Roth
Unüberhörbar

Vanja Sky und Jane Lee Hooker rocken die Bluestage - Alle Register können eines zu viel sein

07.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:32 Uhr
Alle großen Posen in petto: An der Show von Dana "Danger" Athens gibt es wirklich nichts auszusetzen und auch der Rest der Truppe weiß, wie eine hart rockende Truppe sich präsentieren muss. Dem Sound würden allerdings ein paar Facetten mehr gut tun. −Foto: Tschapka

Roth (HK) Zum zweiten Mal weiblich nach Nina Attal hat sich die Kulturfabrik am Freitag bei den Rother Bluestagen präsentiert. Und wie die Französin am Sonntag hat dieses Mal Vanja Sky sehr positiv überrascht. Eine hochinteressante Sängerin, von der man sicher noch mehr hören wird. Nicht zu überhören war hingegen der zweite Teil des Doppelkonzertes: Jane Lee Hooker.

Wer in der Vergangenheit der Kroatin Sky blättert, wird feststellen, dass sie sich in den letzten zwei, drei Wochen optisch gewaltig verändert hat. Noch Mitte März stand sie in Röckchen und Löckchen mädchenhaft auf der Bühne. Nun aber zeigt sie sich mit einer streng nach hinten gebundenen blonden Rastamähne, Glitzerstreifen über den Wangen und einem Outfit, das etwas von einer Fantasyfigur hat. Das Statement ist eindeutig: Hier ist jemand, der sagt, das ist meine Show, ich bin der Mittelpunkt.

Völlig zu Recht, wie sich in jeder Minute des Auftritts zeigt. Umso beachtlicher - da die Bio-graphie sagt, Vanja Sky hat erst vor fünf Jahren das Gitarre spielen begonnen - ist die Selbstverständlichkeit, mit der sie in die Saiten greift. Wobei ihre wahre Stärke die Stimme ist. Mit erstaunlichen Timbre und Volumen ausgestattet wagt sie sich an alles, was im Bluesrock Rang und Namen hat: Rory Gallagher, Cream und selbst Led Zeppelin, da kann man sich schnell lächerlich machen. Macht sie aber nicht, sondern drückt den Klassikern ihren eigenen Stempel auf. Selbst durchgenudelten Standards wie "Wild Thing" oder "To Love Somebody" befördert sie dank ihrer Bühnenpräsenz zum Erlebnis.

Viel dazu bei, dass Vanja Sky gut aussieht, tragen auch ihre Bandkollegen. Vor allem Roger Inniss am Bass und Hanser Schüler an den Drums sind zwei altgediente Cracks, die wissen, wie ein gutes Konzert geht. Als Leadgitarristen hat sie ihren Mentor Jimmy Matesic mitgebracht, ein angejahrter Routinier, der allerdings mit seiner Mandolinenversion von Rory Gallaghers "Going To My Hometown" arg in Schwierigkeiten kommt und bei "Whole Lotta Love" einige Luft nach oben lässt. Aber der Star ist ja Vanja und nicht "Mr. Jimmy".

Den zweiten Teil des Abends bestreiten fünf "Wild Women on Stage" mit so beindruckenden Kampfnamen wie "Hail Mary Z", "Cool Whip", "High Top", "T-Bone" und natürlich Sängerin "Danger" - zusammen Jane Lee Hooker aus New York oder besser "NYC", wie dem Backdrop zu entnehmen ist. Und wie nicht anders zu erwarten, legen die fünf los, als gelte es, Roth in Schutt und Asche zu legen. Man nehme das Intro von Led Zeppelins "Immigrant Song", kopple es mit der Urschreigewalt des frühen Chris Cornell und mache daraus ein ganzes Lied. Das ist so gewaltig, dass man nur staunen kann. Stets im Mittelpunkt ist Dana "Danger" Athens - auch optisch. Während die restlichen vier lässig-alternativen Second-Hand-Style tragen, trägt die Shouterin High Heels zu knallengen Jeans und bauchfreiem Top. Dazu lässt sie die blonden Locken fliegen wie einst Robert Plant und traktiert den - geschmückten - Mikroständer wie Steven Tyler.

Auch beim zweiten Lied explodiert Riffmaschine. Getrieben von Schlagzeugfeuerwerk zermahlen der Bass und die beiden Gitarren alles, was im Weg steht, zu einem High-Energy-Brei, darüber thronend: Dangers Organ. Das wiederholt sich immer wieder, wobei nach dem fünften Lied Songstrukturen wahrscheinlich nur noch der Eingeweihte erkennt. Was anfangs groß und gewaltig erscheint, verschwimmt nun zur monotonen Riffsuppe. Schade, aber mit mehr Nuancen und Dynamik könnte dieser Fünfer noch zur ganz großen Nummer werden. Aus den Augen verlieren sollte man Jane Lee Hooker deshalb nicht.

Rainer Messingschlager