Eichstätt
Emissionen und Menschenrechte

Georg Barfuß sprach über Nachhaltigkeit in der Automobilindustrie

28.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:30 Uhr
Professor Georg Barfuß hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für Nachhaltigkeit im Automobilsektor. −Foto: Luff

Eichstätt (EK) Georg Barfuß ist seit 2013 Professor an der TH Ingolstadt.

Zugleich arbeitet er als Nachhaltigkeitsexperte bei einem weltweit agierenden Automobilzulieferer. Nun hielt er im Rahmen der Eichstätter Nachhaltigkeitswoche einen Vortrag über die Produktion und den Betrieb nachhaltiger Automobile.

Dabei nahm Barfuß kein Blatt vor den Mund und ging mit der Branche, der Deutschland und die Region die meisten Arbeitsplätze verdanken, nicht zimperlich um. Er stellte - immer wieder im Dialog mit seinem Publikum - zwei Herausforderungen in den Fokus seines Vortrags: die Vermeidung von Emissionen und die Einhaltung der Menschenrechte während und im Vorfeld der Produktion eines Autos. Unmenschliche Arbeitsbedingungen in Asien und Afrika sind nicht erst seit der Kik-Affäre 2016 in Bangladesh bekannt. Ob nun der Abbau seltener Erden in China oder die Kupferminen im Kongo - die dringend benötigten Rohstoffe beziehen die Automobilhersteller stets aus dem Ausland "und kümmern sich wenig um die dort herrschenden Arbeitsbedingungen".

Barfuß nannte zwar erste Ansätze von Automobilproduzenten, welche in ihren Zulieferbetrieben unangekündigte Vor-Ort-Kontrollen durchführen oder ein "Supply Chain Response Team" unterhalten, das den gesamten Wertschöpfungsprozess eines Fahrzeugs beobachtet und ethisch zu optimieren versucht. Dennoch sei hier noch viel zu tun, denn ein VW Golf würde nur etwa 60 Euro mehr kosten, wenn er komplett fair produziert werden würde.
Die größte globale Herausforderung der Gegenwart stelle jedoch die zu hohe CO²-Emission und der dadurch erzeugte Klimawandel dar. Die neuesten Studien sind bekannt: Das weltweit noch zur Verfügung stehende Kohlenstoffdioxyd-Emissionsbudget beträgt etwa 700 Gigatonnen CO². Wenn die Welt so weitermacht wie bisher und pro Jahr 40 Gigatonnen ausstößt, schmelzen in weniger als 20 Jahren die Polkappen, und das giftige Treibhausgas Methan taut auf, da es dann keine Permafrostböden mehr gibt. An diesem Horrorszenario seien zu einem Viertel auch die derzeit eine Milliarde Automobile schuld, von denen über 90 Prozent mit einem Verbrennungsmotor betrieben werden.
Elektroautos hingegen emittieren während des Betriebs tatsächlich keinerlei Giftstoffe. Allerdings müssen sie dann auch mit grünem Strom betrieben werden, wie Barfuß betonte. Zudem stelle der Herstellungsprozess der Lithiumbatterien die eigentliche Belastung für das Klima dar. Da dieser Prozess aber vorwiegend in Asien stattfindet, würden Emissionsschutz und Nachhaltigkeit kaum berücksichtigt. Barfuß ging in diesem Zusammenhang auch auf die "Hybrid-Lüge" vieler Hersteller ein, die ihre schweren und teuren SUV gerne mit Hybridmotoren ausstatten, um ihre Ökobilanz zu schönen, zugleich aber dadurch ihre Gewinne maximieren.

Mit dem Klimawandel rollen weitere globale Probleme auf Deutschland zu: Barfuß zeigte in seinem Vortrag, dass damit auch eine Nahrungsmittelkrise verbunden sein könnte, die zu erheblichen Migrationsbewegungen in unser klimatisch bevorzugtes und wirtschaftlich florierendes Gebiet führen könnte. "Deshalb müssen wir das Ziel der Nachhaltigkeit in der gesamten Lieferkette in den Griff bekommen. "

Robert Luff