Eichstätt
Ein Wimpel für die Menschlichkeit

VfB-Serie: Einige Persönlichkeiten haben sich im Verein unsterblich gemacht

17.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:23 Uhr
  −Foto: VfB-Archiv

Eichstätt - In der 100-jährigen Geschichte des VfB Eichstätt haben viele prägende Persönlichkeiten ihre Spuren sowohl in sportlicher Hinsicht als auch im gesellschaftlichen Leben der Stadt Eichstätt hinterlassen.

In der Chronik des VfB wird Albert Böll erstmals im Jahr 1934 erwähnt, als die Fußballmannschaft mit einem Bus der Firma Frey zum Verbandsspiel nach Oberhaunstadt fuhr. Zwei Jahre später gehörte er der Meistermannschaft in der Kreisklasse Ingolstadt an. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war Böll eine der Stützen des VfB. Der torgefährliche Stürmer schaffte es in der Saison 1951/52 sogar in das Kosmos-Bilder-Sammelwerk.

Am 20. Juni 1954 bestritt Albert Böll beim Pokalturnier in Wasserzell sein 400. Spiel für den VfB Eichstätt. Neben dem Fußball war er dem Faustballspiel sehr verbunden. Zahlreiche Kreis- und Bezirksmeistertitel konnten mit ihm als Mannschaftssportler gewonnen werden. 1953 gelang der Faustballmannschaft mit Max Bayer, Willi Schmid, Gerd Mai, Heribert Lutter und Albert Böll sogar der Aufstieg in die Bayerische Oberliga.

Am 20. August 1925 wurde Max Bayer in Eichstätt geboren. Mit 18 Jahren musste er als Soldat in den Zweiten Weltkrieg ziehen. 1944 geriet er in englische Gefangenschaft und kehrte erst 1947 nach Eichstätt zurück. Der "eiserne" Max aus der "alten Garde" trug nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend mit dazu bei, den VfB wieder aufzubauen. Trotz seines Erfolgs in der Faustballmannschaft galt seine große Leidenschaft dem Fußball.

Eine Anzeige im "Eichstätter Stadtspiegel" vom 16. März 1951 besagte, dass im Städtischen Bauhof der Schreiner Max Bayer eingestellt wurde. Als Spielertrainer führte er den VfB in der Saison 1961/62 zum Aufstieg in die A-Klasse Donau/Isar. Am 26. Juni 1966 bestritt Max Bayer sein 600. und zugleich letztes Spiel in der 1. Mannschaft des VfB. Bis 1975 war er noch mit 50 Jahren aktiv bei den Alten Herren. Als Schreiner stellte er dem VfB auch seine handwerklichen Fertigkeiten zur Verfügung. Im Sommer 1978 stellte der VfB die Beitragserhebung von Barzahlung auf Bankeinzug um. Damit wurden Max Bayer und "sein Fahrrad" entlastet, die das Einkassieren der Beiträge übernommen hatten. 1986 wurde er zum Ehrenmitglied ernannt. Von 1989 bis 2002 war er im Auftrag der Stadt Eichstätt Aufseher und Gebührenkassierer auf dem Wochenmarkt. 2010 verstarb Max Bayer im Alter von 84 Jahren. Unvergessen bleibt Erika Kölle, die Ehefrau des langjährigen Ersten Vorsitzenden Adolf Kölle. Fast zwei Jahre war das Sportheim verwaist, als es 1971 endgültig von Erika Kölle übernommen wurde. Ihr war es vorbehalten, mit insgesamt 16 "Dienstjahren" die bisher längste Zeit in der Geschichte des Vereinsheimes als Pächterin zu fungieren. Unter Erika Kölle erlebte das VfB-Heim eine "Blütezeit". Sie war um das leibliche Wohl aller besorgt, für jeden hatte sie ein freundliches Wort und eine gute Brotzeit bereit. Vor allem aber lagen ihr die Schüler- und Jugendspieler am Herzen. Bezahlten diese ihre Zeche mit einem 10-D-Mark-Schein, so durfte man sich nicht wundern, wenn Frau Kölle zwei Fünfer mit einem Zwinkern und Händedruck zurückgab. Auch die Fußballschiedsrichter wussten ihre Gastfreundlichkeit sehr zu schätzen. Bei der Weihnachtsfeier der Ingolstädter Schiedsrichtervereinigung im Jahre 1982 ehrte Bundesligaschiedsrichter Werner Roß die Vereinswirtin des VfB-Heimes für "jahrelang erwiesene Menschlichkeit und Gastfreundlichkeit den Fußball-Schiedsrichtern gegenüber" mit einem Wimpel und einem Geschenk.

