Eichstätt
"Weiße Flecken" in der Daseinsvorsorge

Die Linke stellte am Montagabend ihr Wahlprogramm für den Kreistag vor - Gesundheit und Nahverkehr im Fokus

18.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:56 Uhr
"Der Landkreis kann sich Solidarität leisten", hat sich die Linke auf die Wahlplakate geschrieben. Außerdem wollen sie den Öko-Landbau fördern. Die Spitzenkandidaten sind Stefanie Kirchner (vorne, 4. von links) und Landratskandidat Markus Pflüger (dahinter). Kreisvorsitzende sind Eva Bulling-Schröter (2. von rechts) und Francesco Garita (links). −Foto: Steimle

Eichstätt - Wohnen, öffentlicher Nahverkehr, Pflege und psychosoziale Versorgung - vor allem in diesen Bereichen sehen die Linken noch viele "weiße Flecken" im Landkreis Eichstätt.

Am Montagabend hat die Partei ihr Programm für die Kreistagswahl im Wirtshaus "Zum Gutmann" vorgestellt. Auch die Bundestagsabgeordnete Eva-Maria Schreiber war zur Unterstützung gekommen.

Gegen ein paar "weiße Flecken" ist man aber schon erfolgreich vorgegangen und diese zeigt Landes- und Kreisvorsitzende Eva Bulling-Schröter auf zwei Bayernkarten. "Schaut schon besser aus", kommentiert eine Kandidatin: Traten die Linken 2014 beinahe nur in den größeren Städten an, sind sie nun in 52 von 71 Landkreisen und 24 von 25 kreisfreien Städten mit dabei. "84 Prozent der bayerischen Bevölkerung haben die Möglichkeit, eine linke Bewegung zu wählen", sagt Bulling-Schröter, vor sechs Jahren waren es 29 Prozent. "Eine Kraftanstrengung", nennt die Kreisvorsitzende das, aber auch "eine Erfolgsstory".

In deren Dienst wollen sich die Spitzenkandidaten Markus Pflüger und Stefanie Kirchner stellen, die das Programm im "Wechselgesang" vorstellen. Unter dem Stichwort "Daseinsvorsorge" beginnt Kirchner, die in Kösching als Krankenschwester arbeitet, mit ihrem Herzensthema, der Gesundheit. "Die beiden Krankenhäuser werden in Zukunft wieder in kommunaler Hand sein, das ist gut so. " Gesundheitspolitik dürfe nicht auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet sein. Sorge bereitet ihr die Zukunft der Eichstätter Geburtshilfe, Mütter müssten ortsnah entbinden können. Den Schlüssel zur Lösung sieht Pflüger darin, attraktiver für Pflegemitarbeiter zu werden. Mehr Personal bedeute mehr Zufriedenheit. "Sonst gehen die Leute kaputt auf Dauer, ich erlebe das in meinem eigenen Haus", sagt der Einrichtungsleiter des Caritas-Zentrums St. Vinzenz in Ingolstadt.

Deshalb ist dem Landratskandidaten die psychosoziale Versorgung besonders wichtig, hier weise der Landkreis viele "weiße Flecken" auf. "Das Leben jedes Menschen kann in Schieflage geraten", betont er, deshalb müsse es niederschwellige Angebote geben, diese seien auf dem Land dünn gesät. Das gilt auch für die Kinder- und Jugendhilfe, für die der Landkreis viel weniger Geld ausgebe als seine Nachbarn. "So kann ich mich leicht einer geringen Pro-Kopf-Verschuldung rühmen", ärgert sich Pflüger. Es müsse mehr Plätze in Heilpädagogischen Tagesstätten geben, um die Kinder "zu glücklichen, zufriedenen und selbstbewussten Menschen zu machen". Bisher gebe es eine einzige Einrichtung im Landkreis, in Stammham. "Händeringend" suchten die Kindergärten nach Unterstützung, sagt der 63-Jährige, für "Kinder, die zwar keine Behinderung haben, aber vom Verhalten her aus der Spur" sind. Die einzige staatliche Einrichtung, das Kinderdorf Marienstein, sei komplett voll, es gebe Wartelisten. "Wir haben echte Lücken! "

Diese sieht Kirchner auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Der Kreistag müsse sich um ein eigenes Sozialpädiatrisches Zentrum bemühen, indem er Gespräche mit den Kassen und dem Bezirk aufnehme, um über Investitionskosten zu sprechen. Außerdem, so Pflüger, müsse man sich um die Niederlassung von Kinder- und Jugendpsychiatern bemühen, in Eichstätt gebe es nur einen. "Ein jämmerliches Versagen. " Pflegestützpunkte, die Angehörige mit der Bürokratie unterstützen, wünschen sich beide.

Unzufrieden ist Pflüger auch bei einem anderen Thema. "Der Nahverkehr ist eine Wüste, unverständlich, dass der Landkreis das so lange verschlafen kann. " Das mache auch der Nahverkehrsplan deutlich. Dass die Strecken von eigenwirtschaftlichen Unternehmen - "bis zu 18 Stück" - bedient werden, sei eine "dramatische Fehlentwicklung". Für den Gemeinschaftstarif, den man jetzt so gefeiert habe, "hat man zwei Jahrzehnte gebraucht, ein Armutszeugnis, noch dazu für einen so reichen Landkreis". Kirchner erklärte, dass man den Schulverkehr für alle Bürger öffnen wolle, außerdem wolle man einen Plan für einen gemeinwirtschaftlichen Nahverkehrsplan entwickeln, der auch Busse zu späterer Stunde vorsehe.

Der ÖPNV, so Pflüger und Kirchner, sei gerade für ältere Menschen von Bedeutung. Mobilität sei wichtig, damit zum einen Sozialkontakte nicht verloren gingen. Zum anderen könnten sich viele Rentner ebenso wie Alleinerziehende die teuren Wohnungen in der Stadt nicht leisten. Der Landkreis, sagte Kirchner, müsse daher aktive Wohnungspolitik betreiben. So brauche es eine Statistik für das Leerstandmanagement, aber auch die Wiederaufnahme des sozialen Wohnungsbaus.

Landwirtschaft und Umwelt sind weitere Themen im umfangreichen Programm der Linken. Kleinere bäuerliche Betriebe sowie Öko-Landbau sollen gefördert werden. Hier sieht Pflüger etwa den Aufbau einer eigenen Infrastruktur vor, indem Lagerhallen und Trocknungsflächen vorgehalten werden, um regionalere Kreisläufe zu schaffen. Das alles gehöre zur Daseinsvorsorge "in einem der schönsten und wohlhabendsten Landkreise in Deutschland".

tsl