Eichstätt
"Bauscham" statt Flugscham

Neue Zeitschrift des Jurahausvereins erschienen - Weiteres Gedenken an Opfer der Hexenprozesse

15.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:33 Uhr
"Das öde Haus" nennt sich die Ausstellung mit Werken von Stefania Peter, die am 15. Mai eröffnet wird. Dieses Bild zeigt das Jurahaus in Büttelbronn bei Langenaltheim. −Foto: Peter

Eichstätt - Dass das Jurahaus ein einmaliger Haustyp ist - darauf dürften sich viele Bürger in der Region einigen können.

Dass aber auch seine ökologische Bilanz einmalig ist - darauf hat Frank Seehausen vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege hingewiesen. Dieser Aspekt "war uns in dieser Deutlichkeit noch gar nicht bewusst", schreibt die Eva Martiny, die Vorsitzende des Jurahausvereins in ihrem Vorwort der neusten, mittlerweile 26. Ausgabe der Zeitschrift "Das Jurahaus".

Selbst die Reetdachhäuser in Norddeutschland "haben Klinkerfassaden, Ziegel, die mit hohem Energieaufwand gebrannt werden müssen", fährt Martiny fort. Ganz anders steht das Jurahaus da: Aus Stein, Kalk, Lehm, Sand und Holz entstand ein Wohnort, der ausschließlich aus der natürlichen Umgebung stamme, so Seehausen, und "mit Ausnahme der menschlichen und tierischen ohne Einsatz von Energie" gebaut wurde. "Nach der Flugscham die Bauscham" ist ein Artikel überschrieben, in dem sich Daniel Fuhrhop mit den ökologischen Folgen des Bauens befasst. In die Kette Fliegen, Autofahren, Fleischessen könne sich auch das Bauen einreihen. Denn nicht nur bei der Zementherstellung entstehen Treibhausgase, der für Beton benötigte Sand wird zudem an Flüssen und Küsten weggebaggert mit Folgen für das dortige Ökosystem: "In Indonesien versanken dadurch 24 Inseln im Ozean. " Versiegelte Böden, neue Siedlungen, die den Lebensraum von Tieren zerschneiden - zählt Fuhrhop in seinem Artikel auf. Eine Lösung sieht er in der Nutzung des Leerstands auf dem Land, der wiederum den Zielen des Vereins entgegenkommen würde.

Beispiele für gelungene Sanierungen gibt es im Heft, denn der Jurahausverein stemmt sich nicht nur seit Jahrzehnten gegen das Verschwinden der Häuser, sondern will mit guten Beispielen auch Mut machen. So hat etwa Markus Bittl in Mörnsheim dem Haus am Kastnerplatz, das bereits sein Urgroßvater bewohnt hat, wieder Leben eingehaucht beziehungsweise aufgemauert. Dabei beseitigte er Bausünden aus den vergangenen Jahrzehnten und entdeckte alte Rundbögen, außerdem kam eine kleine Kammer zum Vorschein, die "komplett eingemauert" war. Am meisten fasziniert, so schreibt er, hat ihn die "damalige Bauweise, da mit einfachsten Mitteln, handwerklichem Geschick und nur mit Materialien aus der natürlichen Umgebung etwas Dauerhaftes geschaffen wurde. Damals waren es somit noch echte Ökohäuser. " Sehr detailliert schildert auch Familie Meixner die Instandsetzung des Bengel-Anwesens in Hofstetten.

Ein Anliegen des Vereins ist es aber nicht nur, alte Häuser aus ihrem Dornröschenschlaf, sondern auch die Ermordeten der Hexenprozesse aus der Anonymität zu befreien. So hatte die Lesung von Erich Naab im vergangenen Jahr viele Interessierte angezogen und auch heuer stehen dazu Veranstaltungen im Kalender: Eine Lesung "Boschab - ein Name auf den Tod? , ein Hexenprozess" steht am 9. August auf dem Programm, außerdem wird an diesem Tag die Ausstellung "Bischofsmacht und Hexenmord" von Wolfram P. Kastner eröffnet, gezeigt werden Lithografien.

Zur Befreiung aus der Anonymität gehört für die Verantwortlichen des Vereins auch die Namen der Opfer an geeigneter Stelle öffentlich zu machen, schreibt Eva Martiny. In der Zeitschrift sind sie jetzt schon - chronologisch nach Hinrichtungsdatum und wenn möglich mit Informationen über Beruf, Alter und Familienverhältnisse - abgedruckt.

HK

Versehen ist die Zeitschrift auch dieses Mal wieder mit einem Modellbogen von Klaus Staffel zum Basteln - heuer ist es der Moierhof in Denkendorf. Solange die Buchläden noch geschlossen haben, bietet der Verein im Web-Shop auf der Internetseite www. jurahausverein. de den portofreien Versand des Heftes an. Das Museum ist zwar geschlossen, aber das Büro ist telefonisch erreichbar unter der Telefonnummer (08421)904405. Wenn wieder geöffnet werden darf, ist der Verein dienstags und mittwochs von 9 bis 12 Uhr, donnerstags und freitags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 14 bis 16 Uhr für die Besucher da.