Nicht weniger als 23 Jahre leitete Adolf Kölle mit Geschick und Umsicht als Erster Vorsitzender das Vereinsgeschehen im VfB. Er war maßgeblich an der Entwicklung des Vereins von 1961 an beteiligt und stellte dabei dem Verein nicht nur einen Großteil seiner Freizeit, sondern auch seiner Schaffenskraft zur Verfügung. Unter seiner Regie wurden sowohl der Anbau des Vereinsheimes als auch der Neubau des Sanitärtraktes, die Umgestaltung des gesamten VfB-Platzes und der Bau der Stockschützenanlage verwirklicht. Höhepunkt zum 50. Vereinsjubiläum war für Adolf Kölle das Fußballspiel gegen den FC Bayern. Auf der Generalversammlung Anfang August 1970 brachte die Wiederwahl des gesamten "alten" Vorstands eine eindrucksvolle Bestätigung für die Leistungen von Adolf Kölle. Unvergessen bleibt auch das Aufeinandertreffen mit dem "FC Schmiere" am 17. Juli 1971. Die AH-Abteilung der DJK Eichstätt hatte die Prominenten eingeladen. Die DJK hatte sich mit Lokalprominenz wie Landrat Konrad Regler, Rudi Hawlata, Erich Schön, Helmut Baumann und mit Adolf Kölle verstärkt. Der VfB-Vorstand stellte sich mit seinem Torwartkollegen und Weltmeister von 1954, Toni Turek, zu einem Erinnerungsfoto. Adolf Kölle war Ehrenmitglied des VfB und Träger der großen goldenen Ehrennadel mit Brillanten. Er verstarb am 23. Oktober 1986. Der Realschullehrer und Oberst der Reserve Jürgen Tredt war ein VfBler mit Ecken und Kanten. In der Fußballsaison 1969/70 gewann er als Trainer mit der A-Jugend die Meisterschaft in der Kreisklasse Nord. Zwei Jahre später führte er die 1. Herrenmannschaft auf einen guten 4. Platz in der A-Klasse Donau/Ilm. Bereits 1968 hatte Jürgen Tredt das Amt des Jugend-Spielgruppenleiters übernommen und wurde Jahre später auch Kreisjugendleiter im Kreis Donau/Ilm. Seine guten Kontakte und das außergewöhnliche Organisationstalent brachten der Jugend des VfB zwei unvergessliche Reisen in das Mutterland des Fußballs. Vom 7. bis 12. Juni 1974 verweilte die VfB-Jugend in London und im März 1989 folgte die A-Jugend eine Woche einer Einladung des FC Liverpool. Sein vertrautes Verhältnis zu Bayern-Manager Uli Hoeneß brachte dem VfB im Juli 1984 ein weiteres Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern. Nach dem Rücktritt von Adolf Kölle übernahm Jürgen Tredt als Zweiter Vorsitzender satzungsgemäß die Amtsgeschäfte als geschäftsführender Vorsitzender vom 9. Mai 1985 bis zum 25. April 1986. Das Ehrenmitglied verstarb am 20. November 2012.

Eine der schillerndsten Persönlichkeiten des VfB war der am 23. Januar 1925 geborene Heiner Zieglwalner. Bereits kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges widmete er sich mit seiner ganzen Leidenschaft der Jugend des VfB. Im August 1948 wurde mit Unterstützung der amerikanischen Militärregierung für die VfB-Jugend ein Zeltlager am Spitzingsee durchgeführt und Heiner Zieglwalner übernahm die Organisation. Als "Reifenschwinger" trug er 1949 wesentlich zum Gelingen des Schäfflertanzes in Eichstätt bei.
Zudem gehörte er 1949 zur Fußballmannschaft "Film und Bühne", mehr oder weniger eine "Privatelf" des VfB, die in Freundschaftsspielen mit respektablen Ergebnissen aufwartete. Bereits ein Jahr später wurde Heiner Zieglwalner Fußballjugendleiter beim VfB. Dieses Amt übte er fast vier Jahrzehnte aus. Zudem war er Spartenleiter bei den Leichtathleten, in der Handball- und Fußballabteilung. Über 40 Jahre war Heiner Zieglwalner im Vorstand des Kreisjugendringes und Kreisjugendleiter im BLSV. Bis weit in die 90er-Jahre nahm er jährlich das Deutsche Sportabzeichen ab. Viele Jahre gehörte er der Faustballmannschaft des VfB an. Zieglwalner war ein "Allrounder" in allen Belangen. Im Fasching stieg er in die "Bütt", auf der Weihnachtsfeier kam er als "Nikolaus", um anschließend auch noch die Versteigerung zu leiten. Für seine Verdienste um den Jugendsport erhielt Zieglwalner aus der Hand von Landrat Konrad Regler im Auftrag des Bundespräsidenten Walter Scheel am 12. September 1978 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Das Ehrenmitglied des VfB und zudem Träger der Goldenen Ehrennadel mit Brillanten verstarb am 16. Juli 2001.

EK

Sepp Schiebel