Alfershausen
Ein "Strohmann" und spendable Autofahrer

In Alfershausen tobt der "Kerwabär" durch den Ort - Nur freche Kinder werden erschreckt

11.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:02 Uhr
Sicherer ist es auf dem Arm: Der Kerwabär erschreckt den Dorfnachwuchs. −Foto: Leykamm

Alfershausen (HK) Seit Jahrzehnten erlebt die Alfershausener Kirchweih an ihrem letzten Tag einen "gruseligen" Höhepunkt: Dann treibt der "Kerwabär" sein Unwesen, erschreckt Buben und Mädchen mit seiner wilden Maske und der Verkleidung aus Stroh. Und die Autofahrer dürfen mit einer kleinen Spende das Treiben auch noch finanzieren.

Erst aber gilt es, den zum Strohmonster auserkorenen "Kerwabuam" in ein solches zu verwandeln. Hier ist die Landjugend gefragt. Ihre Mitglieder erklimmen den Ladewagen eines Traktors, der sie so flott zum Kolbenhof zieht. Hier wartet schon Juniorchef Dominik Wagner mit zwei Ladungen Stroh. Es braucht gleich mehrere Kubikmeter, um einen neuen Mitstreiter aus den eigenen Reihen in einen "Strohmann" zu verwandeln.

Etwa ein gutes Dutzend der jungen Damen und Herren, die tags zuvor noch fesch gewandet um den Kirchweihbaum tanzten, haben nun ihre liebe Mühe, den "Bär" entsprechend "einzukleiden". Nun in legerer Kleidung, denn dass man bei dieser Tätigkeit nicht selbst voller Stroh wird, ist ausgeschlossen. Kurzzeitig entbrennen auch kleine Strohschlachten, dann heißt es wieder mit lautem "Hau ruck" die nächsten Ballen am Körper festzuzurren. Das Aufstützen mit den Händen auf Mistgabel und Besen erleichtert das "Anziehen".

Mittlerweile sticht die Sonne ordentlich von oben auf das Geschehen herunter und der "Bär" bereut es langsam, sich nicht luftiger angezogen zu haben. "Ich fühle mich so unförmig wie das Michelinmännchen", sagt er selbst. Und er sieht ihm auch gar nicht mehr so unähnlich. Der Unterschied macht aber die Maske. Der Strohbär darf dabei aus drei verschiedenen Exemplaren wählen. Zum Glück gibt es in ihr ein Loch im Mundbereich, wo der Strohhalm durchpasst, der das Trinken ermöglicht. Nach dem letzten Schliff heißt es für die Landjugend, den Bären mit vereinten Kräften wieder auf den Ladewagen zu hieven.

Eine Stunde dauerte die "Packaktion". Die soll sich lohnen. Und so wird in Alfershausen selbst gleich bei den Autofahrern abkassiert. Als erstes trifft es einen Herrn aus dem Raum Beilngries. Doch Jakob Meier will für seinen Obolus auch ein gemeinsames Foto mit dem "Kerwabären", was gerne gewährt wird. Je mehr er durch die Straßen zieht, desto größer und breiter gerät die Strohspur, die er hinterlässt.

Nicht alle Verkehrsteilnehmer gehen auf den Spaß ein. Ob Roller- oder Lkw-Fahrer, viele wollen einfach nicht anhalten. Eine Autofahrerin bleibt zwar stehen, macht das Fenster aber nur einen Spalt auf - ihr Fahrzeug hat sie erst gesaugt und der Bedarf an frischem Stroh darin ist so eher gering. Ein Fahrer eines Betriebsautos ist erfinderisch: "Ich schicke meinen Chef zum Zahlen vorbei." Mal klimpert es, mal raschelt es aber auch im Spendenkörbchen.

Doch nicht nur die motorisierten Verkehrsteilnehmer sind im Visier des Bären. Sondern vor allem der Dorfnachwuchs, der ganz verschieden reagiert. Entsprechend verhält sich aber auch das "Unwesen" - nur den frechen Buben und Mädchen wird nachgesetzt. Den Kleinen, denen das Ganze nicht so geheuer ist, versichern die Bärenhalter: "Der ist eigentlich ganz lieb...". Viele trauen sich dann auch, das raue Bärenfell zu streicheln. Die besonders große Resonanz auf die Aktion rührt auch daher, weil sie diesmal konkurrenzlos ist - sprich: Schausteller sind keine zugegen. Dafür gibt es mehr Platz für den Bären mit seinem Strohfell, das im Laufe des bunten Treibens immer mehr an Substanz verliert. Bald hängen dem Strohträger nur noch einige größere Fetzen am Leib. "Der sieht schon recht gerupft aus", so ein Kommentar. Trotzdem hält ein Münchner sein Auto an und bezahlt für das nicht mehr so makellose Schauspiel.

Jürgen Leykamm