Eichstätt
Ein anfangs heftig umstrittenes Mahnmal

"Eichstätt für Eichstätter": Rundgang mit Raimund Wünsche durchs Figurenfeld im Hessental

15.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:14 Uhr

Raimund Wünsche (Mitte) erläuterte rund 50 Zuhörern das Lebenswerk seines Vaters Alois Wünsche-Mitterecker: das Figurenfeld im Hessental. Dabei verriet er auch, dass es beim Aufstellen der großen Plastiken damals recht abenteuerlich zugegangen war. - Foto: oh

Eichstätt (EK) Mit glänzender Rhetorik, gespickt mit einer Vielzahl von ironischen und humorvollen Untertönen, führte Raimund Wünsche knapp 50 Zuhörer durchs Figurenfeld im Hessental. Eingeladen hatte Adalbert Lina im Rahmen seiner Benefizreihe „Eichstätt für Eichstätter“.

Neben Adalbert Linas Stammgästen hatten sich weitere zahlreiche Gäste von außerhalb eingefunden. Und so schlenderte der Wahlmünchner Raimund Wünsche (1944 in Eichstätt geboren) mit dem großen Tross durch das Hessental und das Mahnmal seines Vaters Alois Wünsche-Mitterecker. Der Bildhauer und Maler hatte sein monumentales Lebenswerk in unermüdlicher Arbeit von 1958 bis zu seinem Tod 1975 erstellt.

Dabei hatte er es in Eichstätt damals sehr schwer, dass sein Kunstwerk überhaupt als solches eingestuft wurde. Es sei zu abstrakt und passe überhaupt nicht in das Naturbild des Hessentales, war die nahezu einhellige Meinung der Eichstätter Bevölkerung, was den Künstler zwar tief verletzte, aber nicht von einer Fertigstellung seines Mahnmals abhielt.

Dabei war es ein absolutes Anliegen des Bildhauers, so berichtete sein Sohn, sein Werk mit der Natur in stetigen Einklang zu bringen. „Man muss die Nachtigall singen hören!“, war das fast tägliche Motto seines Vaters. Jeden kleinsten Busch und noch so niedrigen Baum bezog Wünsche-Mitterecker in seine Planung bei der Aufstellung seiner Plastiken ein.

Raimund Wünsche verstand es äußerst geschickt, die Entstehung dieser 78 Kunstwerke aus der damaligen und auch heutigen Sicht des Sohnes darzustellen, ohne die Inhalte der aussagekräftigen Figuren aus dem Auge zu verlieren. Erst mit der Unterstützung durch den damaligen Landrat Konrad Regler und vieler Eichstätter Prominenter durfte Wünsche-Mitterecker das Kunstwerk im Hessental einbringen.

„Mein Vater war äußerst streng“, ließ Raimund Wünsche hören. „Ein Wochenende oder Feiertage wie bei anderen Familien gab es für uns nicht.“ Immer stand die Verwirklichung des Werks im Mittelpunkt, was für die Ehefrau und die vier Kinder alles andere als ein Vergnügen gewesen sei. Was wollte der Künstler, der im Zweiten Weltkrieg nicht nur in der fürchterlichen Schlacht in Stalingrad als Kriegszeichner Schreckliches erleben musste, mit seinen 78 überlebensgroßen Plastiken der Nachwelt mitteilen? Er wollte Sinnlosigkeit, Schrecken und menschenverachtende Folgen eines jeden Krieges aufzeigen. Wünsche-Mitterecker machte damals keine Unterschiede zwischen Siegern und Besiegten, irgendwelchen Nationen und Feinden und Freunden. Die Figuren stellen überwiegend die Entmenschlichung der sterbenden Soldaten auf dem russischen Schlachtfeld dar. Der Künstler durfte die Verwirklichung seines Werks nicht mehr erleben. Er war beim Aufstellen eines seiner ersten Werke im Hessental von einer umstürzenden Figur so schwer verletzt worden, dass er sich davon nicht mehr erholte und 1975 starb.

Mit sichtlichem Stolz berichtete Raimund Wünsche, dass er zusammen mit seinem Bruder Leonhard unter mehr als abenteuerlichen Bedingungen bis 1979 an fast jedem Wochenende die drei bis sechs Tonnen schweren Werke in Teamarbeit aufstellte. „Wenn uns jemand vom Gewerbeaufsichtsamt dabei gesehen hätte, hätte man uns aus Gründen der absolut nicht beachteten Unfallvorschriften den Aufbau sofort unterbunden.“

Der Archäologe Raimund Wünsche war von 1994 bis 2011 Leitender Sammlungsdirektor der Münchner Glyptothek, wurde im Jahr 2006 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet und ist nach seiner Pensionierung heute noch ehrenamtlich an seiner alten Wirkungsstätte tätig.

Adalbert Lina durfte Hans Bittl, dem Leiter des Eichstätter Kuratoriums für das Wünsche-Mitterecker-Mahnmal Spenden der Teilnehmer in Höhe von 250 Euro überreichen.