Eichstätt
Nach der Wahl ist vor der Wahl

Diskussion über eine bessere Bürgerbeteiligung - 120 Zuschauer nehmen an der Online-Veranstaltung teil

25.10.2020 | Stand 23.09.2023, 15:00 Uhr
Diskutieren über eine bessere Beteiligung der Bürger bei politischen Entscheidungen: Eva Dremel, Simone Zink. Alexander Anetsberger und Ewald Kommer (von links) −Foto: Kleinhans

Eichstätt - Demokratie lebt von Engagement, vor allem von der Beteiligung der Bürger daran.

Für die Mitgestaltung in der kommunalen Selbstverwaltung werben die politischen Parteien vor jeder Kommunalwahl. Die Frage, wie es nach der Wahl für die Mandatsträger aussieht und zahlreiche aktuelle Themen in der Kommunalpolitik rückte das Kolping-Erwachsenen-Bildungswerk (KEB) bei einem Diskussionsabend in den Fokus. Auf der Suche nach Antworten trafen sich Landrat Alexander Anetsberger und die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag Eichstätt, Simone Zink, im großen Sitzungssaal des Landratsamtes zu einer kurzweiligen Diskussion.

Kameras und Mikrofone erwarteten die Politiker, als sie am Donnerstag zur Diskussionsrunde des KEB eintrafen - jedoch keine Zuschauer. Aufgrund der gestiegenen Inzidenzzahlen fand die Diskussion "Nach der Wahl ist vor der Wahl - Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik" vorwiegend Online statt. Die knapp 120 Zuschauer, welche die Diskussionsrunde im Netz verfolgten, wurden jedoch auch via Internet Zeugen einer munteren Debatte, bei der sie ihre eigenen Fragen online vorbringen konnten. Bereits mit der ersten Frage von Ewald Kommer, dem Geschäftsführer des Kolpingbildungswerks, wurde deutlich, dass die beiden Gäste von ihrer Arbeit in der Politik, zu der sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise kamen, überzeugt sind. So kam die gebürtige Schongauerin Simone Zink, die sich selbst als schon immer gesellschaftlich aktiv bezeichnet, zum Studium nach Eichstätt. Dort engagierte sie sich als Gründungsmitglied der Tun. Starthilfe für Flüchtlinge im Sprachunterricht. "Mir wurde schnell klar, es braucht ein bisschen mehr. Deswegen habe ich mir die Frage gestellt, wo kann ich gut wirken? " Die Antwort wird heute, wenige Jahre später deutlich - in der Kommunalpolitik. Dort ist sie seit den Wahlen im März als Stadträtin und auch Kreisrätin aktiv.

Landrat Alexander Anetsberger brachte ein langer Anlauf über seine beruflichen Aufgaben im Tourismusbereich und ein bisschen Zufall in die Politik. "Ich hatte die Ahnung, dass es mir Spaß macht und ich auf dieser Ebene, die tatsächlich viele alltägliche Lebensbereiche betrifft, gestalterisch tätig werden kann. "

Nach den ersten Ausführungen der beiden Politiker entspann sich eine angeregte Frage- und Diskussionsrunde. So gab Landrat Anetsberger preis, dass es trotz seiner vorangegangenen Tätigkeit als Bürgermeister in Beilngries immer wieder Bereiche gebe, welche ihn überraschen. Dank fachkundiger Mitarbeiter könnten Probleme jedoch angegangen werden.

Simone Zink schilderte den Zuschauern die Aufgaben einer Fraktionssprecherin: Wichtig sei es, vor allem in einer jungen Fraktion, alle Mitglieder wahrzunehmen, kritische Fragen zu stellen, zuzuhören, Wissen zu verteilen und in die Diskussion zu kommen, so Zink. Die Frage nach Absprachen in der Fraktion, spielte die junge Politikerin gekonnt dem Landrat zu. "Es geht darum mit den anderen Fraktionen zu sprechen, was wir auch tun, jedoch ohne Zwang", so Zink. Gleichzeitig hob sie hervor, dass vor allem die Vertreter der Kommunen im Kreistag oftmals auch für die eigene Sache sprechen. "Wichtig wäre für mich herauszuarbeiten, was nicht nur der eigene Vorteil, sondern gut für alle ist. "

Den oftmals im Raum stehenden Vorwurf der hohen Fraktionsdisziplin der CSU widersprach der Landrat. Eine Vorgabe von Landrat oder Bürgermeistern, wie die Fraktion sich zu verhalten hätte, gebe es nicht. "Auch wenn man Meinungsbildung hinter einer verschlossenen Tür macht, muss dies nicht heißen, dass sie reglementiert ist oder nicht so leidenschaftlich geführt werden kann wie auf offener Bühne. "

