Nassenfels
E-Bikes, AKK und ein angelnder Sachse

Launiger Abend mit Michl Müller bei den Kulturtagen in Nassenfels

12.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:09 Uhr
Restlos ausverkauft: Beim Auftritt von Michl Müller blieb kein Platz mehr leer. Der "Dreggsagg" lieferte denn auch und begeisterte sein Publikum fast drei Stunden lang. −Foto: Kleinhans

Nassenfels (EK) Zu einem Abend über die immerwährende Suche nach Glück, Unsterblichkeit und Liebe begrüßte der fränkische Comedian Michl Müller am Freitagabend im restlos ausverkauften Innenhof der Burg Nassenfels. Mit einer explosiven Mischung aus frechen Sprüchen, schwungvollen Liedern und dem täglichen Wahnsinn aus Alltag und Politik begeisterte der aus der "Fastnacht in Franken" bekannte Komiker das Publikum fast drei Stunden lang.

 


"Müller?nicht Shakespeare" - der Titel des aktuellen Programms stellte manchen Besucher vielleicht noch vor die Frage, wie sich dies mit einem fränkischen Kabarettisten vereinbaren lässt. So manch einer dachte da vielleicht an die Tragödie "Romeo und Julia" und fragte sich, wie da Stimmung aufkommen solle. Doch diese bildete, auch wenn die stilvolle Umgebung der Burg Nassenfels irgendwie den passenden Rahmen geboten hätte, nur den roten Faden im Programm und das auf eine ganz spezielle Art und Weise, wie sie wohl nur Michl Müller beherrscht.


Wenn im Publikum bereits nach knapp 20 Minuten die Lachtränen abgewischt werden, dann hat Michl Müller ein Feuerwerk an fränkischem Wortwitz und scharfzüngiger Kritik an so manchem Politiker gezündet. Müller, der selbsternannte "Dreggsagg" war mit seinen aktuellen Themen bereits in den ersten Minuten nah dran am Publikum. So durfte die Steuer auf Fleisch genau wie die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ("AKK, des passt, hört sich eh an wie ein neues Schnellfeuergewehr der Bundeswehr") als Nachfolgerin der "Panzer-Uschi" genauso wenig fehlen, wie der Brexit.

Die Engländer und ihr Brexit hatten es dem Franken angetan. "Diese ewige Nachverhandlerei hab i doch gfressen - des is ja, wie wenn du nachdem du dei ganze Wurscht aufgfressen hast, zum Metzger gehst und sagn tätst, die war heid ned gut". Auch die bekannte englische Süßigkeit ("Wer frisst schon After Eight?") durfte im Spott über die Insulaner nicht fehlen. "I hab mi scho immer gfragt, wie die Leid ausschauen, die sowas essen", so Müller. Die Mutmaßung "wahrscheinlich wie die in Adelschlag" strapazierte die Lachmuskeln der Besucher zum wiederholten Male.

Im tiefsten fränkischen Dialekt nahm Müller mit seiner unglaublichen Lebhaftigkeit aufs Korn, was die Zuschauer denken. Vom Grillen ("des jetzt Barbecues heißt"), dem Waldbaden ("da rennas im Wald rum und umarmen Bäume") bis hin zu Spott über E-Bike-Fahrer ("Viagra für Fahrradfahrer") war alles mit dabei. Die motorisierten Radfahrer mit der hohen Geschwindigkeit nahm Müller aufs Korn. "Da bekommen Oma und Opa zum 85. Geburtstag noch a E-Bike und die Kinder san scho dahoam und suchen die Kontoauszüge zam. Mitm alten Mercedes Diesel san die schließlich ned so schnell unterwegs gewesen." Neben der frischen Unterhose, welche immer wieder im Programm auftauchte, war auch die Intimrasur ein Thema für Müller, welches er so schnell nicht mehr losließ. Mit seinem Vergleich mit dem fränkischen Spruch "Je kleiner die Hecke, desto größer scheint das Haus" kannte das Publikum kein Halten mehr.

 

Dass Müller in seinem Programm zwischendurch singt und damit seinen Fans und deren Lachmuskeln auch mal eine Verschnaufpause gönnt, macht das Programm äußerst kurzweilig. Doch auch die Imitation von Helene Fischer und seine frechen Liedtexte amüsierten die Zuschauer sichtlich.

"Romeo und Julia", die im Programm, passend zum Titel, immer wieder vorkamen, holt Müller in die heutige Zeit. Er lässt dabei den verknöcherten "Herrn Shakespeare", einen sprechenden Totenkopf auf der Bühne, der behauptet der Dichter William sei in Wirklichkeit kein Angelsachse, sondern angelnder Sachse, wie sollte es anders sein - im sächsischen Dialekt - einige Verbesserungen anbringen.

Auch über die Zukunft mit bepflanzten Mittelstreifen auf der A9 und Gemüse im Kreisverkehr und auf Verkehrsinseln ("Wenn i dann im Radio wieder die Verkehrsmeldung hör - Menschen auf der Fahrbahn - denk ich immer Tante Anna gießt schon die Zucchini"), die Service-Hotline der Telekom ("So muss sich sterben anfühlen") und die neue Vorschrift über Rauchmelder im Schlafzimmer durften im Programm nicht fehlen.

In der legendären Balkonszene von "Romeo und Julia" baggert bei Müller der BMW-Fahrer und Checker Hassan seine Julia an und sorgte beim Publikum, welches sich auch vom einsetzenden Regen in Nassenfels ("jetzt hammas wirklich nass") nicht verschrecken ließ, für Begeisterung.

Ein abschließendes Medley aus seinen Liedern , die seine Fans schon im Schlaf mitsingen können - von der Fleischereifachverkäuferin bis zum Vollwärmeschutz - rissen die Zuschauer trotz Regen von ihren Sitzen und sorgten für einen krönenden Abschluss.
 

Kerstin Kleinhans