Zandt
Ein Soldat weist den Weg in seine Heimat

28.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:27 Uhr
Renate Gottwald (geb. Klimpel) mit ihrem Bruder Werner vor dem Haus "Wieserer". −Foto: Gottwald

Zandt - In der "Chronik Zandt" finden sich einige Berichte von Zeitzeugen über ihre Flucht, die in Zandt endete.

Nachfolgend zwei exemplarische Beispiele:

Renate Gottwald, geb. Klimpel, Heimatstadt Breslau, jetzt Neufahrn, beschreibt die Flucht ihrer Familie, die am 23. Januar 1945 in ihrer Heimatstadt Breslau begann und am 23. Februar 1945 in Zandt vorläufig endete: "Wir, die Familie Klimpel, wohnten mit der Familie Koch in Breslau. Am 23. Januar 1945 gegen 22 Uhr kam die Aufforderung, das Haus und die Stadt, die zur Festung erklärt wurde, zu verlassen. Mitgenommen werden konnte nur, was man anziehen und tragen konnte, Essensvorräte für mindestens zwei Tage sowie Bargeld und Sparbücher. Es herrschten Temperaturen von minus 25 Grad. Mein Bruder Werner schleppte meinen Schulranzen mit. Die Stadt Breslau haben wir per Zug verlassen; es war ein Viehtransporter mit Kanonenofen, ohne Fenster und ohne Toilette. Bei unserem dreiwöchigen Zwischenaufenthalt im Riesengebirge kamen deutsche Soldaten, die auf dem Rückzug vor den anrückenden Russen waren. Einer dieser deutschen Soldaten war der aus Zandt stammende Johann Kretschmeier. Der sagte: ,Wenn ihr nicht wisst, wohin ihr flüchten sollt, dann fahrt nach Zandt, da kommen keine Flieger und Bomben. ' Vom Riesengebirge fuhren wir am 13. Februar 1945 nach Görlitz, wo wir uns eine Woche aufhielten. Von dort war ein weiterer Aufbruch wegen der vorrückenden Russen unerlässlich. Die Weiterfahrt mit dem Zug nach dem uns unbekannten Zandt dauerte acht Tage. Eine Fahrkarte gab es nicht. Wir erreichten Kipfenberg über Marktredwitz, Regensburg, Ingolstadt und Eichstätt. Nach einem Fußmarsch erreichten wir Zandt am 28. Februar 1945. In Zandt hat uns der Bürgermeister Egid Pfeiffer zum "Wieserer" (Karolina Schiereis und Tochter Wally Rackl) geschickt, dort bekamen wir eine kleine Kammer mit zwei Betten ohne Schrank mit Fenster zum Misthaufen. Erst nach eineinhalb Jahren bekamen wir das obere Zimmer im Dachgeschoss; da hatte jeder von uns ein Bett. "

Marlies Kahl, geb. Vogtentanz, aus Brandenburg, jetzt Wolfsburg, erinnert sich so: "Ende Juni 1945 wurden wir bei Nacht und Nebel vom Hof gejagt. Mein Vater war von den Russen enteignet worden. Auf dem Fluchtweg nach Westen mussten wir bei Magdeburg einen brennenden Zug verlassen. Unsere Unterkünfte waren alte Wehrmachtsbunker und in Halle ein Barackenlager. Da wurde ich sehr krank; meine Brüder haben Mehl für mich gebettelt. Das wurde leicht angebräunt und war meine Krankennahrung. Wir zogen weiter von Stadt zu Stadt, immer im Glauben, in die amerikanische Zone zu kommen. Aus Waggons haben wir Kartoffeln und Möhren organisiert. Wir kamen in Biberach an. Es wurde kalt und ich war im Sommerkleid unterwegs. Von den Amis wurden wir mit der Flit-Spritze entlaust. Mit dem Ankommen bei den Amerikanern haben wir viele Strapazen vergessen: Bunker - Bahnhöfe - Waggons - alte Baracken - Schlafen irgendwo auf der Erde - kein Trinken - kein Essen - keine warme Kleidung - Ungezieferbefall. Mit Erfrierungen kamen wir vier Flüchtlinge (Mutter und drei Kinder) über Kipfenberg im Dezember 1945 bei unserer Oma in Zandt an. Mein Vater war nach der Kriegsgefangenschaft schon da. Musste aber wegen seiner Kriegsverletzungen in das Krankenhaus nach Ingolstadt. Wir wohnten bei Familie Großhauser. "

EK