Eichstätt
Home-Office-Kolumne Teil 8

Der Gatte, der Teenager und Ich - CORONotizen aus der Kleinstadt

01.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:37 Uhr
Elisabeth Wein  −Foto: EK

Eichstätt - Jede Lage, so ernst sie auch sein mag, wird leichter, wenn wir uns unseren Humor bewahren - gerade auch, wenn man plötzlich viel mehr Zeit mit der eigenen Familie verbringt, als man vielleicht jemals wollte. Deshalb erzählt Autorin Elisabeth Wein in unserer Kolumne "CORONotizen aus der Kleinstadt", wie eine Familie, bestehend aus Mutter, Vater und Teenager-Sohn, ihren Corona-Alltag meistert. Und auch wenn es diese Eichstätter Familie tatsächlich geben und sich darin durchaus ein wahrer Kern finden sollte, sind doch alle Begebenheiten frei erfunden. Sie wollen vor allem eines: Sie in dieser schwierigen Zeit zum Lachen bringen.

 

"Was machst Du da?", fragt mich der Gatte verwundert. "Unser Bett", antworte ich und ziehe das Laken so stramm, dass mir sämtliche Ausbilder der Bundeswehr gedanklich salutieren. "Das sehe ich", erwidert der Gatte, "aber warum? Es ist Viertel nach Fünf am Nachmittag. Außerdem lohnt es sich derzeit überhaupt nicht, das Bett zu machen - wir brauchen es doch ständig für die verschiedenen Power-Naps, die das Homeoffice erst so produktiv machen." Während ich dem Kopfkissen einen Handkanten-Schlag verpasse, der es in perfekter V-Formation erstarren lässt, wird der Gatte mit einem meiner "Du verstehst-aber-auch-gar-nichts"-Blicke bedacht: "Darum geht's auch gar nicht, aber ich hab gleich Yoga-Kurs". "Hier in unserem Schlafzimmer?" - der Gatte ist noch ungläubig. Also erkläre ich ihm, dass diese ganzen Videokonferenzen, die derzeit unseren Arbeitsalltag bestimmen, auch fürs Freizeitvergnügen gut sind. Sprich: Das Fitnessstudio meines Vertrauens überträgt meine Entspannungs- und Kräftigungseinheit aus dem Wohnzimmer meines Yogalehrers - live und in Farbe.

Ich streichle dem kleinen dicken Buddha auf meinem Nachtkästchen über den Bauch. Das soll nicht nur Glück bringen, sondern sorgt auch für eine ordentliche und dringend nötige Entstaubung. "Das Beste daran ist", führe ich meine Ausführungen fort und bohnere dabei den Boden, "nicht nur ich kann den Yogalehrer sehen, sondern wir sehen uns alle gegenseitig! Und da mir keiner die Ausrede abnimmt, dass gerade ein Tornado durch unser Schlafzimmer getobt ist, räume ich auf." Ich sehe, wie der Blick des Gattens zwischen mir und dem wohlgerundeten Buddha-Bauch hin- und herschwenkt und ihm bereits ein entsprechender Spruch auf der Zunge liegt. Dem komme ich zuvor und scheuche ihn mit dem Dampfreiniger aus dem Zimmer: "Ab jetzt, ich muss mich noch umziehen!"

Liebevoll weist mich der Gatte darauf hin, dass ich ja schon eine Jogginghose tragen würde - und zwar jenes verwaschene und ausgebeulte Exemplar mit Dackel-Druck, das heute Homeoffice- und Putz-Outfit zugleich ist. Der zweite "Du verstehst-aber-auch-gar-nichts"-Blick innerhalb von fünf Minuten trifft ihn, denn so kann ich natürlich nicht unter die Leute und zum Sport schon gar nicht - und sei es nur digital.

Der Gatte verlässt kopfschüttelnd das blitzeblanke Schlafzimmer - und endlich kann es losgehen: Ich rolle meine Yogamatte aus und winke enthusiastisch ins Wohnzimmer von Menschen, mit denen ich sonst im Studio Matte an Matte liege, voller Freude lausche ich der Stimme meines Yogalehrers und für eine köstliche Stunde fühlt es sich fast so an, als wäre da draußen alles ganz normal.

Am nächsten Abend bemerke ich, wie der Gatte meinen Laptop in der Küche drapiert und meine Yogamatte ausbreitet. "Ich finde deine Yogastunden super", ruft er mir fröhlich zu und streichelt über meinen Bauch "heute machst Du Live-Yoga in der Küche, morgen im Bad und übermorgen in der Rumpelkammer - und mit etwas Buddha-Glück ist unser Haus dank Corona so sauber wie noch nie!"

EK

(Fortsetzung folgt...)