Eichstätt
Die Frau fürs große Ganze

ÖDP-Landtagskandidatin Maria Lechner will ein Bewusstsein für Zusammenhänge in der Politik schaffen

01.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:31 Uhr
Beim Singen im Domchor kann Maria Lechner richtig abschalten: Die Konzentration auf die Musik hilft der ÖPD-Landtagskandidatin, zwischendurch den Kopf frei zu kriegen von politischen Themen. −Foto: Poese

Eichstätt (EK) Sie wollte früher nie Politikerin werden, jetzt kandidiert Maria Lechner für den Landtag. Die Eichstätterin hat gemerkt, dass sie durch politische Arbeit etwas bewirken kann. Seit 20 Jahren ist Lechner bei der ÖDP, weil ihre Schwerpunkte wie die der Partei Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und christliche Werte sind.

Wenn man Maria Lechner nach ihrem politischen Programm fragt, dann ist es nicht mit "Thema A, B und C" getan. Denn was die 57-Jährige wirklich interessiert, sind Zusammenhänge, zum Beispiel zwischen Flächenfraß, Artensterben und Klimawandel. "Ich will die Teufelskreise durchbrechen", sagt sie.

Am Anfang stand für Maria Lechner die "C-Frage", mit der sie als Jugendliche, aufgewachsen in einem konservativen Umfeld im Nördlinger Ries, ihren Vater löcherte. Gemeint ist die Frage nach dem "C" bei der CSU. "Ich war einfach ein kritischer Geist", sagt Lechner. Und so konnte sie es nicht akzeptieren, dass ihr in den 70er-Jahren niemand die Frage beantworten wollte, wie denn ein unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten möglich sein soll - und wie diese Ausbeutung mit christlichen Werten vereinbar ist. Anfang der 80er-Jahre gründete sich die ÖDP. Sie sollte später, ab 1998, Lechners politische Heimat werden. "Für mich ist die ÖDP die einzige Partei, die die christlichen Werte konsequent umsetzt", sagt sie. Und meint damit allem voran Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit. Von ihren Schwerpunkten her sei die ÖDP eine Mischung aus CSU, Grünen und SPD. Den Unterschied macht der ganzheitliche Ansatz.

Damit wäre man wieder beim Thema Teufelskreise. Lechner beschreibt ein Beispiel. "Die ÖDP hat vor 25 Jahren schon von Klimawandel gesprochen." Der fand nicht nur im heißen Sommer in Deutschland seinen Ausdruck, sondern auch in ernsten Dürren in südlichen Ländern. Die haben auch mit Fluchtursachen zu tun. Das Thema Flucht wiederum hänge außerdem mit der westlichen Wirtschaftsentwicklung zusammen. Denn die Länder des Nordens beuten, wie sie erläutert, die südliche Hemisphäre schon seit der Kolonialzeit aus, heute laufe das mit subtileren Methoden weiter. Wir im Norden müssten uns eingestehen, "dass wir ganz viel zu tun haben mit deren Armut". Wenn jemand hier als Wirtschaftsflüchtling abgestempelt werde, mache sie das fassungslos und wütend, sagt sie. "Wenn billig produziert wird, geht das immer auf Kosten anderer." Wie man diesen Teufelskreis durchbrechen kann? Indem Fairtrade zunimmt, indem man wie die kirchlichen Hilswerke Adveniat, Missio oder Misereor auf Bildungsarbeit setzt. Wichtig ist ihr: Sie will keine Schelte der Betriebswirtschaft oder der Finanzsysteme betreiben. "Wir brauchen das alles, um Missbrauch aufzudecken."

Teufelskreis Nummer zwei: das Artensterben. Ein Knackpunkt sei, dass die Lebensräume weniger werden, Stichwort Monokulturen und Pestizide. Das wiederum liege daran, dass die Politik die Landwirtschaft "systematisch ausgehöhlt" habe. "Man hat die großen Betriebe gefördert und wundert sich dann, dass die kleinen sterben." Dabei könnten kleinere Betriebe umweltfreundlicher produzieren. Eine Lösung für diesen Teufelskreis sei eine starke Wirtschaftsförderung genau für solche Landwirte. Auch das Thema Flächenfraß hänge damit zusammen. Hier sei das Grundproblem die Abhängigkeit der Kommunen von der Gewerbesteuer. Deswegen gebe es zu viele Gewerbegebiete, die mit der Landwirtschaft um den Boden konkurrieren. Das Bewusstsein für solche Zusammenhänge sei bei vielen Menschen nicht da, sagt Maria Lechner. "Das müssen wir den jungen Menschen von heute nahebringen." Auch ganzheitliche Bildung ist für Lechner ein großes Thema. Sie engagiert sich schon lange für die Montessori-Idee in Eichstätt.

Neben ihrer Arbeit als ÖDP-Stadträtin und ihrem Hauptberuf als Supervisorin und Pastoralreferentin beim Bistum Eichstätt ist Maria Lechner außerdem Mutter von vier Kindern zwischen 14 und 24 Jahren. Da bleibt nur noch wenig Zeit. Die verbringt sie gerne an der frischen Luft, auch Freunde und erweiterte Familie - sie hat acht Geschwister - sind ihr wichtig. Das Werkeln in Garten und Küche ist ihr Ausgleich zur Kopf-Arbeit. Und dann ist da noch die Musik: Sie singt im Domchor. Dort ist sie auch mit ihren spirituellen Wurzeln verbunden. Sie müsse sich in ihrer Freizeit "himmeln und erden", sagt Lechner schmunzelnd. Das sei nötig. Denn wer in Zusammenhängen denkt, hat viel zu grübeln.
 

Katrin Poese