Eichstätt
Der Doktor hinterm Tresen

Tim Wätzold ist Historiker und Koch und betreibt das "Kantinchen" in der Ostenstraße

14.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:12 Uhr

"Was Vegetarisches jenseits der üblichen Käsespätzle": Dr. Tim Wätzold bietet in seinem "Kantinchen" in der Eichstätter Ostenstraße ausgesprochen exotische Küche an. - Foto: Knopp

Eichstätt (kno) Der Lebenslauf von Tim Wätzold ist in etwa so abwechslungsreich wie die "Weltküche", die er in seinem "Kantinchen" in der Eichstätter Ostenstraße anbietet: Geboren in Essen und aufgewachsen im Rheinland, lernte er zunächst Koch in Düsseldorf, nahm später sein Studium der Iberischen und Lateinamerikanischen Geschichte in Köln auf, war anschließend Stipendiat in Belo Horizonte (Brasilien) und promovierte schließlich, während er "nebenbei" noch als Küchenchef in einem Vier-Sterne-Hotel arbeitete.

Seit Mitte 2015 betreibt der 39-Jährige das "Kantinchen", ein kleines Lokal mit etwa 30 Sitzplätzen, direkt gegenüber der Sommerresidenz der Katholischen Universität. Als Existenzgründer fällt Tim Wätzold ins Förderprogramm der Stadt - er erhält also einen Zuschuss zur Miete (siehe Infokasten). Dies sei "positive Unterstützung", findet der Gastronom, und mache einiges leichter.

Nach Eichstätt hatte es ihn 2011 verschlagen - zunächst an die Universität. Dort war Wätzold als Dozent tätig, an einigen Forschungsprojekten beteiligt und Autor und Herausgeber mehrerer Publikationen. Doch so recht wollte die Hochschulkarriere nicht ins Laufen kommen: "Halbe Stelle, halbes Jahr", beschreibt der zweifache Familienvater das Hangeln von einem Projekt zum nächsten. Also sei er sozusagen "zu Schusters Leisten" zurückgekehrt und hat die damals leer stehende Kneipe gegenüber seinem früheren Uni-Büro übernommen. "Man muss sich eben diversifizierte Einkunftsmöglichkeiten suchen", so der Wissenschaftler, der "nicht in Hatz IV enden will". Momentan ist Wätzold nach eigenen Angaben glücklich mit seinem kleinen Gegenentwurf zum Mensa-Essen. In seinem "Kantinchen" kocht er höchst international: indisch, spanisch, portugiesisch, kreolisch, orientalisch, argentinisch und natürlich brasilianisch. Täglich gibt es drei Gerichte zwischen vier und sieben Euro - vegan, vegetarisch und mit Fleisch oder Fisch. "Ich wollte was nach Eichstätt bringen, was es bis dahin noch nicht gab", sagt Tim Wätzold. Oder: "Etwas Vegetarisches jenseits der üblichen Käsespätzle."

So gibt es beispielsweise für Veganer "Moros y cristianos", eine karibische Reispfanne mit Gemüse - als vegetarisches Gericht ergänzt mit Ofenkäse und außerdem die Möglichkeit, die Reispfanne durch ein Lachssteak mit einer selbst gemachten Blackend-Gewürzmischung "aufzupimpen". Unter anderem weiter auf der täglich wechselnden Karte: Mushroom-Massala, "Kohl mal anders", mediterraner Bohneeintopf oder Enchiladas, wahlweise mit Thunfischfüllung. Als Beilage wird zum Beispiel Papadam gereicht, ein indisches, chipsähnliches Gebäck aus Linsenmehl - "für Leute, die kein Weizenmehl vertragen". Und wer will, kann dazu noch einen brasilianischen Smoothie schlürfen.

Der Koch mit Doktortitel bestreitet sein "Kantinchen" weitestgehend alleine: Geöffnet ist es montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr. Ab und an gibt es auch Themenabende zu Spezialitäten bestimmter Länder. Obwohl es gut läuft, wie Wätzold bekundet: Der Blick wandert durchaus noch ab und zu auf die andere Straßenseite. "So ganz möchte ich meine Universitätskarriere nicht an den Nagel hängen."