Großbritannien rechnen", sagt Maier. Probleme gab es deshalb noch keine. Wie in fast allen Lebenslagen sei eine offene Kommunikation wichtig. "Wir haben unsere Kunden rechtzeitig informiert und sie kennen und verstehen die Gründe dafür natürlich auch. So konnten sie sich rechtzeitig darauf einstellen."

Zu finanziellen Einbußen führte der Brexit für Heinloth nicht. Die Personalkosten seien durch den gestiegenen administrativen Aufwand nach oben gegangen, sagt Maier, Aufträge oder Kunden seien aber nicht weggebrochen. "Im Hinblick auf die gestiegenen Kosten haben wir mit nahezu allen Kunden mit Wirkung zum 1. Januar 2021 neue Frachtvereinbarungen für Großbritannien getroffen." Die höheren Kosten müssten auch im Frachtgewerbe an die Kunden weitergegeben werden.

Das von vielen befürchtete Brexit-Chaos blieb zumindest bei der Spedition Heinloth aus. Für ein Unternehmen mit engen Kontakten und vielen Kunden in Großbritannien war eine rechtzeitige Vorbereitung auch dringend notwendig. Diese Arbeit scheint sich auszuzahlen, meint Markus Maier. Er blickt optimistisch in die Zukunft: "Einige Mitbewerber haben ihren Großbritannienverkehr eingestellt, was für uns mittelfristig sogar eine Ausweitung des Warentransports bedeuten könnte." Nach Jahren der Ungewissheit könnte das Geschäft von Spediteuren, die sich an die Änderungen angepasst haben, letzten Endes besser laufen als je zuvor.

HK

 

Andreas Renner