Eichstätt
Schleppen als Zeichen der Eitelkeit

Vortrag von Professorin Kerstin Merkel zu "Kleidung im Mittelalter - Die Botschaft der Mode"

11.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:42 Uhr
Eine Nürnberger Bürgerin mit dem "Sturz", einer weißen, aufwändigen Haube. −Foto: Historischer Verein

Eichstätt (je) Im Mittelalter ging es in Bekleidungsfragen streng hierarchisch zu - je höher der Stand, desto unpraktischer waren die Menschen angezogen: Das Thema des September-Vortrags beim Historischen Verein lautete "Kleidung im Mittelalter - Die Botschaft der Mode".

Referentin war die Kunsthistorikerin Kerstin Merkel aus Nassenfels.

Die Referentin wies zunächst auf Grundsätzliches zur Kleidung hin, etwa das Erkennen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Sie nannte die Fußballanhänger mit ihrer Fankleidung, die Burka im Islam, den Turban oder die Lederhose im süddeutschen und österreichischen Raum. Ein Herrenanzug signalisiere etwa, "ich muss nicht körperlich arbeiten". Sie erwähnte u. a. die Polizei mit ihren Uniformen und die Mitarbeiterinnen der Lufthansa, die sich in der Oktoberfestzeit im blau-gelben Dirndl kleiden.

Kerstin Merkel ging dann auf die mittelalterliche Zeit ein und bemerkte, dass die Stoffe teuer, die Kleidung schwer und daran dass abzulesen war: "Wir können uns das leisten. " Zum Kleidungfärben für die unteren Schichten seien Naturfarben verwendet worden, da Farben viel Geld gekostet hätten. Freilich hätten sich Handwerker und Bürger, wenn sie zu Geld gekommen seien, bemüht, dem Adel nachzueifern. Der Vortrag war reich mit Bildern unterlegt, wobei die Referentin auf spannende Details hinwies, die beim oberflächlichen Betrachten leicht übersehen werden. Sehr interessant waren auch die Ausführungen von Professorin Merkel zu den Schleppen, "die ein großes Thema waren und die strenge Hierarchie widerspiegelten". Sie verwies auf Bologna, wo im Jahre 1453 die Damen aus dem Adel eine rund 40 Zentimeter lange Schleppe tragen durften, "in Nürnberg, der modemuffeligsten Stadt des Mittelalters", waren Schleppen nicht erlaubt, in Augsburg dagegen bis 20 Zentimeter. Spitzenreiter sei hier der burgundische Hof gewesen, wo die Schleppen bis zwölf Meter lang sein durften, sie seien Zeichen der Eitelkeit. Ein anderes Thema waren die Kopfbedeckungen, insbesondere die umfangreichen Hauben, unter denen die Frauen ihre Haare verbergen wollten. Eine aufwändige Haube sei in Süddeutschland als "Sturz" bezeichnet worden und sie sei ein Zeichen für eine ehrbare Frau gewesen. "Als wichtiges gruppenbildendes Element im Mittelalter" bezeichnete Kerstin Merkel auch das Wappen. Wappenträger hätten eine geschlossene Gruppe gebildet, etwa die Zugehörigkeit zum Adel. Es ging um die "französische Lilie", golden auf blauem Grund, die von Gottvater selbst gegeben worden sei. Als einheitliche Gruppe sei auch der Hofstaat aufgetreten. Viele Höflinge in Hofkleidung seien ein Zeichen von Reichtum gewesen. Die Bediensteten seien stolz auf ihre Zugehörigkeit zum Hof gewesen. Die Referentin brachte der sehr interessierten Zuhörerschaft u. a. noch die Laienbruderschaft nahe, bei der zwölf alte, gleich angezogene Männer für den Stifter beteten.

"Die Kleidung verrät viel über uns", betonte Professorin Merkel. Wichtig sei die Information, in welche Gruppe man einzuordnen sei. Kleidung sei eines der wichtigsten Elemente der nonverbalen Kommunikation.