Eichstätt
Beratung im Minutentakt

Sommerserie "EK-Ferienjob": Ein Vormittag in der Eichstätter Tourist-Information

09.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:21 Uhr
"Da geht?s lang": Neben Freizeittipps und Infomaterial ist in der Tourist-Info oft auch eine Wegbeschreibung gefragt. EK-Redakteurin und Ferienjobberin Katrin Straßer gibt ihr Bestes. −Foto: Foto: Hollweck

Eichstätt (EK) Wenn sich die Zeitungsredaktion langsam dem Tiefpunkt des Sommerlochs nähert, ist für die Tourist-Information (TI) Hochsaison: eine gute Zeit, um sich als Ferienjobber mal richtig ins kalte Wasser werfen zu lassen.

"Wir hätten da mal eine Frage: Was ist ein Relief?" Es ist kurz nach halb zehn, eigentlich hat die Tourist-Information noch gar nicht auf, aber die Kindergruppe, die vor der Tür steht, lässt man natürlich trotzdem herein - und ich bin froh, dass TI-Mitarbeiter Thomas Holl-weck gleich zur Stelle ist. Auch wenn sich herausstellt, dass es nicht um Kunstgeschichte, sondern um die Kinderstadtrallye geht. Ganz blauäugig hatte ich gehofft, mich vor den offiziellen Öffnungszeiten erst einmal orientieren zu können, aber nun ist die Tür auf, und gefühlt im Minutentakt kommen neue Ratsuchende.

"Dieser junge Mann hier meint, dass Eichstätt uninteressant ist, und wir wollen ihm das Gegenteil beweisen. Was haben Sie für uns?", fragt eine forsche ältere Dame mit einem tatsächlich gelangweilt aussehenden Teenager im Schlepptau. Flyer zum Bootwandern, zu Veranstaltungen und anderen potenziell interessanten Aktivitäten werden über den Tresen gereicht. Eine Eichstätterin erkundigt sich bei Lars Bender, dem Leiter der Tourist-Information, nach behindertengerechten Unterkünften, während Thomas Hollweck einem Bauhofmitarbeiter erklärt, wo die neuen Wanderwegsschilder angebracht werden müssen.

Der nächste Gast steuert direkt auf mich zu: Er hätte gerne einen Stadtplan. Da weiß ich zum Glück Bescheid: "Wir haben hier die größere Faltkarte mit kurzen Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten, die kostet 50 Cent, oder einen kleineren Stadtplan vom Abreißblock, den gibt's umsonst." Erste Bewährungsprobe gemeistert - auch wenn ich zunächst zum falschen Abreißblock, dem zum Ausmalen für Kinder, greife. Schmunzeln bei den Kollegen auf Zeit. Puh! Und es ist gerade mal 10 Uhr.

Kurz darauf habe ich fünf Postkarten verkauft. Bei der Frage nach dem nächsten Bus nach Beilngries muss ich allerdings passen - hier kommt mir Susanne John-Sparaga zu Hilfe, die eigentlich heute an ihrem Schreibtisch sitzen wollte, um am Unterkunftsverzeichnis für 2019 zu arbeiten. Denn zur Arbeit der Touristiker gehört ja nicht nur der direkte Kundenkontakt am Counter: Da müssen Veranstaltungen in die Datenbank eingegeben werden, Gastronomieeinträge gepflegt, Projekte und Veranstaltungen organisiert werden und vieles mehr. "Hier muss man ein echter Allrounder sein", erklärt Susanne John-Sparaga, die nun noch schnell ein paar E-Mails beantwortet: "Du kannst Dir nicht vorstellen, mit welchen Fragen sich die Leute an uns wenden." Da heißt es geduldig bleiben - die E-Mail mit der Frage nach staatlicher Förderung für eine neue Heizung in einem Eichstätter Wohnhaus leitet sie an die Stadtwerke weiter.

Ich bin froh, dass sich mein Ferienjob heute auf die Beratung und den Verkauf beschränkt. Die nächste Dame braucht eine kostenlose Radlkarte und sucht "das schöne Fossilienmuseum, in dem ich vor 20 Jahren war, das muss irgendwo am Berg sein?". Hier kann ich problemlos helfen, dass ich seit 24 Jahren in Eichstätt wohne, kommt mir zugute. So kann ich auch zwei Radlerinnen, die auf ihrer nächsten Etappe auf dem Altmühltal-Radweg in Richtung Solnhofen einen "Badesee" entlang der Strecke suchen, nicht nur das Eichstätter Inselbad, sondern auch das Breitenfurter Freibad als Alternative vorschlagen. Ein junger Mann erwartet Besuch von seiner Mutter und ist auf der Suche nach dem passenden Programm: Ich reiche ihm den Veranstaltungs- und den Stadtführungsflyer. Es ist jetzt 11 Uhr; langsam fühle ich mich sicherer. Nicht lange, denn schon muss ich wieder passen: "Wo bekommen wir denn den Pilgerstempel?" Kurze Nachfrage bei den Kollegen - "im Dom am Büchertisch". Der nächste Ratsuchende schaut jedoch nicht nur bei mir in ein eher ratloses Gesicht: Bei der Frage nach einer Gastwirtschaft mit rollstuhlgerechter Toilette fällt auch den Profis nur ein Gastronomiebetrieb ein, der diese Anforderung voll erfüllt - andere haben vielleicht einen ebenerdigen Zugang ins Haus und zur Toilette, aber für einen Rollstuhl ist es dann dort zu eng.

Manche Leute kommen auch nur kurz rein, schauen sich um und gehen wieder. Andere sind äußerst kommunikativ und erklären genau, wo sie herkommen und warum sie in Eichstätt sind. Ein Mann mittleren Alters ist "beruflich in der Stadt". Er interessiert sich für den Radverleih und ist ganz begeistert, als ich ihm erzähle, dass man in der Tourist-Information nicht nur "normale" Fahrräder, sondern auch zwei E-Bikes tageweise mieten kann. "Das Angebot wird tatsächlich gut angenommen", erklärt mir Thomas Hollweck, im April und im Mai sei es sogar "sehr gut" gewesen. Logisch, ist doch die Tourist-Info nach dem Wegfall des "Radltreffs" der einzige Fahrradverleih in der Stadt. Die eingeschränkten Öffnungszeiten der TI, die im Zuge der städtischen Sparmaßnahmen notwendig wurden, sind dabei natürlich ein Manko.

Nicht nur dabei: Zwar haben sich die Bedürfnisse der Kunden in den vergangenen Jahren geändert, wie mir Lars Bender erklärt - so würden weniger Radl-karten verkauft, weil fast jeder eine passende App auf dem Smartphone habe. Auch Übernachtungen könne man heute leicht online buchen. Das ändere jedoch wenig an den Besucherzahlen in der Tourist-Info. Die direkte Ansprache, das ist auch mein Fazit nach diesem Vormittag, ist den Menschen wichtig - und sie ist auf jeden Fall das, was mir bei meinem Ferienjob so richtig Spaß gemacht hat.
 

Katrin Straßer