Aufgrund anspruchsvoller Themen auf der Tagesordnung sei es in seinen Augen sinnvoll, sich im Vorfeld auf eine Position zu einigen. Jedes Thema grundsätzlich aufzurollen, biete der Erkenntnis des Landrats zufolge nicht unbedingt Vorteile. "Damit ist man oft gezwungen Entscheidungen zu vertagen. " Die Erfahrung im Kreistag zeige jedoch, dass man am Ende oftmals zu sehr einvernehmlichen Lösungen komme, was auch den vorangegangenen Absprachen, auch zwischen den Fraktionen, geschuldet sei.

Die junge Politikerin Zink setzte dem entgegen, dass der Weg zur Entscheidung für den Bürger durchsichtiger werden würde, wenn der Diskurs einer Partei bis zur Entscheidung öffentlich wäre. "Die Menschen wollen ja wissen, weshalb dann alle Mitglieder eine Fraktion bei der Abstimmung geschlossen die Hand heben. "

Der politische Wettstreit zwischen den Parteien wurde nicht verhehlt, wie Moderator Ewald Kommer augenzwinkernd bemerkte. Zwischen dem bunten Fragenkatalog, welcher abwechselnd auch von Eva Dremel, der stellvertretenden Geschäftsführerin des KBV, gestellt wurde, flossen auch Zuschauerfragen ins Gespräch ein. So wurde die Einschätzung eines Zuschauers zum schlecht aufgestellten ÖPNV im Landkreis Eichstätt zum Thema. Hier wurde deutlich, dass es örtlich große Unterschiede gebe. "Es tut sich was", so Simone Zink, "doch um es finanzierbar zu machen, muss es die Bevölkerung auch annehmen. " Dies bestätigte auch der Landrat. "Wir sind alle Willens Verbesserungen zu erreichen, doch die neu geschaffenen Angebote müssen bitte auch genutzt werden. " Das Bewusstsein für den ÖPNV sei gewachsen, durch Corona wurden die Anstrengungen jedoch konterkariert.

Neben dem Thema Integration im Landkreis, als auch der Kinder- und Jugendarbeit, wurden aufgrund Zuschauerfragen auch der Breitbandausbau und die E-Mobilität angesprochen. Um die kommunale Selbstverwaltung als Grundprinzip des demokratischen Gemeinwesens auch künftig aufrecht erhalten zu können, wurde in der Runde zudem die Frage der Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik besprochen. Hier würde sich Simone Zink wünschen, dass die Bürger mehr über die Prozesse auch außerhalb der lokalen Presseinformiert werden, um diese so für mehr Engagement zu begeistern.

Einen Idealweg der Bürgerbeteiligung gibt es nach Meinung des Landrats nicht. "Ich glaube ein Grund, warum es so schwierig ist, zum Beispiel ausreichend Kandidaten zu finden, ist, weil es auch immer schwieriger wird Entscheidungen öffentlich zu vertreten. " Das erlebe man als Mandatsträger vor allem in Zeiten, wie jetzt in der Pandemie immer öfter. "Ich würde mir wünschen, dass mehr Leute auch dann aufstehen, wenn sie vielleicht nicht nur persönlich betroffen sind. " Dabei betonte er, dass es von Seiten der Politik nicht nur eine Bringschuld gebe, sondern auch eine "Holschuld" von Seiten der Bürger. "Wenn uns klar signalisiert wird, wo man vielleicht noch etwas möchte, dann kann man gerne drüber reden und zusätzliche Möglichkeiten schaffen. "

Die Möglichkeiten sich politisch einzubringen ist in den Augen der Stadt- und Kreisrätin Simone Zink auf verschiedenen Ebenen möglich und müsse nicht auf Parteiebene erfolgen. Im Engagement auf ehrenamtlicher Ebene sieht sie bereits eine politische Aussage, da etwas für die Gesellschaft gemacht wird. "Hier fängt Politik schon an". Damit machte sie auch die Bedeutung des Gemeinwesens durch eigenes Engagement deutlich. Wie wichtige es ist sich seiner Aufgabe zu stellen und nicht wegzulaufen zeigten die beiden Kommunalpolitiker im kurzweiligen Gespräch mit einer neuen Art von Veranstaltung.

EK

Kerstin Kleinhans