Eichstätt
Ein Gefälle messbar in Euro und Cent

Alle zwei Jahre werden von einem Gutachterausschuss die Bodenrichtwerte im Landkreis ermittelt

21.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:53 Uhr

Hier geht’s zur Baustelle! Die Nachfrage nach Bauland – und damit die Höhe der Quadratmeterpreise – ist im Landkreis äußerst unterschiedlich. Die Grundstücke in der Weinleite-West in Eichstätt gingen weg wie die warmen Semmeln. Dort wird an allen Ecken gebaut. - Foto: aur

Eichstätt (EK) Wenn wieder einmal deutschlandweit ein Superlativ über den boomenden Landkreis Eichstätt bestaunt wird, wird meistens nicht deutlich, wie unterschiedlich sich die Lage in den 30 Kommunen des Kreises gestaltet. Am deutlichsten lässt sich das an den Baulandpreisen ablesen.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit tagt alle zwei Jahre der sogenannte „Gutachterausschuss“ und schreibt penibel nieder, welche Preise für Bauland in welchem Ort aktuell verlangt werden. Veröffentlicht werden die sogenannten Bodenrichtwerte im Amtsblatt des Landkreises, gegen eine kleine Gebühr kann jeder Interessent einen Ausdruck bekommen. Vorsitzender des Gremiums ist Kreisbaumeister Christian Süppel, die Geschäftsstellenleiterin ist Siegrid Rödl und als weitere wichtige Mitarbeiterin im Bauamt ist Helga Stadler mit von der Partie. Rödl und Stadler geben jahrein, jahraus sämtliche Daten aus den Verkaufsurkunden, die sie pflichtgemäß von den Notariaten erhalten, in den Computer ein. Zur zentralen Sitzung selbst kommen dann vereidigte Sachverständige, Experten der Sparkassen Eichstätt und Ingolstadt, des Finanz- und des Vermessungsamts.

Bei den Gutachten selbst geht es dann ausschließlich um Grundstücke – für Wohnungsbau und für Gewerbe. 1600 bis 1700 Urkunden werden jährlich ins System eingepflegt, nicht nur Verkäufe, sondern auch Schenkungen oder Übertragungen.

„An den Baulandpreisen sieht man das gesamte Gefälle dieses Landkreises“, sagt Kreisbaumeister Süppel. Das Gebiet des ehemaligen Landkreises Ingolstadt sei übrigens immer schon teurer gewesen als der Altlandkreis Eichstätt. „Audi hat heute natürlich Riesen-Auswirkungen“, sagt Siegrid Rödl. Der berühmte „Speckgürtel“ rund um Ingolstadt wurde in den vergangenen zehn Jahren zum Bauland-Eldorado. „In Kösching haben wir exemplarisch für diese eher reicheren Gemeinden fast eine Verdoppelung der Preise, während Altmannstein nahezu stabil geblieben ist“, erklärt Siegrid Rödl. Ebenfalls „extrem“ sei der Markt Gaimersheim. „Da hatten wir schon weit über 650 Euro für den Quadratmeter erschlossenes Bauland.“ Das seien freilich extreme Ausreißer, die in der Statistik dann sorgfältig beobachtet werden. Doch die höchsten Preise im Landkreis wurden nicht in Kösching oder Gaimersheim bezahlt, sondern in der Kreisstadt Eichstätt selbst: „In der Spitalstadt haben wir fast schon Regensburger Niveau“, bilanziert der Kreisbaumeister. 700 Euro – früher unvorstellbar.

Überhaupt Eichstätt: Da tut sich der Gutachterausschuss bei seinen zweitägigen Sitzungen richtig schwer, wie Süppel erklärt. Solche „Altorte“ würden in verschiedene Zonen unterteilt – denn mit Durchschnittswerten für die gesamte Stadt ist niemandem geholfen. Auch die historische Altstadt selbst ist neuerdings in verschiedene Bereiche aufgeteilt worden. Und trotzdem bleiben pauschale Aussagen schwierig. In den „Hotspots“ Gaimersheim, Kösching, Lenting oder Großmehring dagegen, wo es oft um „jungfräuliches Bauland“ (Süppel) geht, kann der Ausschuss aus vielen verlässlichen Daten schöpfen. So zeigt sich dann, dass in konventionellen Neubaugebieten in Gaimersheim und Wettstetten 550 Euro erreicht werden, Kösching folgt mit 450 Euro.

Das ist das eine Ende der Tabelle. Auf der anderen Seite gibt es sehr ländlich geprägte Gemeinden an der Peripherie des Landkreises, wo Bauland in den kleineren Ortsteilen auch für Menschen mit schmalem Geldbeutel erschwinglich ist – und in den vergangenen Jahren auch der Preisanstieg nur gering war. Kostete erschlossenes Bauland in diesen Dörfern vor zehn Jahren 40 Euro, so sind es heute 50 Euro. Das gilt etwa für Altmannstein, Beilngries, Kinding, Mörnsheim und Schernfeld – wobei die Preise im jeweiligen Hauptort deutlich höher ausfallen können. Ein typisches Beispiel dafür ist die Stadt Beilngries mit ihren zahlreichen Ortsteilen.

Zurück zu den boomenden Gemeinden rund um Audi: Hier stellt der Kreisbaumeister fest, dass innerorts viele Gebäude abgerissen werden, die eigentlich sanierungsfähig wären – und dabei ist noch nicht einmal die Rede von den berühmten Jurahäusern. Da kommen nämlich Bauträger ins Spiel, die an den meist recht großen Einzelgrundstücken interessiert sind und die alten Einfamilienhäuser durch „Mehrfamilienriegel mit zig Eigentumswohnungen“ in „Allerweltsarchitektur“ ersetzen. „Und die gehen alle weg.“ Der Kreisbaumeister findet das wenig nachhaltig und ausgesprochen bedauerlich. Er sieht aber auch das Spannungsfeld: „Die Gemeinden finden das meistens gut.“