Eichstätt
Zwei linke Hände in der Werkstatt

Für die erste Ausgabe unserer Sommerserie "EK-Ferienjob" ging es zum Radlschrauben

02.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:17 Uhr
  −Foto: Fotos: Poese

Eichstätt (EK) Seit Freitag sind Sommerferien: Während für viele die Urlaubszeit begonnen hat, herrscht in der Fahrradwerkstatt von Markus Röll Hochbetrieb. Das bedeutet: Platten flicken, Schaltzug wechseln oder Bremsscheiben austauschen. Der Ferienarbeiter vom EICHSTÄTTER KURIER durfte einen Vormittag lang mit anpacken.

Der Spott einiger meiner Freunde ist mir stets gewiss, sobald es um handwerkliche Tätigkeiten geht. Beim Schrauben, so würden es manche sicherlich sofort unterschreiben, bin ich eine absolute Null. Regale hängen schief, den tropfenden Wasserhahn repariert die Freundin und Baumärkte besuche ich nur, wenn es unbedingt sein muss.

Nun trifft diese handwerkliche Talentfreiheit leider auf die Tatsache, dass ich gerne und viel Fahrrad fahre und dadurch immer wieder Reparaturen anstehen. Notgedrungen also habe ich mir in den vergangenen Jahren einige bescheidene Fertigkeiten beim Radlschrauben angeeignet, besonders zufriedenstellend sind die Ergebnisse meist jedoch nicht. Warum also nicht einen Vormittag mit Profis zusammenarbeiten? Markus Röll betreibt seit 25 Jahren seinen Laden in Eichstätt, der gelernte Maschinenbauer kennt sich also bestens in der Materie aus. Zudem ist er ein echter "Hands-On-Typ", wie es im Manager-Jargon heißen würde: Der Mann langt hin, könnte man auch sagen. Ganz unkompliziert einigen wir uns darauf, dass ich einen Vormittag mitwerkeln darf - im Rahmen meiner beschränkten Möglichkeiten natürlich.

Gesagt, getan: Pünktlich um 10 Uhr beginnt mein etwas anderer Arbeitstag. Schon bevor der Laden öffnet, steht eine erste Kundin davor, die Dienste von Röll sind gefragt. Kein Wunder, in der warmen Jahreszeit ist für viele das Rad das Fortbewegungsmittel der Wahl. Aus Kundenschutz (und ein wenig Eigennutz) habe ich mein Rennrad mitgebracht, die Mäntel gehören schon lange einmal getauscht. Röll schickt mich gleich in die Werkstatt, wo mich der 16-jährige Joschi begrüßt. Er hat gerade die Realschule abgeschlossen und hilft in der Werkstatt aus, seitdem er vor zwei Jahren ein Praktikum hier gemacht hat. Im Vergleich zu mir scheint Joschi jedoch äußerst talentiert im Umgang mit Fahrrädern zu sein, in seiner freien Zeit ist er regelmäßig mit seinem Mountainbike unterwegs.

Die kleine Werkstatt ist ein Nebenraum des Ladens, doch Fahrräder stehen ohnehin überall herum. Ich wundere mich, dass Markus Röll und sein Team hier den Überblick behalten können, doch sie wissen genau, was an welchem Rad zu tun ist und wo Ersatzteile lagern. "Die kleineren Sachen versuchen wir immer möglichst schnell zu erledigen", erklärt mir der Chef. Zu den Klassikern, so lerne ich rasch, gehören Platten flicken, defekte Gangschaltungen reparieren oder Verschleißteile wie die Kette austauschen.

Nun aber an die Arbeit: Mein Praktikumsbetreuer Joschi erklärt mir, wie man Mantel und Schlauch am besten von der Felge löst und bringt mir Begriffe wie "Felgenhorn" bei. Ich merke, wie leicht es gehen kann, wenn man die richtige Technik anwendet. Hatte ich mich zuvor lange geplagt, sind die neuen Mäntel unter der Anleitung des Profis ruckzuck aufgezogen. Und so repariere ich noch ein paar weitere Plattfüße, während sich im Verkaufsraum immer mehr Kunden versammeln. "So geht das seit April - jeden Tag", stöhnt Röll, der komplizierte Reparaturen gern abends und in Ruhe erledigt. Nebenbei kommt ein Paketlieferant nach dem anderen ins Geschäft und das Telefon klingelt minütlich.

Damit ich den Werkstattbetrieb nicht zu lange aufhalte, schaue ich Joschi und Elias (17), der ebenfalls oft vormittags mithilft, über die Schulter. Mit Engelsgeduld beantwortet Joschi, der eigentlich Aljoscha heißt, meine technischen Fragen. Wieso liegt es meist am Kabelzug, wenn Gangschaltungen nicht funktionieren? Auf welche Länge sollten Ketten gekürzt werden? Zwischendrin versuche ich mein Wissen unter Beweis zu stellen: "Da muss ein 26-Zoll-Schlauch rein!", rufe ich ihm überzeugt zu - "27,5", antwortet Joschi trocken. Einen Versuch war es wert.

Nachdem wir noch ein Schloss an einem E-Bike montiert haben, eine Bremsscheibe gewechselt und etliche weitere Schläuche getauscht haben, ist der Vormittag fast schon wieder vorbei. Mein Werkzeug - also Zettel und Stift - sind auf der Werkbank mittlerweile unter Verpackungsmaterial und Arbeitsutensilien vergraben und meine beiden linken Hände sehen tatsächlich nach Arbeit aus. Ziel erfüllt, würde ich sagen!

Ich bedanke mich artig, nehme mein frisch bemanteltes Rennrad an die Hand und verabschiede mich zurück in den Journalisten-Alltag.
 

Julian Bird