Hilpoltstein
Konfettiregen für "Mungo Müller"

Dominik Grassi und sein Geheimprojekt Challenge - In elf Monaten vom Heidecker Heimatfest zur ersten Langdistanz

02.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:52 Uhr
  −Foto: privat

Hilpoltstein (HK) Bis zum Tag vor dem großen Rennen hat er seinen Plan geheim gehalten. Als er dann sein Rennrad am Samstag zur Wechselzone am Main-Donau-Kanal brachte, wusste schnell die halbe Stadt Bescheid. Mit dem Tarnnamen Müller und unterstützt von vielen überraschten Freunden hat Dominik Grassi aus Hilpoltstein am Sonntag seinen ersten Challenge gemeistert.

Von null auf hundert in elf Monaten: Das ist die Triathlongeschichte des 43-jährigen Hilpoltsteiners Dominik Grassi, die am Sonntagnachmittag ein Happy End gefunden hat. Begonnen hat diese wilde Geschichte beim Heimatfest in Heideck im Juli 2017 - zu späterer Stunde an einem Tisch mit Challenge-Geschäftsführerin Kathrin Walchshöfer-Helneder. "Wär' das denn nix für dich?", fragte Walchshöfer ihren Tischnachbarn. "Nein, das ist nix für mich", antwortete Grassi felsenfest überzeugt. Zwei Maß Bier später war der Challenge-Start beschlossene Sache - aber nur unter der Bedingung, dass er nicht mit seinem Namen in der Starterliste auftauchte.

Der Grund für diese Tarnung ist, dass Dominik Grassi, den viele einfach nur "Mungo" rufen, in Hilpoltstein bekannt ist wie ein bunter Hund. Wenn das Gründungsmitglied des Hilpoltsteiner Hip-da-Moped-Clubs plötzlich in der Startliste des Challenge zu finden gewesen wäre - es wäre vorbei gewesen mit dem entspannten Training. "In Hilpoltstein gibt es beim Thema Triathlon ja ganz schnell eine Erwartungshaltung", sagt Grassi. "Und deshalb wollte ich nicht das ganze Jahr lang ständig auf den Challenge angesprochen werden, sondern einfach entspannt mein Ding machen."

Eingeweiht in die großen Triathlonpläne waren nur wenige. Das Team der Veranstalterfamilie Walchshöfer, ein Trainingspartner und Grassis Trainerin Susanne Buckenlei, eine ehemalige Schulkameradin. Sie machte es sich zur Aufgabe, den völlig Triathlon-unerfahrenden Dominik Grassi innerhalb eines Jahres in einen Langdistanztriathleten zu verwandeln. Für alle anderen hatte Grassi die gute Ausrede parat, dass er sich für heuer in den Kopf gesetzt habe, beim Ingolstädter Triathlon über die olympische Kurzdistanz mitzumachen.

"Das haben mir auch alle geglaubt." Und es war ja auch nicht gelogen. Grassi stand vor drei Wochen tatsächlich am Start und absoliverte das Rennen über 1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und 10 Kilometer Laufen. Was aber keiner von Mungos Freunden ahnte: es war nur der Formtest für den Challenge, der mit Platz 140 unter mehr als 600 Startern gut gelang.

Mit der Heimlichtuerei war es erst vorbei, als als Dominik Grassi am Samstagnachmittag sein Rennrad in Richtung Main-Donau-Kanal schob und auf dem Rad die Startnummer 888 befestigt war. "Oben beim Buchstaller haben es die Ersten mitbekommen." Bis zum Abend hatte sich die Nachricht herumgesprochen wie ein Lauffeuer und das Handy stand kaum noch still. "Viele Leute, die von nichts wussten, haben mir dann noch alles Gute für das Rennen gewünscht", sagt Grassi.

"Und am Sonntag waren dann alle da, um mich anzufeuern." Die ganze Truppe von Hip-da-Moped war auf den Beinen, um Grassi durch das lange Rennen zu begleiten. Allen voran Stefan Regensburger, der für Mungos großen Wettkampf sogar seinen eigenen Geburtstag hinten an stellte. Regensburger arbeitete sogar einen eigenen Zeitplan aus, wann genau Grassi welchen Punkt der Strecke zu welcher Zeit erreichen sollte.

