Eichstätt
Ein Setzling reiste bis nach China

Kinder der Bavaria-Buche sind rund zwanzig Jahre alt - 632 Paten-Urkunden geschrieben

13.11.2020 | Stand 02.12.2020, 10:09 Uhr
Im Jahr 1980 stand die Bavaria-Buche von Pondorf noch in voller Pracht da. −Foto: Ettle

Eichstätt/Petersbuch - Aus dem winzigen Keimling ist eine hübsche Rotbuchen-Teenagerin geworden.

Und da sie pumperlgsund dasteht, ist zu erwarten, dass aus ihr in fernen Jahrzehnten eine mächtige Baumgreisin wird - so wie einst ihre Vorfahrin. Denn die Buchecker, aus der die Rotbuche spross, stammte von der deutschlandweit bekannten Bavaria-Buche bei Pondorf im Landkreis Eichstätt. Ihr Alter wurde auf sage und schreibe 500 bis 800 Jahre geschätzt. Im Volksmund wurde sie die "tausendjährige Buche" genannt.

Pate des Abkömmlings, der "Petersbuche", ist laut Urkunde des Landkreises Eichstätt, unterschrieben vom Landrat Xaver Bittl um die Jahrtausendwende, Josef Böhm aus Eichstätt. Der "Böhm-Sepp", so ist er allgemein bekannt, ist jahrzehntelang Jäger in Petersbucher Wald und Flur gewesen und hat am Wachstum seines Schützlings die größte Freude, ebenso auch die Wanderer, die an dem gleich daneben stehenden Marterl eine Weile rasten.

Jetzt steht die Buche bald zwanzig Jahre am Weg Richtung Seuversholz und in die Stadt. Sie wird von Heinrich Edinger (Hausname Kusl) aus Petersbuch gepflegt und vor allem in den Trockenzeiten gegossen. Wie Josef Böhm sagt, habe der Baum einen dreischäftigen Erdstamm und zeige auch schon die Kronenbildung. Er ist fünfeinhalb Meter hoch.

Die Bavaria-Buche war ein Symbol des neuen Landkreises Eichstätt. Sie wurde in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts krank und starke Äste brachen ab. Im August 2015 meldete der EICHSTÄTTER KURIER: "Die Bavaria-Buche ist tot. " Bei einem Gewitter brach der letzte mächtige Ast des Naturdenkmals. Alle Rettungsversuche wie Abstützungen, Betonplomben und Wasserzuleitung hatten nicht mehr geholfen.

Rechtzeitig war die Idee beim Landkreis Eichstätt, dem Naturpark Altmühltal und der Staatsforstverwaltung aufgekommen, Bucheckern des Baums zu sammeln und zu versuchen, unter der Schirmherrschaft des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber "Baumkinder" aufzuziehen. Die Aktion lief im Herbst 1999 an. Die Bucheckern wurden in einer schwäbischen Baumschule zum Austreiben gebracht und die Sämlinge konnten zusammen mit einem Baumtagebuch und einer Paten-Urkunde gegen eine Spende von 35 Mark abgeholt werden. Darunter auch die "Petersbuche" - früher 21 Zentimeter hoch.

Die Naturparkverwaltung informierte, dass 632 solcher Urkunden geschrieben wurden. Wo die Nachkömmlinge der einst so mächtigen "Matriarchin" im Landkreis Eichstätt stehen, kann im Walderlebniszentrum Schernfeld auf einer Landkarte eingesehen werden.

Die "Kinder der Bavaria-Buche" wurden in ganz Bayern und darüber hinaus gepflanzt. Wie die Leiterin des Umweltzentrums im Landkreis Eichstätt, Monika Klement, sagte, gedeihe diejenige bei der Staatskanzlei in München gesetzte junge Buche prächtig. Die weiteste Reise, die ein Sämling der alten Buche machte, führte nach China.

EK