Wahrlich wunderschöne Wunderkammer

10.09.2008 | Stand 03.12.2020, 5:37 Uhr

 

Eichstätt (EK) Das deutschlandweit beachtete Eichstätter Hortus-Wander-Wunder-Kammer-Kunstprojekt zog am Sonntag mit sechs Kunstaktionen eine Art Zwischenbilanz zur in Vergangenheit und Gegenwart wandernden Garten-Kunst aus Ost und West von und in Eichstätt.

Das zahlreiche, ergriffene wie begeisterte Publikum dankte es den Künstlerinnen und Künstlern wie auch den Sponsoren und Unterstützern der Gesamtveranstaltung durch immer wieder aufbrandenden und anhaltenden Beifall.

So viel kann man freilich sagen, knapp 20 Tage, ehe die Hortus-Wander-Wunder-Kammer fürs Erste auch Geschichte sein wird: Lange nicht mehr wurde in der kunstverliebten Bischofs- und Universitätsstadt hochkarätige und zum Teil ganz und gar einmalige, weil nicht reproduzierbar, internationale Kunst derart umfassend geboten wie in diesem Sommer. Eine volle Ernte steht demnach am 26. September in Aussicht, wenn die Kunsträume Bayern 2008 dann auch in Eichstätt ihre Gartenpforten schließen.

Die Matinee gaben im Grisaillesaal der Residenz im Beisein des Hausherrn, Landrat Anton Knapp, der Spiritual des Eichstätter Priesterseminars, Lorenz Gadient, und die Leiterin der Lithographie-Werkstatt, Li Portenlänger. Gadient, ein Meister am Clavichord, schlug mit diesem durchaus "zart besaitet", Instrument poetisch leise Töne an, die durchweg wie ein vom Südwind herbeigetragener Klang aus fernen Paradiesen, von Kythera oder Arkadien, anmuten mochten.

Im Grisaillesaal, der unter den Leuchtenbergern im frühen 19. Jahrhundert mit Tapeten aus Paris ausgestattet wurde, die griechische Ideallandschaften mit bukolischen und Festumzugs- und Tanzszenen zeigen, fand sich die Künstlerin Li Portenlänger kongenial zu Gadients Clavichord-Spiel nicht nur in ihrem ureigenen künstlerischen Element, dem Tanz und der Performance, wieder. Sie überführte den Saal gar in einen Aussichtspunkt, von dem aus sich die Besucher der Matinee mitnehmen lassen konnten in die mythischen Landschaften des antiken Griechenlands oder auch Siziliens, wo man das auf dem Peloponnes gelegene Arkadien später, in römischer Zeit, auch gerne verorten wollte.

Auch wir in Arkadien, mochten die Gäste in der Residenz bei sich gedacht und gefühlt haben, als Gadient und Portenlänger den Blick und die Seele weiteten, damit sich die Zuschauer und Zuhörer an einem wunderschönen Tanz- und Klang-Ereignis weiden konnten.

Am Nachmittag dann auf der Willibaldsburg im mächtigen Gewölbe der Reithalle, der mächtig voll klingende Gesang von Aiko Okamoto unter der Überschrift "Stein, Moos, Chaos". Am kühlen Mauerwerk flammten dazu Bilder einer nächtlichen Stadt auf, Konturzeichnungen von menschlichen Akteuren, figurative Malerei und bayerische Schafkopfkarten – mannshoch und wie ein Reflex von unten aus der Stadt vom Volksfest.

In der ehemaligen Schmiedebastion neben dem modernen Hortus liefen derweil in Endlosschleifen die "flow-flowers" von Martin Koeppl und "green thoughts" von Karin Mels. Zart die Blumenkaskaden von Koeppl, ein sensationelles Garten-Porträt die grünen Gedanken von Mels. Das ist ein Film, den man sich wie den sommerlich blühenden Hortus gerne mitnimmt für zu Hause, wenn das Grün allmählich aus der Landschaft verschwindet und die Tage immer kürzer werden.

Schließlich unprätentiös, aber eindringlich und vom Publikum ohne Nachsicht auch zu vorgerückter Stunde noch unablässig gefordert, ein Dialog von Michael Kleinherne und Peter Pörtner über Gärten, Gärtner und Gärtnern in Ost und West.

Alles schließlich noch einmal gesammelt und versammelt in der dann ganz und gar wohlig empfundenen Wärme des Spiegelsaals der Residenz, als wie bereits berichtet Tomma Galonska und Masako Ohta mit "ÜberSeeZungen" zur Soiree baten.