Roth
Fackelläufer aus dem Reich der Mitte

Finishline-Party des Challenge mit süßen Bienen - Herzlichkeitspreis für Roth - Heiratsantrag und Handgemenge

02.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:37 Uhr
  −Foto: Tschapka (1), Leykamm (3)

Roth (HK) Es passt wie die berühmte Faust aufs Auge: Der Mann, der im 35. Triathlon-Jahr des Landkreises Roth als letzter offizieller Challenge-Finisher im Rother Stadion eintrifft, ist 35 Jahre alt. Seine Frau hat dem Sportler aus Shanghai den Tipp gegeben, mal im fernen Mittelfranken an den Start zu gehen. Belohnt wurde er dafür mit zwei Fackeln und einem fantastischen Feuerwerk direkt nach den letzten Metern über die Ziellinie.

Drei Stunden vor dem Zielschluss des Challenge-Triathlons: Erschöpfte, aber glückliche Athleten, wohin man auch blickt. Jubelnd werden sie nach ihrer letzten Runde im Stadion empfangen. Zum Beispiel von Bürgermeister Ralph Edelhäußer, der auf die Staffel "Stadt Roth I" wartet. Das Team Nummer II ist längst im Ziel. Endlich erblickt der Rathauschef seinen geschäftsleitenden Beamten Stefan Krick, der als Marathonläufer das Team I der Kreisstadt zum Ziel führt. Als Schwimmerin war die städtische Tourismuschefin Anke Freiman in den Main-Donau-Kanal gestiegen. Stadtratsmitglied Edgar Michel, ehemaliger Vorsitzender des mittelfränkischen Triathlonverbandes, hatte die 180 Kilometer im Sattel bewältigt.

So sehr sich Bürgermeister Edelhäußer darüber freut, dass die beiden Stadtstaffeln im Ziel sind, so sehr freut er sich als Standesbeamter auch darüber, dass die Rother Triathlontage auch eine Hochzeit für Heiratsanträge sind. So nahm Natascha Jakuschin aus Koblenz direkt nach dem Finish den Antrag ihres Lebensgefährten Marco Polcher an. Zwei weitere Athleten sind längst ein Paar und lachen nach ihrem Finale in die Kamera, während es sich der neunmonatige Sohn Mats auf dem Arm einer Helferin gemütlich macht.

Solche Szenen liebt natürlich auch Moderator Tobias Ködel, der kurz danach ruft: "Schaut euch diese süßen Bienen an!" Gemeint ist die Staffel "Maja und ihre beiden Willis", die recht "beflügelt" ins Stadionrund einläuft. Über anderer Triathleten ist Ködel ebenso erstaunt: "Der läuft ja noch wie ein junges Reh." Ein Sportler ist mit seinem Kräften eher am Ende und läuft mit nassen Schwämmen am Körper ein. So erhofft er sich Kühlung, so mancher Teilnehmer reißt sich gleich das Oberteil vom Leib.
Ganz lässig kommt im Ziel der Meckenhausener Bernhard Hudak an. Er wird nicht nur von seiner Familie begrüßt, sondern ebenso von Landrat Herbert Eckstein. "Ich hab ihn während des Rennens verfolgt", sagt er - und ihn deshalb punktgenau abpassen können. Hudak ist einfach nur glücklich, zumal ihn der Wind auf der Strecke etwas zu schaffen gemacht hat. Er schnappt sich sein zweijähriges Töchterchen Johanna, während der sieben Jahre alte Bruder Jonas stolz sein T-Shirt präsentiert: "Go Papa go - Du bist unser Held!" steht darauf zu lesen.

Großen Jubel gibt es für Lokalmatadoren wie Christa Seitz aus Thalmässing vom Team "Laktatnebel", minutenlang liegt sie sich im Ziel mit Ehemann Karl in den Armen. Der Mann, der bald danach die Ziellinie überquert, kommt einem Wunder gleich: "Vor sieben Jahren habe ich noch 230 Kilos gewogen", sagt Thomas Stephan. Doch der Berliner hat den Speck erst weggehungert und dann mit dem Triathlonsport begonnen. Beim Challenge ist er das erste Mal dabei, "aber dabei bleibt es bestimmt nicht". Dafür ist er viel zu begeistert: "Roth bekommt von mir den Herzlichkeitspreis", sagt der Sportler mit jetzt noch 85 Kilogramm Gewicht.

Mit der anbrechenden Dunkelheit werden aus den Nebel- immer häufiger Feuersäulen. Und feurige Stimmung ist garantiert, als Rafael Lopez Ordonez aus Spanien auf seinem dreirädrigen Sportrollstuhl einfährt. Nach dem Debütanten ein alter Bekannter: Wherapoon Noothae, Bundesliga- und vor allem "Glubb"-Fan aus Thailand. Dann liegt der nächste Sportler am Boden, doch ein paar Minuten "Füße hoch" und der Mann ist wieder fit.

Als es aus den Lautsprechern plötzlich "Hey Macarena" dröhnt, machen alle mit. Bald erstrahlt das Stadion in einem Meer von Handy-Taschenlampen, kurz darauf in einem aus grünen Leuchtstäben, die ein ums andere Mal "La Ola" durch die Reihen schwappen lassen. Er überlege sich, beim nächsten Mal ein langsames Rennen hinzulegen, sagt Sieger Sebastian Kienle: "Die Atmosphäre ist ja jetzt noch viel geiler als am Mittag." Dass er in Roth nochmal startet, "fällt schwer auszuschließen". Siegerin Daniela Sämmler wird noch deutlicher: "Ich komme wieder - das kann ich jetzt schon sagen."

Das wird natürlich kräftig bejubelt. Bevor eine unschöne Szene die Euphorie etwas dämpft. Wohl dem Alkohol geschuldet, kommt es zu einem kleinen Handgemenge am Ausgang für die Athleten, für die es kurzzeitig kein Durchkommen mehr gibt. Doch die Lage sowie der Betroffene sind gleich wieder im Griff und es kann weitergehen. Mit Johnny Agar aus den USA, der genauso wie Ordonez seiner Behinderung zum Trotz ans Ziel gelangt. "Der Triathlon Roth wird niemals untergehen", ruft kurz vor Zielschluss Veranstalter Felix Walchshöfer hörbar gerührt aus. Das freut dann auch den offiziell letzten Finisher. Ist es doch Dong Guos erster Start bei einer Langdistanz und er will auch wiederkommen. Bei seiner Premiere hat er sich prompt etwas verlaufen, was ihm aber dafür die Fackeln beschert. Und ein tolles Feuerwerk nach dem Zieleinlauf, das schließlich die Party krönt.
 

Jürgen Leykamm