Der Plan war gut, aber Mungo war besser. Dieser Sonntag war nämlich sein Tag, jedenfalls über weite Strecken des langen Rennens. Getreu dem Motto seiner Trainerin, so eine Langdistanz sei einfach nur ein langer Tag voller Sport, ließ es Grassi beim Schwimmen ganz entspannt angehen, fand aber immer besser in seinen Rhythmus. "Nach der Wendeboje hab ich fast nur noch überholt." Ohne sich aber bei der ersten Disziplin zu stark zu verausgaben.

Nur eine Stunde und fünf Minuten benötigte er für die 3,8 Kilometer im Main-Donau-Kanal. Und auch auf der Radstrecke lief es lange wie am Schnürchen. Erst nach 120 von 180 Kilometern meldete sich das Knie, das Grassi schon länger zwickt. Die zweite Radrunde wurde deshalb noch "richtig hart". Auch weil es immer böiger auf der Strecke wurde. "Da hatte ich das Gefühl, dass ich dauernd Gegenwind hatte. Das war schon ziemlich frustrierend."

Neuen Auftrieb zur rechten Zeit gab es aber in der Heimatstadt. Bürgermeister Markus Mahl spielte Mungo einen Lieblingssong für den Anstieg den Solarer Berg hinauf. Und in der Allersberger Straße feuerten die Freunde eine Konfettikanone über Grassi ab. Mit dieser Motivation erreichte er die zweite Wechselzone noch knapp in der angestrebten Radzeit von sechs Stunden. Zur erwarteten Qual wurde dann der Marathon. Die Schmerzen wurden nicht mehr weniger. Immer stärker verlangte der Körper nach Gehpausen, die auch viele andere Athleten schon einlegten.

Erst als der Kanal verlassen, die Kreisstadt durchquert und Büchenbach erreicht waren, war sich Dominik Grassi sicher: "Jetzt hab ich es so gut wie geschafft." Trotzdem setzte er sich noch ein Ziel für die letzten sieben Kilometer. Um noch eine Zeit unter zwölf Stunden zu erreichen, durften es nicht mehr allzu viele Gehpausen sein. "Also hab ich mich nochmal richtig durchgequält und bin mehr gejoggt als gegangen."

Die erste Belohnung wartete schon einen Kilometer vor dem Ziel, als Stimmungsnest-Moderator Joe Güthlein ein Weizen servierte, das Grassi dankend annahm. Beim Zieleinlauf kurz darauf "war ich erst einmal viel zu platt für irgendwelche Emotionen". Die kamen dann aber spätestens, als ihm sein Kumpel Stefan Regensburger die Finish-ermedaille umhängen durfte.

Auch wenn er jetzt den Challenge gemeistert und dafür elf Monate lang viel trainiert hat, wird Triathlon nicht der zentrale Lebensinhalt für Dominik Grassi bleiben. Er könne es zwar verstehen, wenn sich andere einem Triathlonverein anschließen oder voll und ganz in den Kosmos der Ausdauersportler eintauchen. Für ihn ist das aber nichts, sagt Grassi, der lieber das Radfahren mit seinen Freunden von Hip-da-Moped genießt. Da gibt es die Gruppe "Mountainbikefahren für Weizentrinker" und "Rennradfahren für Weizentrinker". "Das ist für mich die eigentliche Motivation, wenn man nach dem Sport noch gemütlich zusammensitzt."

Trotzdem steht für Dominik Grassi fest, dass er dem Triathlonsport in irgendeiner Form erhalten bleiben wird. "Aber erst einmal mache ich keine Langdistanz mehr. Da brauche ich jetzt eindeutig Abstand." So wartet zum Beispiel das Moped, das er heuer wegen seines Triathlonprojekts noch gar nicht angemeldet hat. Das Problem ist nur: das Heidecker Heimatfest steht schon wieder vor Tür.

 

Jochen Münch