Eichstätt
Wenn der Slowake den Slowenen schlägt

Spitzzüngiger Heimatabend mit drei Münchner Turmschreibern auf der Gutmann-Bühne

07.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:53 Uhr
Eine Mischung an Kabarett wurde auf der Gutmann-Bühne gezeigt. Thomas Grasberger (links) agierte freistehend auf der Bühne, während Anton G. Leitner und Melanie Arzenheimer (rechts) das Publikum mit Lesungen überzeugten. Zum Schluss standen alle fünf Künstler zusammen auf der Bühne (v.l.n.r.): Kerstin Schulz, Jens Lohse, Anton G. Leitner, Melanie Arzenheimer, Thomas Grasberger. −Foto: Buckl

Eichstätt (EK) Wortspielerische Hintersinnigkeiten, hinterfotzige Frotzeleien und satirische Spitzzüngigkeiten, aber auch groovenden Wohlklang, das gab es am vergangenen Mittwochabend auf der Gutmann-Bühne zu erleben, wo drei Münchner Turmschreiber und ein musikalisches Duo zu einem "hintersinnigen Heimatabend" einluden.

Auf der Bühne standen als Moderatorin und Lokalmatadorin Melanie Arzenheimer, die mit sprachlichen Pointen punktete, Anton G. Leitner, der in Hochsprache und Mundart lyrische Akzente setzte, sowie Thomas Grasberger, der als grummelnder Grantler bayrische Politik und auch lokale Themen wie das drohende Ende des Jura-Museums thematisierte. Mit Stimmgewalt und flinken Fingern steuerten Kerstin Schulz (Gesang) und Jens Lohse (Klavier) Lieder bei, in denen es primär um "Beziehungskisten" ging. Darunter war manch Klassiker von den Comedian Harmonists bis hin zu Max Raabes Palast-Orchester ("Lass mich dein Badewasser schlürfen"), aber auch witzige Kontrafakturen: So wurde aus Caterina Valentes Gassenhauer "Quando Quando" die bayerische Empfehlung "Lauf net nackert umanand do, ziah a Gwand oo, Gwand oo?" Dazu steuerte Lohse auch Eigenkompositionen bei.

Zum Auftakt ließ sich Leitner über eine Kettenreaktion der Maßkrug-Balgerei aus, die er von Stamm zu Stamm, Ethnie zu Ethnie durchdekliniert, wobei "der Afroamerikaner dem Weißrussen, der Slowake dem Slowenen und der Tscheche dem Tschetschenen" einen Krug auf den Schädel donnert. Während Leitner seine Tirade in Poetry-Slam-Manier vortrug, kam wohl bei manchen der rund 50 Besucher im Saal die Frage auf, wie der Lyriker beim Lesen zu seiner Luft zum Atmen kommt. Auf Slam folgt Rap im Stakkato-Leitmotiv "Jetzt bist du dran, Mann!", das Anton G. Leitner dutzendfach vorträgt, indem er es mimisch und gestisch verstärkt. Wortspiele folgen in "Politiker auf Posten".

Melanie Arzenheimer trug im Anschluss ihren Text von der "Eichstätt ist bunt"-Demo vor und dachte über "unsere Slow City im Altmühltal" nach, wo "alle einen Vogel haben" - nämlich den Urvogel im Museum, wo "Evolution und Absolution nah beisammen liegen". Arzenheimer überzeugte mit bestechendem Wortwitz, wenn sie neue Vogelarten erfindet, zu dem die "lahme Altmühl-Ente" ebenso gehört wie der Archaeopteryx, dessen "Miene versteinert bleibt". Später überzeugte sie mit einer Kurz-Version des Nibelungenlieds ("erst Gelage, dann Gemetzel - so läuft es halt bei König Etzel").

Der aus Altötting stammende Wahl-Münchner und BR-Autor Thomas Grasberger präsentierte dann eher Kabarett als eine Lesung. Er saß dabei nicht am Pult, sondern schritt auf der Bühne auf und ab, wenn er von seinem Auftritt in "Hinterpfuidaifling" erzählte, wo alle Zuhörer Huber hießen, so dass dem dörflichen Gen-Pool eine Auffrischung gut täte: "Ihr hier könntet`s auch mal a paar Flüchtlinge brauchen, wegen der Durchmischung." Er will keine Witze über die SPD machen ("als Gebot der Pietät, das wäre Störung der Totenruhe"), wohl aber über die Grünen und deren bayrische Chefin Schulze ("der Pumuckl auf Ecstasy"). Grasberger machte den Grant zum Thema ("die Münze des kleinen Mannes"), der Grantler sei "der Partisan des Alltags". Topaktuell ist sein pointiert-frecher Dialog des "flossenfressenden Jura-Pyranhas" mit dem Bischof über das Schicksal des Jura-Museums. Dass manche der Texte, etwa über die "KaZedd-Rosl", die Bernauerin oder ein Bonmot über Allerheiligen (da ist "auf dem Friedhof die Hölle los") schon voriges Jahr zu hören waren, schmälerten das Vergnügen an diesem Heimatabend nicht. Schließlich war das Publikum nicht dasselbe wie im vergangenen Jahr und gute Texte hört man gern auch öfter.

Walter Buckl