Eichstätt
Einfalt, Korruption und Machtgier

Theatergruppe des Gabrieli-Gymnasium präsentierte flotte Inszenierung von Gogols "Der Revisor"

15.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:36 Uhr
  −Foto: Buckl

Eichstätt (buk) Wenn ein quirliges Trio auf die unaussprechlichen Namen Bóbtschinski, Dóbtschinski und Dóbbytschinski hört, wenn ein fliegender Bote vor Überbringung seiner Botschaft erst drei hektische Runden um Adressatin und Bühne joggt, und wenn ein Schulinspektor mit Polyglottie glänzen will, stattdessen aber nur stammelt und stottert - dann sitzt man wohl in der Aula des Gabrieli-Gymnasiums und erlebt dort eine inspirierende Inszenierung von Gogols Verwechslungskomödie "Der Revisor".

 


An drei Abenden gab es dort eine witzige Aufführung der Mittelstufen-Theatergruppe zu sehen, worin die 1835 entstandene und vielfach verfilmte bekannte Komödie des russischen Dramatikers viele Aktualisierungen erfahren hatte; die Einrichtung des Textes hatte Spielleiter Bernhard Obermeier besorgt, der mit seinen 18 Mitwirkenden der achten bis elften Jahrgangsstufe das Stück intensiv einstudiert hatte.

Die Geschichte ist bekannt: In einem kleinen Kaff geht die Angst um, als der Bürgermeister Antón Antónowitsch Skwósnik-Dmuchánowski (herrlich borniert und verschlagen: Lenz Dickmann) der Bürgerschaft mitteilt, dass inkognito ein Revisor aus St. Petersburg im Anmarsch ist, der im Ort Untersuchungen anstellen will. Als das Trio der drei Tschinskis (stets panisch in Motorik: Luca Zaruba, Maria Schmidt, Joshua Kerling) auftaucht und mitteilt, dass ein Fremder im Gasthof abgestiegen ist, scheint klar: Der Revisor (längst Profi auf der GG-Bühne: Silas Rinnagl) ist eingetroffen, begleitet von seinem Diener Ossip (lakonisch: Michel Kunz).

 

Bald überbieten sich Bürgermeister und Bürgerschaft darin, dem Gast Geld zuzustecken, im wahrsten Wortsinn rollt da der Rubel - denn alle haben sie Dreck am Stecken. Ob Kreisrichterin (Jennifer Weck), Postbeamter (eitel gockelhaft: Jonah Enzenhöfer), Hospiz-Leiterin (herrlich hinterlistig intrigant: Sophie Limmer), Arzt (russisch radebrechend: Sophia Rank) oder Schulmeister (witzig als Stammler: Philipp Wrobel): Sie alle sind Versager und erfüllen ihre Aufgaben nicht pflichtgerecht. Die Klagen der Kaufleute (Clara Schneider, Paula Eberlein, Emily Rudi) wie der Schlossers-Gattin, deren Mann eingezogen wurde (Lana Hezel), zeigen ja, dass man Korruption ausgesetzt ist. Mit von der Partie sind auch eine Magd und Bedienung (kess in der Doppelrolle mit und ohne Schürzchen: Charlotte Mathieu) sowie die Bürgermeisters-Gattin (Schmeicheleien nicht abgeneigt: Antonia Nittke) und deren Tochter (Amy Grosz), die mit mechanischer Motorik wie E. T. A. Hoffmanns Puppe Olimpia agiert, sich aber auch als eitles Mode-Püppchen geriert. Am Schluss macht sich der kleine Beamte Chlestaków, der sich als Revisor gab, aus dem Staub und alle schauen in die Röhre.

Spielleiter Obermeier und sein Team können hier mit etlichen Regie-Einfällen brillieren: So treten die Spieler in weißer Unterwäsche auf, die gespickt ist mit Banknoten, alle tragen grotesk grellfarbige Perücken. Damit wird gezeigt, dass alle Figuren auch moralisch etwas "aus der Rolle" fallen - und auch, dass es sich hier um kein konkretes Russland handelt, sondern dass Gutgläubigkeit und Einfalt, Korruption und Machtgier, der Drang, sich in den Vordergrund zu spielen, weltweit anzutreffen sind. Ob James-Bond-Thema mit Pantomime oder Titelmelodie von "Spiel mir das Lied vom Tod" beim Showdown von Bürgermeister und "Revisor": Es wurden viele Anspielungen ausgeheckt, die für manche Interpretation offen sind.

Dass alle Aufführungen perfekt über die Bühne gingen, ist auch Verdienst des fünfköpfigen Technik-Teams, das bereits seit Jahrzehnten bewährt von dem längst pensionierten Musiklehrer Willy Hefele instruiert wird. Am Schluss gab es kräftigen Applaus für die Spieler - und einen Strauß für den Spielleiter.