Eichstätt
Eine Arbeit für die Ewigkeit

Bildhauer Rupert Fieger ist mitten im Schaffensprozess der Willibaldsstatue für die Dom-Westfassade

24.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

Mit viel Akribie arbeitet Rupert Fieger in einer stillgelegten Werkshalle an der Neuinterpretation einer Statue des heiligen Willibald: Die soll ab Herbst die Westfassade des Eichstätter Doms zieren. - Fotos: Schneider

Eichstätt (EK) Der heilige Willibald nimmt Gestalt an: Die Neuinterpretation der Figur des Bistumsgründers für die Westfassade des Eichstätter Doms soll bis Ende Mai fertig sein. Künstler Rupert Fieger ist mitten im Schaffensprozess. Wir haben ihn in der Werkstatt besucht.

Die Mitra ragt bereits nach oben heraus, die Nase ist - wenn auch noch etwas eckig - in der Mitte des Kopfes zu erkennen. Unter der Bischofsmütze lugt ein lockiger Haarkranz hervor. Rechts kann man mit ein wenig Fantasie die Hand erkennen, die zum Segen erhoben ist. Und in der Mitte des Körpers fällt das Messgewand des ersten Bischofs von Eichstätt schon recht deutlich in Falten: Rupert Fieger ist bereits durchaus weit gekommen mit seinen Arbeiten. Der Eichstätter Künstler und Steinmetz hat vom Domkapitel den Auftrag bekommen, die Statue des heiligen Willibald neu zu interpretieren. "Das ist eine hohe Ehre, schließlich ist das hier kein Werkstück in irgendeinem Sockel, sondern hat eine Bedeutung für die ganze Diözese", sagt er. Denn: Es ist ein ehrenvoller, besonderer Auftrag für den Eichstätter Bildhauer, denn monumentale Figuren an Kathedralkirchen werden ja nicht alle paar Jahre nach Belieben ausgetauscht.

Seit sieben Jahren ist der Platz Sankt Willibalds hoch über der Stadt auf der 1718 vollendeten Prachtfassade des Eichstätter Doms verwaist: Damals musste die Figur des Bistumsgründers von ihrem angestammten Platz heruntergenommen werden. Die Schäden waren zu groß geworden, die Gefahren für die Passanten unberechenbar. Und die betagte Statue ließ sich, das stand recht bald fest, auch nicht mehr so sanieren, dass man sie wieder nach oben hieven könnte. Deswegen nun also die Neuinterpretation. Fieger war, wie bereits berichtet, als Gewinner aus einer Wettbewerbsausschreibung der Diözese hervorgegangen.

Gut vier Wochen bearbeitet er in einer stillgelegten Firmenhalle in einem Juradorf bereits den etwa fünf Tonnen schweren Steinblock. Mit Hammer und Meißel, teilweise auch mit druckluftbetriebenem Werkzeug. "Mit Kraft geht's da ans Werk", sagt Rupert Fieger. "Und natürlich mit Konzentration." Schließlich darf nichts wegbrechen, schon gar nicht von den doch etwas filigraneren Teilen wie den Fingern oder dem Faltenwurf des Gewandes. Noch eine Gefahr birgt der Stein: "Innere Spannungen können sich aufbauen, und wenn ich an einem Ende hineinschlage, könnten die Wellen sich fortsetzen und woanders etwas bersten lassen."

Keine zwei Meter von dem Jurakalkstein aus einem Bruch bei Kaldorf steht der eigentlich aus drei Teilen zusammengesetzte "Senior": Fieger arbeitet ja keine völlige Neuschöpfung aus, sondern reproduziert einen Teil. Das untere Drittel stammt mutmaßlich aus der Originalzeit und wird so übernommen - mit Hilfe eines Punktiergerätes und per Augenmaß. "Jetzt, wo ich an dieser Figur direkt arbeite, da denkst du dich ganz anders in den Künstler von damals hinein", sagt Fieger. "Du siehst, wie er gearbeitet hat." Man kann teilweise sogar noch die Meißelspuren sehen.

Dennoch brauche er ein bisschen künstlerischen Interpretationsfreiraum, sagt Fieger. So hole er sich Anregungen bei den Figuren Berninis auf den Kolonnaden des römischen Petersplatzes, aber auch bei der Sitzfigur Willibalds im Dom aus der Werkstatt Loy Herings. "Willibalds Blick werde ich in die Ferne gehen lassen, er wird ein älterer, bartloser Mann werden, der in sich ruht, abgeklärt." Auch wenn man die Details, etwa die zu Füßen des Heiligen abgelegte Krone und das Zepter, vom Boden aus nicht mehr sehen kann - eines sei wichtig: "Der Habitus muss passen, es muss alles logisch sein." Und das sei es bei der in den vergangenen Jahrzehnten auf der Westfassade stehenden Figur eben nicht gewesen, sagt Fieger. Die zusammengesetzten Teile hätten in sich nicht gepasst, die Proportionen waren verzerrt. Wann dieses wohl eher stümperhafte Stückwerk auf die Westfassade gekommen ist, lässt sich aber anhand der Quellenlage nicht beurteilen.

Die Sanierung der Figuren der Bistumsheiligen - dazu gehören auch Richard, Walburga, Wunibald und die Muttergottes - ist mit rund 100 000 Euro veranschlagt worden; davon entfallen etwa 31 000 Euro auf die Statue Sankt Willibalds. Zahlen muss hier die Kirche, denn die ist für die Figuren als Zierrat der Fassade verantwortlich. Wann sie endlich auf ihren Platz zurückkehren dürfen, steht noch in der Schwebe: Die Sanierung der Westfassade ist nach wie vor nicht abgeschlossen. War ursprünglich - im Frühjahr 2015 - noch vom selben Herbst die Rede, verzögerte sich das Ganze im Halbjahrestakt. Vor wenigen Tagen gingen die Verantwortlichen noch von Anfang Juli aus. Mittlerweile ist September angedacht.

Wenn Sankt Willibald dann aber endgültig wieder auf seinem angestammten Platz steht, dann dürfte er dort so schnell nicht mehr weichen. Das hofft auch Rupert Fieger: "Als Bildhauer, als Steinbildhauer allzumal, arbeitest du für die Ewigkeit."