Eichstätt
Piazolo zu Gast bei den Freien Wählern

Nach der Lehrer-Demo spricht der Kultusminister über Digitalisierung

09.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:29 Uhr
Über "Schule zwischen analog und digital" sprach der bayerische Kultusminister Michael Piazolo am Freitag bei einer Wahlveranstaltung der Freien Wähler. −Foto: Meßner

Eichstätt - Ein Wechselbad der Gefühle hat der bayerische Kultusminister Michael Piazolo bei seinem Besuch am vergangenen Freitagabend in Eichstätt erlebt. Am Marktplatz bei der Lehrer-Demonstration wurde er ausgepfiffen, ihm schlug höhnisches Gelächter entgegen. Die Freien Wähler empfingen ihn dagegen nur wenige Minuten später im voll besetzten Gasthaus Krone mit freundlichem Applaus. Er ist schließlich einer der ihren.

 

Während sich der Minister bei einer wärmenden Suppe von dem frostigen Empfang der Lehrer erholte, nutzten die FW die Zeit, um ihre Spitzenkandidaten ins rechte Licht zu rücken. Gut gelaunt trat OB-Kandidatin Martina Edl (56) ans Mikrofon, erzählte kurz von sich und ihren Zielen. Auch Landratskandidat Alfons Frey (52) stellte sich ohne Umschweife in wenigen Worten vor und skizzierte seine Pläne. Edl bat schließlich die Jungen Freien Wähler nach vorne, die bei der Kommunalwahl zum ersten Mal antreten werden. Die Vorstellungsrunden wurden bewusst flott durchgezogen, denn an diesem Abend sollte Kultusminister Piazolo im Mittelpunkt stehen.

Sein Vortrag war umschrieben mit "Schule zwischen analog und digital". Der Kultusminister fasste diese Vorgabe offenbar eher als grobe Richtung denn bindendes Thema auf. Zu frisch waren vielleicht die Eindrücke von der Demo, zu beherrschend das Thema Lehrermangel. Nach einem Lob für OB-Kandidatin Edl, Landratskandidat Frey und die Landtagsabgeordnete Eva Gottstein vollzog Piazolo einen Jahrhunderte übergreifenden Parforceritt in gerade einmal zwei Minuten. Er begann seine Geschichte der Bildung bei dem griechischen Philosophen Sokrates, sprang weiter zu Johannes Gutenberg, dem Erfinder des Buchdrucks und von dort weiter zur Digitalisierung. Dort hielt er sich aber nicht lange auf und landete dann doch wieder beim Lehrermangel.

Er beschrieb die gute Situation an den Gymnasien und Realschulen im Kontrast zum Mangel an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Er sprach von mehreren Tausend neuen Lehrerstellen, die in den vergangenen Jahren geschaffen wurden, von neuen Aufgaben, kleiner gewordenen Schulklassen und den Herausforderungen der Ganztagsbetreuung und der Inklusion.

 

Auch die Digitalisierung - und damit war Piazolo wieder beim eigentlichen Thema - stelle alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Er selbst sei ja technisch nicht so begabt und versuche seit mehreren Tagen zu Hause WLan einzurichten und diverse Geräte zum Laufen zu bringen. Auch in den Schulen hapert es noch. "Da gibt es einiges zu tun", sagte er.

Viele Schulen fühlen sich alleingelassen beim Projekt "Digitales Klassenzimmer". Welche Geräte sollen gekauft werden? Welche Software? Wer übernimmt die Systembetreuung? Zu allem Überfluss sind auch noch nicht alle Schulen flächendeckend mit einer schnellen Internetverbindung versorgt.

Kultusminister Piazolo machte aber auch deutlich, dass er Digitalisierung nicht um jeden Preis wolle. "Es bringt nur etwas, wenn der Unterricht dadurch besser wird." Und er fügte unter dem Applaus der Zuhörer hinzu: "Mir ist ein guter Unterricht mit Kreide und Tafel lieber, als ein schlechter mit Smartboard."

 

Nach einer kurzen Pause - die musikalische Gestaltung übernahmen "Schorsch und seine Besenreiser" sowie Johannes Glas und Philipp Fixmer - beantwortete Piazolo noch Fragen aus dem Publikum. Und auch hier wurden die Probleme der Digitalisierung deutlich. Eine Schülerin einer Technik-Klasse monierte, dass bei ihnen das Bayern-WLan nicht funktioniere (Piazolo: "Wir arbeiten dran, aber es geht nicht von heute auf morgen.") und eine Lehramtsstudentin wunderte sich, dass es bei der Ausbildung der Lehrer an der Universität keine Kurse zur Digitalisierungskompetenz gebe. "Das ist natürlich schwach, das sollte nicht sein", meinte Piazolo.

Er wolle sich auch für mehr Flexibilität bei der Ausbildung einsetzen. Es dürfe nicht sein, sagte Piazolo, dass Lehrer verloren gehen. Das heißt, dass sie ein Lehramtsstudium beginnen, aber letztlich abspringen und etwas anderes machen. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht, aber Schätzungen gehen von rund einem Drittel aus.

Nach der Fragerunde entließ Moderator Klaus-Dieter Altmeppen, Inhaber des Lehrstuhls für Journalistik an der KU Eichstätt-Ingolstadt, den Kultusminister und übergab das Mikrofon für das Schlusswort an die Landtagsabgeordnete Gottstein, die "Grande Dame der Freien Wähler", wie es Altmeppen formulierte. Gottstein kann die Kommunalwahl dieses Mal vergleichsweise gelassen angehen: Die 70-Jährige kandidiert nicht mehr.

EK

Markus Meßner