Titting
Neuer alter Glanz für Schloss Titting

Nach fast drei Jahren endet die Mammut-Renovierung – Verschwundene Turmspitze rekonstruiert

04.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:59 Uhr

 

Titting (EK) Es ist eine der beeindruckendsten und größten Denkmal-Baustellen in der Region – aber wohl auch die unbekannteste. Dabei wird schon seit Herbst 2011 ohne Winterpause unter einem riesigen Spezial-Schutzdach am ehemals fürstbischöflichen Schloss in Titting gearbeitet.

Die behutsame Generalsanierung des kompletten Dachwerkes des Schlosses, dessen ältesten Teile aus dem Jahre 1480 stammen, soll nun im April zu Ende gehen. Den Zimmerern und Dachdeckern folgen dann die Maurer und Maler für die Fassadenneugestaltung. Bis zum Kellerfest im August will Fritz Gutmann mit seiner Familie die einstige Wasser-Burg in neuem altem Gewand präsentieren – auch bei Führungen und mit einer Ausstellung.

Statische Probleme im Malzhaus hatten die sehr teure Maßnahme ausgelöst. Zunächst sollte nur im dortigen Bereich der ovalen Schlossanlage das Dachwerk saniert werden. Doch bald stellte sich heraus, dass die Schäden vor allem durch Holz zerstörende Pilze und andere Schädlinge weitaus umfangreicher waren als befürchtet – und zwar rundum.

Fritz Gutmann, der 1981 den historischen Familienbesitz von seiner Mutter Antonie übernommen hatte: „Es war gar keine Frage, dass wir alles tun wollten, um diesem Baudenkmal eine noch möglichst lange Zukunft zu geben.“ Wenn man in so etwas hineingeboren sei, habe man auch eine Verpflichtung zum Erhalten.

Bis zu sechs Zimmerer der Eichstätter Firma Buchner, fast alle aus dem Tittinger „Templer-Clan“, wie Zimmerermeister Konrad Templer (49) schmunzelnd meint, haben mit rund 460 Kubikmeter Mondphasen-Nadelholz aus dem Gutmann’schen Wald die raffinierte Dachwerks-Konstruktion von 1480 beziehungsweise die aus der Zeit um 1700 denkmalgerecht ertüchtigt. Höhepunkt bei ihrer Arbeit war die Rekonstruktion der hölzernen Spitze an einem der drei Rundtürme, die etwa um 1900 vermutlich wegen massiver Schäden kurzerhand abgetragen worden war. „Es war schon eine große Herausforderung für uns,“ so Konrad Templer, dessen Sohn, Neffe, Cousin und auch ein Bruder mitwirkten, „sich in die Arbeitsweise unserer Vorgänger hineinzudenken.“ Und: „Die Leistung der damaligen Handwerker ohne die Vielzahl an heutigen Maschinen und ohne Kran hat uns großen Respekt abgenötigt.“

Übrigens: Die Rekonstruktion der Turmspitze war zunächst nicht ganz unumstritten. Doch Kreisbaumeister Christian Süppel als Chef der Unteren Denkmalschutzbehörde und Kreisheimatpfleger Karlheinz Rieder sind sich längst einig: „Das Ganze ist ein Gewinn für die ohnehin schon spannende Dachlandschaft.“ Auch die neue Gebietsreferentin des Landesamtes für Denkmalpflege, Christine Schneider, die von ihrem Vorgänger Florian Koch die Tittinger Denkmal-Baustelle übernommen hat, ist voll des Lobes für das Engagement der Familie Gutmann.

Ungewöhnlich sei vor allem gewesen, dass für die Sanierung keine Zuschüsse beantragt worden seien. Fritz Gutmann dazu: „Wir wollten das aus eigener Kraft stemmen.“ Im Übrigen würde er, wie alle anderen auch, die ein Baudenkmal retten, von der über zehn Jahre laufenden steuerlichen Abschreibungsmöglichkeit profitieren.

Momentan stehen wegen der insgesamt rund 1300 Quadratmeter Schlossdächer die Dachdecker vor ebenfalls nicht alltäglichen Aufgaben. Kein Wunder bei den bis zu 80 Grad steilen Dachstühlen und den vielen Rundungen. Allein an jedem der Türme mussten die Mitarbeiter der Dachdeckerei Egner etwa 5000 spezielle Turm-Biber einzeln mit Schrauben befestigen. In wenigen Wochen wird das Spezial-Schutzdach, das seit 2011 fünf Mal umgesetzt worden war, wieder abgebaut – mit Hilfe eines bis zu 70 Meter langen Krans. Die Gerüste allerdings bleiben noch einige Monate für die Maurer und Maler stehen. Obwohl mit dieser Baustelle für Fritz Gutmann rund 15 Jahre dauernde Renovierungs-Aktivitäten enden und er dann schon erleichtert durchschnaufen wird, meint der Schlossherr auch: „Ich würde alles wieder so machen...“

Dass Schloss Titting ein ansehnliches Wahrzeichen des Ortes bis heute blieb, ist in jüngster Vergangenheit auch der Tatkraft zweier Frauen zu verdanken. Die eine ist Fritz Gutmanns Mutter Antonie (gestorben 2001) und die zweite seine Frau Rosa (gestorben 2011). Antonies Mann (er hieß ebenfalls Fritz) war 1960 verstorben. Schon vier Jahre danach packte die Witwe, die nun für sechs minderjährige Kinder allein verantwortlich war, eine große Renovierung an. Der älteste Sohn und Erbe, damals gerade mal 13, rückblickend: „Wie meine Mutter dies geschafft hat, ist schwer nachzuvollziehen. Immerhin wurde das Schloss komplett neu verputzt, die Fenster bekamen Fassungen und das Dach wurde neu gedeckt – alles mit viel Gespür und fast zehn Jahre vor der Verabschiedung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes.

1981 übernahmen Fritz, inzwischen Diplom-Braumeister, und seine Frau Rosa den umfangreichen Besitz. Seitdem ist auf dem Schlossareal immer wieder da und dort eine Baustelle gewesen. Dabei wurde das Alte, wo es möglich war, erhalten, aber auch Neues hinzugefügt wie das dem Brauerei-Trakt vorgelagerte überaus ästhetische Stahl-Glas-Treppenhaus. Eine denkmalpflegerisch ganz besondere Leistung war von 2008 bis 2009 die Renovierung des 1707 unter Hofbaumeister Jakob Engel vollendeten einstigen „Ochsenhauses“ mit seinen drei Speichern übereinander. Seine Umwandlung unter Federführung des Architekten Johannes Geisenhof in den Verwaltungssitz der Brauerei mit modernen Büros unter alten Balken kann als beispielhaft gelten. Wie in alle anderen Planungen war auch hier Fritz Gutmanns Frau Rosa eng eingebunden. Für die Gestaltung des direkten Schlossumfeldes hatte sie sogar die Hauptverantwortung übernommen.

Schon 2004 hatten die Brüder Fritz und Hans Gutmann mit ihren Frauen Rosa und Lisa für ihr außergewöhnliches Engagement bei der Rettung historischer Bauten den Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung erhalten.